Montag, 23. Dezember 2013

AKW-Gundremmingen: Antrag zurückgezogen

Atomkraft? Nein Danke!Der Antrag auf Leistungserhöhung für die
Reaktorblöcke "B" und "C" des Atomkraftwerks
"Gundremmingen" ist vom Tisch. Aufgrund des
Drucks der Öffentlichkeit zogen die Betreiber
RWE und Eon den seit 1999 vorliegenden Antrag
Mitte Dezember zurück.


Auf den ersten Blick ist das ein schönes "Weihnachtsgeschenk" für die im Gefahrenbereich des Atomkraftwerks lebenden Menschen. Allerdings kommt das "Geschenk" wohl nicht wirklich von Herzen. In einer Pressemitteilung vom 19.12.2013 zitiert die SPD dazu Frau Kohnen (SPD, Bayern, energiepolitische Sprecherin) mit den Worten (Zitat):
"Das ist ein Erfolg der Bürger und Bürgerinnen Bayerns und ein Sieg der Vernunft über den Profit. .. Die CSU beugt sich jetzt zwar dem Bürgerwillen, die Staatsregierung hat aber im dritten Jahr der Energiewende immer noch keinen Plan für eine erfolgreiche Energiewende im Freistaat und setzt damit die wirtschaftliche Zukunft Bayerns aufs Spiel." 

Weil es sich also um ein unfreiwilliges Geschenk handelt, hält sich die Freude darüber in Grenzen. In Deutschland und Österreich hatten sich zigtausende Menschen der Forderung angeschlossen, die Genehmigung für die Erhöhung der Leistung der beiden letzten Siedewasserreaktoren in Deutschland zu verweigern:
  • Ab Frühjahr 2013 ...
    Atomkraftgegner sammeln 34.000 Unterschriften.
  • 12. November 2013:
    Herr Renneberg (Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften) untermauert die Forderungen der Atomkraftgegner mit der Studie "Risiken des Betriebs des Kernkraftwerks Gundremmingen unter besonderer Berücksichtigung der beantragten Leistungserhöhung". Darin belegt er, dass der Antrag auf Genehmigung der Leistungserhöhung nach vorliegender Aktenlage nicht genehmigungsfähig ist.
  • Ab Anfang Dezember ...
    Die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 sammelt bei einer Online-Aktion weitere 19.000 Unterschriften.
  • 10. Dezember 2013:
    Die Anti-Atom- und Umweltschutz Organisationen "umweltFAIRaendern" und "BUND" überreichen im bayerischen Landtag ihre Petitionen.
  • 11. Dezember 2013:
    Die bayerische Landesregierung distanziert sich offiziell von den RWE-/Eon-Plänen, die Leistung der beiden Atomreaktoren des Atomkraftwerks "Gundremmingen" zu erhöhen. Eine Leistungserhöhung für mehr Atomstrom passe nicht in die Zeit.
  • 13. Dezember 2013:
    Bürgerinitiativen fordern von den Betreibern, ihre Pläne aufzugeben und den Antrag auf Leistungserhöhung endlich zurückzuziehen.
  • 17. Dezember 2013:
    RWE und Eon kommen der Forderung nach.

Die Freude über das "Weihnachtsgeschenk" der Atomlobby hält sich vor allem auch aufgrund des Wissens um die weiterhin bestehenden Gefahren, die sich aus dem laufenden Betrieb der beiden Siedewasserreaktoren ergeben, in Grenzen. In einer Pressemitteilung der Grünen vom 19.12.2013 äußert sich Herr Stümpfig (Die Grünen, Bayerischer Landtag, energiepolitische Sprecher) dazu mit den Worten (Zitat):
".. Allerdings wurde der Antrag unter fadenscheinigen Begründungen zurückgezogen, angeblich aus ‚Respekt vor der Haltung der Staatsregierung‘. Damit sind die Betreiber womöglich einer Aufdeckung weiterer Mängel zuvorgekommen. Diese Sicherheitsmängel sind aber offenbar so dramatisch, dass es höchste Zeit wird, dass die Bayerische Atomaufsicht einschreitet und eine rasche Behebung veranlasst."

Die Vermutung Herrn Stümpfigs wird durch Aussagen Herrn Rennebergs verfestigt, der die Prüfmaßstäbe des zuständigen TÜV Süd und des bayerischen Umweltministeriums scharf kritisiert hatte. Demzufolge wurden die Auswirkungen der geplanten Leistungserhöhung auf betroffene Anlagenteile nicht nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik bewertet: Die erforderlichen Überprüfungen habe es in Gundremmingen nicht gegeben.

Bei dem selbsterstrittenen "Weihnachtsgeschenk" handelt es sich also erst einmal nur um einen "Etappensieg": Die zusätzliche Gefahr, die von einer Leistungserhöhung ausgegangen wäre, ist zwar abgewendet, aber die beiden letzten der ehemals zehn Seidewasserreaktoren auf deutschem Boden, die denen der in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (dai-ichi) havarierten Atomreaktoren entsprechen, sind weiterhin in Betrieb.

Heute wären diese Atomreaktoren hierzulande nicht mehr genehmigungsfähig. Grundsätzlich stellt Herr Renneberg in seiner Studie die Stabilität des Reaktordruckbehälters und der Einführungen für die Steuerstäbe infrage. Darüberhinaus fehlen die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven an Not- und Nachkühlsystemen.

Nach dem Willen der wespenfarbenen Bundesregierung (2009 bis 2013) werden wir Bürger der vom Atomkraftwerk "Gundremmingen" ausgehenden Gefahr eines jederzeit möglichen Super-GAUs insgesamt noch acht weitere Jahre ausgesetzt sein. Sollte es beispielsweise 2018 im Block "C" zu einer solchen Atom-Katastrophe kommen, dann würde es keine Rolle mehr spielen, wenn der Block "B" - wie im "Atomausstieg" vorgesehen - im Jahre 2017 abgeschaltet worden wäre.

Die Mehrheit der Bürger Deutschlands fordert die deutliche Beschleunigung des Atomausstiegs. Der jetzt erstrittene Etappensieg belegt, dass es sich lohnt, weiterhin darum zu kämpfen. - Und er zeigt deutlich, dass die Zeit der Atomkonzerne in Deutschland abläuft, sobald der Filz zwischen der Atomlobby und ihren politischen Handlangern - in diesem Fall denen in der Regierung des Landes Bayern - zerreißt.

Es wird höchste Zeit, dass die politisch Verantwortlichen endlich ihrem geleisteten Eid nachkommen und den latent drohenden "Schaden vom deutschen Volk abzuwenden" ... - und zwar, bevor es zu spät ist! Der Schritt der bayerischen Landesregierung war diesbezüglich immerhin schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung, dem aber weitere folgen müssen.


(Quellen: Bundespresseportal, Bayern, SPD, vom 19.12.2013, Bundespresseportal, Bayern, Die Grünen, vom 19.12.2013, umweltFAIRaendern vom 19.12.2013, Greenpeace vom 18.12.2012, contrAtom vom 18.12.2012, Handelsblatt vom 17.12.2013, Augsburger Allgemeine vom 14.11. und vom  13.11.2013, W. Renneberg - Studie vom 12.11.2013, TNS-Emnid - Umfrage vom Januar 2013, Global 2000)

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