Samstag, 14. Dezember 2013

Ein wirklich nützliches Stück Ausstattung

Inzwischen fordern auch US-amerikanische Internetfirmen wie Apple, Facebook, Microsoft, Google, Twitter, AOL, Yahoo und LinkedIn eine strenge Kontrolle und eine Beschränkung der Freiheiten der Geheimdienste. Möglicherweise fürchten sie inzwischen dass ihre Geschäfte darunter leiden könnten.

Da diese Internetfirmen allerdings bekanntermaßen selbst nicht gerade zimperlich mit dem Sammeln von Daten ihrer Kunden sind, kann man davon ja halten, was man will. Immerhin wenden sie sich aber gegen die Abstrafung von Redakteuren und Journalisten, wie es die britische Regierung gerade mit Herrn Rusbridger (Guardian, Chefredakteut) praktiziert: Wegen der Veröffentlichungen des "Guardian" über die Spionagepraktiken der Geheimdienste NSA (USA) und GCHQ (Großbritanien) wird ihm unter anderem "Förderung des Terrorismus" und "Gefährdung der nationalen Sicherheit" vorgeworfen.

Im Rahmen der Campagne der Regierung Großbritaniens gegen den Guardian und seinen Chefredakteur hat sich insbesondere Herr Cameron (Großbritanien, Premierminister) negativ hervorgetan. Wie die Süddeutsche Zeitung am 03.12.2013 anlässlich der Vorladung Herrn Rusbridgers vor das britische Parlament berichtete, lässt dieser sich jedoch davon nicht einschüchtern. Sie zitiert Herrn Davies (Investigativ-Reporter) mit den Worten (Zitat):
"Er verfügt über ein wirklich nützliches Stück Ausstattung,
das nicht viele Chefs ihr eigen nennen: ein Rückgrat."

Die vom Guardian veröffentlichten Fakten beschreiben unter anderem die Bedrohung demokratischer Grundwerte und die massenhafte Missachtung grundlegender Menschenrechte. Wir Bürger haben das Recht zu erfahren, welchen Angriffen auf unsere Privatsphäre wir durch die Geheimdienste rund um die Uhr ausgesetzt sind. Ohne Pressefreiheit wären uns diese Informationen nicht zugänglich. Und genau hier setzt die britische Regierung ihren Hebel an: Die Angriffe des britischen Staates gegen den "Guardian" sind ein massiver Angriff auf die Pressefreiheit.


Schriftsteller gegen Massenüberwachung

Unter dem Motto "Writers Against Mass Surveillance" (Schriftsteller gegen Massenüberwachung) haben 562 international anerkannte Autorinnen und Autoren eine Petition gegen die Gefahren der systematischen Massenüberwachung unterzeichnet. Innerhalb von 4 Tagen wurde die Petition bereits von 150.000 Menschen mitgezeichnet. Wer sich den Forderungen der Autoren ebenfalls anschließen möchte, hat dazu auf der Internetseite der Petitionsplattform "Change.org" Gelegenheit. Die Petition lautet (Zitat):
In den vergangenen Monaten ist ans Licht gekommen, in welch ungeheurem Ausmaß wir alle überwacht werden. Mit ein paar Maus-Klicks können Staaten unsere Mobiltelefone, unsere E-Mails, unsere sozialen Netzwerke und die von uns besuchten Internet-Seiten ausspähen. Sie haben Zugang zu unseren politischen Überzeugungen und Aktivitäten, und sie können, zusammen mit kommerziellen Internet-Anbietern, unser gesamtes Verhalten, nicht nur unser Konsumverhalten, vorhersagen.

Eine der tragenden Säulen der Demokratie ist die Unverletzlichkeit des Individuums. Doch die Würde des Menschen geht über seine Körpergrenze hinaus. Alle Menschen haben das Recht, in ihren Gedanken und Privaträumen, in ihren Briefen und Gesprächen frei und unbeobachtet zu bleiben.

Dieses existentielle Menschenrecht ist inzwischen null und nichtig, weil Staaten und Konzerne die technologischen Entwicklungen zum Zwecke der Überwachung massiv missbrauchen.

Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr. Deshalb müssen unsere demokratischen Grundrechte in der virtuellen Welt ebenso durchgesetzt werden wie in der realen.

* Überwachung verletzt die Privatsphäre sowie die Gedanken- und Meinungsfreiheit.

* Massenhafte Überwachung behandelt jeden einzelnen Bürger als Verdächtigen. Sie zerstört eine unserer historischen Errungenschaften, die Unschuldsvermutung.

* Überwachung durchleuchtet den Einzelnen, während die Staaten und Konzerne im Geheimen operieren. Wie wir gesehen haben, wird diese Macht systematisch missbraucht.

* Überwachung ist Diebstahl. Denn diese Daten sind kein öffentliches Eigentum: Sie gehören uns. Wenn sie benutzt werden, um unser Verhalten vorherzusagen, wird uns noch etwas anderes gestohlen: Der freie Wille, der unabdingbar ist für die Freiheit in der Demokratie.

WIR FORDERN DAHER, dass jeder Bürger das Recht haben muss mitzuentscheiden, in welchem Ausmaß seine persönlichen Daten gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden und von wem; dass er das Recht hat, zu erfahren, wo und zu welchem Zweck seine Daten gesammelt werden; und dass er sie löschen lassen kann, falls sie illegal gesammelt und gespeichert wurden.

WIR RUFEN ALLE STAATEN UND KONZERNE AUF, diese Rechte zu respektieren.

WIR RUFEN ALLE BÜRGER AUF, diese Rechte zu verteidigen.

WIR RUFEN DIE VEREINTEN NATIONEN AUF, die zentrale Bedeutung der Bürgerechte im digitalen Zeitalter anzuerkennen und eine verbindliche Internationale Konvention der digitalen Rechte zu verabschieden.

WIR RUFEN ALLE REGIERUNGEN AUF, diese Konvention anzuerkennen und einzuhalten.

Hier geht's zur Online-Petition ...


Der Spiegel berichtete vorgestern in seiner Online-Ausgabe über die Absicht der Grünen, einen Antrag im Parlament einzubringen, der die Abgeordneten zur Unterstützung der Petition "Writers Against Mass Surveillance"auffordert. Je mehr Menschen sich der Petition anschließen, desto größer wird der Druck auf die Regierungen und ihre Geheimdienste. Da kann es nicht schaden, wenn auch Politiker sich den Forderungen der Autoren anschließen.

So gesehen ist der Antrag der Grünen also eine gute Sache. Eigentlich wäre es allerdings bedeutend wichtiger, wenn die von uns gewählten Vertreter unserer Interessen ebenfalls mit einem solchen wirklich nützlichen Stück Ausstattung ausgestattet wären, wie Herr Rusbridger.

Rückgrat gegenüber "unseren amerikanischen Freunden" hat bisher - abgesehen von vielleicht wenigen Ausnahmen - bisher noch keiner unserer Politiker wirklich gezeigt. Anstatt sich endlich auf internationaler politischer Ebene nachdrücklich gegen die Angriffe auf die demokratischen Werte und unsere grundlegenden Menschenrechte einzusetzen, haben sie sich bisher bestenfalls lächerlich gemacht.


(Quellen: Spiegel vom 12.12.2013, Frankfurter Rundschau vom 11.12.2013, Frankfurter Allgemeine vom 09.12.2013, Heise Online vom 09.12.2013, Spiegel vom 04.12.2013, Süddeutsche Zeitung vom 03.12.2013, Spiegel vom 12.07.2013, Change org)

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