Freitag, 28. Mai 2010

Die Wahrheit über Deutschlands Krieg in Afghanistan

FriedenstaubeIch hatte ihn bisher ja immer für einen besonnenen Mann gehalten. Was Herr Köhler (Bundespräsident) da aber am 21. Mai 2010 auf dem Rückflug von Afghanistan nach Berlin in einem Interview dem "Deutschlandradio" ausgeplaudert hat, das ist - salopp gesagt - "unter aller Sau"!

Die ARD-Tagesschau berichtete am 27.05.2010, es sei Herrn Köhler vor allem darum gegangen, dass eine Debatte in Deutschland angestoßen werden müsse, mit dem Ziel Respekt für die im Ausland eingesetzten Soldaten zu erzeugen. Im Gespräch mit deutschen Soldaten in Afghanistan habe er vorher über die Ziele des Einsatzes gesprochen. Dazu gehöre die Verteidigung der Sicherheit Deutschlands. In dem Radiointerview habe er anschließend eine gesellschaftliche Debatte angeregt. Wörtlich hatte er gesagt:

"Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt, wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube wir sind auf einem nicht so schlechten Weg."


Im Klartext:
Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich am Krieg in diesem fernen Land am Hindukusch, um ihre Wirtschafts- und Handelsinteressen zu wahren!

Vielleicht sollte jemand Herrn Köhler einmal darüber aufklären, dass der Kriegseinsatz Deutschlands in Afghanistan von der "Breite der Gesellschaft" abgelehnt wird. Das Ergebnis der ARD-Deutschlandtrend Umfrage für den Mai 2010 zeigt, dass weiterhin 70 Prozent der Befragten fordern, die Bundeswehr schnellstmöglich aus Afghanistan zurückzuholen. Eine gesellschaftliche Mehrheit für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hat es demnach zumindest in den zurückliegenden drei Jahren nicht gegeben.

Falls wir wirklich einmal "insgesamt auf dem Wege" sein sollten, "in der Breite der Gesellschaft" Kriegseinsätze irgendwo im Ausland als geeignetes Mittel zur Wahrung unserer Wirtschafts- und Handelsinteressen zu akzeptieren, dann sind wir auf dem denkbar schlechtesten Weg, den ich mir überhaupt nur vorstellen kann!


Ob Herr Köhler sich da einfach nur verplappert und aus Versehen die Wahrheit ausgeplaudert hat, sei dahingestellt. Da er diese Gedanken aber in dem Interview geäußert hat, müssen die ja vorher schon irgendwie in seinem Kopf herumgeschwirrt sein. Das auf derartige "Unfälle" hochrangiger Persönlichkeiten hin ablaufende Schema ist ja inzwischen bestens bekannt. Nachdem die Mitglieder eines internen Krisenstabes sich fieberhaft Gedanken darüber gemacht haben, wie sie den Karren wieder aus dem Dreck ziehen können, heißt es am Ende immer, diejenige oder derjenige habe das alles ja gar nicht so gemeint. So auch dieses Mal: Herr Köhler habe natürlich nur die Piratenjagd vor der Küste Somalias gemeint. Gesagt hat er davon aber nichts. Und das "Deutschlandradio"-Interview stand eindeutig im Zusammenhang mit dem Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan.

Und selbst wenn Herr Köhler tatsächlich über die Schiffe der Bundesmarine in den Gewässern vor Somalia gesprochen hätte, dann wäre dort immer noch die Bundeswehr im Einsatz, um nach seiner Aussage deutsche Wirtschafts- und Handelsinteressen zu wahren, aber nicht um - wie uns bisher immer weisgemacht wurde - als Mitglied eines internationalen Polizeieinsatzes dabei zu helfen, internationale Handelswege vor kriminellen Piraten zu schützen.

Nach dem Herumgeeiere des ehemaligen Verteidigungsministers, Herrn Jung, der alles tat, um im Zusammehang mit dem Krieg in Afghanistan ja nicht den Begriff "Krieg" in den Mund nehmen zu müssen, und nachdem jetzt nach Herrn zu Guttenberg (CSU, Bundesverteidigungsminister) auch der höchste Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland endlich klare, ehrliche Worte gesprochen hat, sollte man die Bundeswehr auch ehrlicherweise in "Bundesarmee" und das Verteidigungsministerium in "Kriegsministerium" umbenennen. Der Bundesverteidigungsminister sollte dann aber ehrlicherweise auch den Titel "Bundeskriegsminister" führen.

Aus meiner Sicht, wäre es aber so langsam allerhöchste Zeit, kräftig zurückzurudern und das Aufgabengebiet der Bundeswehr wieder darauf zu beschränken, für das sie einmal gegründet wurde: Zur Verteidigung des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland gegen den Angriff der Armee eines anderen Staates. Der Einsatz des Bundeswehr in einem Krieg zur Wahrung deutscher Wirtschafts- und Handelsinteressen ist nämlich, soweit mir bekannt ist, ein grober Verstoß gegen das Grundgesetz. Darin ist festgelegt, dass der Bund Streitkräfte zur Verteidigung aufstellt, und dass diese außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden dürfen, soweit es das Grundgesetz ausdrücklich zulässt. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel Hilfseinsätze bei Naturkatastrophen oder bei besonders schweren Unglücksfällen.
  • Das gesamte Interview mit Herrn Köhler ist auf der Deutschlandradio-Internetseite zu hören.

(Quellen: ARD-Tagesschau vom 27.05.2010, Deutschlandradio vom 22.05.2010, ARD-Deutschlandtrend vom 28.04.2010)

2 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Lieber Jürgen!
Wir können kund tun, dass wir bemerken was da vorgeht. Aber was können wir daran wirklich ändern?
Das kann einem schon manchmal zur Verzweiflung bringen.
Sei lieb gegrüßt
Rosi

juwi hat gesagt…

@Rosi: Wenn niemand etwas sagt, dann halten die ihr Stimmvieh weiterhin für blöd. Erst wenn sie Angst haben, sie könnten ihre Macht verlieren, weil sie nicht mehr genug Stimmen erhalten, werden sie respektieren, was die Mehrheit der Bürger von ihnen erwartet. Also ist es schon einmal ein Anfang, wenn wir sie darauf aufmerksam machen, dass wir nicht das blöde Stimmvieh sind, für das sie uns immer gehalten haben.

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