Mittwoch, 22. Januar 2014

Von der Datasette zur SSD-Platte

Datenträger im Wandel der Zeit
Kürzlich fand ich beim Aufräumen eine alte Festplatte aus dem Jahre 1990 wieder, die ich vor längerer Zeit einmal "beiseite gelegt" hatte (man kann ja nie wissen, ob man nicht irgendwann einmal ein Ersatzlaufwerk braucht).

Als ich das schwergewichtige Relikt aus der eigentlich ja noch gar nicht so fernen Vergangenheit des digitalen Zeitalters in den  Händen wog, ging mir so durch den Kopf, dass die Entwicklung der Speichermedien seit dem Siegeszug des "Personal-Computers" vor etwa 25 bis 30 Jahren wahrhaft atemberaubend war.

Angefangen hatte die Geschichte für mich, als ich vor etwa 30 Jahren mit einem Commodore VC20 (einem Vorgänger des legendären Commodore C64) zu arbeiten hatte, mit dem die Daten von mehreren Messgeräten erfasst wurden. Für den Sichtkontakt sorgte ein Digital-zu-HF-Converter, der die über die integrierte Tastatur eigegebenen Text-Kommandos und die Antworten des VC20 auf einem tragbaren Schwarz-Weiß-Fernseher sichtbar machte.

An ein Diskettenlaufwerk oder gar eine Festplatte war bei diesem rustikalen Datenverarbeitungsgerät damals noch gar nicht zu denken. Die Software befand sich auf einer Datasette, eigentlich eine ganz normale Musikcassette. Der Ladevorgang dauerte - wenn man Glück hatte - etwa 15 Minuten.

Nach Abschluss des Ladevorgangs folgte eine "Verify"-Routine mit der die in den Speicher des VC20 geladenen Daten mit denen auf der Datassette verglichen wurden, um sicherszustellen, dass auch alles richtig eingelesen worden war. Es passierte recht häufig, dass Verify feststellte, dass nicht alle Daten korrekt vom Band gelesen worden waren. Das hieß dann, dass die gesamte Prozedur noch einmal wiederholt werden musste. Manchmal dauerte es auf diese Weise ein bis zwei Stunden, bevor ich das Programm endlich starten konnte.


Das Ende der Datassette

Das änderte sich erst, als die ersten XT PCs auf den Markt kamen, die dank der Konkurenz zu IBM langsam bezahlbar wurden. Der Nachfolger des zwischenzeitlich als Messrechner zum Einsatz gekommenen Commodore C64 hatte zwar immer noch keine Festplatte (das wäre damals unerschwinglich gewesen), aber an Stelle der Daten-Cassette gab es jetzt immerhin schon zwei Diskettenlaufwerke für 5,25" Floppy-Disks mit jeweils 360 Kilobyte (KB) Speicherplatz (eine dieser "Schwabbel-Disketten" ist unten links im Bild zu sehen). Das eigentliche Speichermedium bestand aus einer dünnen,  rund ausgestanzten Kunststofffolie, auf die - ähnlich wie bei den Tonbändern in den Musikca ... Sorry, Datasetten - eine magnetisierbare Schicht aufgebracht war. Auf der einen Diskette befand sich das Betriebssystem und auf der anderen die Software zur Datenerfassung.

Das Laden der Software war jetzt in atemberaubender Geschwindigkeit erledigt ... - aus damaliger Sicht jedenfalls. Und die Datasette hatte nach ebenfalls atemberaubend kurzer Zeit ausgedient.

In den ersten IBM AT PCs, die später für die Arbeit in unseren Büros beschafft wurden, war dann schon eine Festplatte eingebaut. Nach den 360 KB Floppy-Disks sprengten die 20 bis 30 Megabyte (MB) Platten anfangs beinahe unser Vorstellungsvermögen: Niemals würden wir diese gigantischen Platten voll bekommen ...

Rückblickend betrachtet konnten wir uns damals noch wirklich für den rasanten Fortschritt in der Computertechnik begeistern. Heutzutage wird das alles als selbstverständlich empfunden. Ich möchte mal die langen Gesichter der Kids von heute sehen, wenn man sie irgendwo in der Wildnis mit einem Comodore C64, ohne Maus und einer Datasette anstelle einer Festplatte und eines USB-Sticks aussetzen würde. Die wären völlig hilflos. Wir hingegen haben mit diesen Geräten noch "wahre Wunder" vollbracht.

Zusätzlich zur Festplatte gab es in den ATs noch ein 3,5" Diskettenlaufwerk. Die Disketten hatten jetzt - im Unterschied zu den 5,25"-Floppy-Disks mit ihren "Foliengehäusen" - ein starres Kunststoffgehäuse und konnten Anfangs 720 KB, später 1,44 MB an Daten aufnehmen. Mechanische Beschädigungen der Folienscheibe gehörten damit (fast) der Vergangenheit an.


Die Festplatte kommt ins Spiel

Links oben im Bild ist eine 5,25" Seagate Festplatte (Model ST-4096) von 1990 zu sehen, auf der eine Datenmenge von 80 MB (formatiert) untergebracht werden konnte. Die Daten wurden auf 5 Disks gespeichert die mit einer Geschwindigkeit vom 3500 Umdrehungen pro Minute rotierten. Mithilfe von 9 Magnetköpfen (Heads) wurden die Daten mit einer Transferrate von satten 5,0 Mb pro Sekunde geschrieben und gelesen - damals ein Vielfaches dessen, was auf eine Diskette passte!

Für die Stromversorgung wurden 1,5 Ampere (A) an 5 Volt (V) beziehungsweise 4,0 A (an 12 V) benötigt. Das gute Stück wog damals 4,1 kg. Ein komplettes Notebook (bzw. Laptop) oder gar ein Tablet-Computer bringen heute nur einen Bruchteil davon auf die Waage. Auch der Platzbedarf im Computergehäuse war enorm. Er entsprach in der Höhe etwa dem von drei der heute gebräuchlichen 3,5" Festplatten.

Die zweite Festplatte rechts daneben ist eine Western Digital (Model WD 93044-A) aus der gleichen Zeit mit einer Datenkapazität von 43 MB (formatiert). Die Datentransferrate betrug 4,0 MB/s bei 3600 Umdrehungen pro Minute. Die Bauhöhe entsprach in etwa der doppelten Gehäusehöhe heutiger Festplatten. Die WD 93044-A war zwar alles in allem kleiner als die ST-4096, aber dafür auch erheblich sparsamer im Stromverbrauch. Ihr reichten 0,6 A (an  5 V) und 0,8 A (an 12 V). Die Leistungsaufnahme betrug 7,4 Watt (W) im Leerlauf und 9,3 W im Lese- und Schreib-Betrieb, während die größere ST-4096 unglaubliche 23 W bzw. 55 W brauchte.

Zum Vergleich habe ich eine neuere SATA Platte, eine Seagate "Barracuda 7200.9" (Model ST380811AS) aus dem Jahre 2006 dazugelegt (die 3. von rechts oben im Bild). Ihr Gehäuse hat die die gleiche Grundfäche wie die beiden alten Festplatten von 1990. Allerdings findet hier auf nur einer Disk eine Datenmenge von 80 GB (formatiert) Platz. Auch zwischen den Datentransferraten liegen im Vergleich zu 1990 Welten. Bei einer Umdrehungsgeschwindigkeit von 7200 Umdrehungen pro Minute bewältigt ein einziger Magnetkopf in der  ST380811AS einen Datentransfer von 300 MB pro Sekunde. Trotz der erheblich größeren Kapazität und Geschwindigkeit liegt der Stromverbrauch mit 0,46 A (an  5 V) und 0,56 A (an 12 V) noch einmal deutlich unter dem der "kleineren" WD 93044-A von 1990.

Die 3,5"-Platte darunter - eine Seagate "Medialist 4310" (Modell ST34310A) - stammt aus dem Jahre 1999. Gut sechs Jahre vor der ST380811AS (zur Erinnerung: 80 GB) mussten sich die Besitzer der ST34310A noch mit der wesentlich bescheideneren Speicherkapazität von 4,3 GB zufrieden geben. Zum Schreiben und lesen der Daten waren 16 Magnetköpfe notwendig. Die Leistungsaufnahme lag bei 1,1 Watt im Standby- und 5,5 W im Lese- und Schreib-Betrieb.

Die ersten 2,5" Festplatten (links in der Mitte über der 5,25"-Floppy-Disk) mit bis zu etwa 120 MB wurden ab ca. 1992 in Laptop-Computern verbaut. Die hier zu sehende Fujitsu-Platte (Model MHS2020AT) fasste bereits 20,0 GB. Heute weisen sowohl die 2,5" wie auch die 3,5" Festplatten Speicherkapazitäten von bis zu 2 TB auf.


Disketten als "Netzwerkersatz"

In der Zeit, bevor uns ein Computer Netzwerk zur Verfügung stand, dienten die 3,5"-Disketten als Transfer-Medium, um Daten von einem PC auf einen anderen zu übertragen. Bei den später größer werdenden Datenmengen reichte die Speicherkapazität von 1,44 MB pro Diskette bald aber nicht mehr aus. Wenn wir größere Datenmengen zu übertragen hatten, wurden wir zum "Diskjockey".

Erst als Iomega seine ZIP100 Laufwerke und die dazugehörigen 120 MB Disketten auf den Markt brachte, war es mit der zeitraubenden Diskettenwechselei vorbei. Rechts oben im Bild ist ein externes ZIP100-Laufwerk zu sehen, das über den Parallelport mit dem PC verbunden wurde (darunter liegt eine 120MB Diskette).

Allerdings währte die ZIP100-Ära nur eine kurze Zeit. Das Erscheinen der USB-Sticks läutete ihr schnelles Ende ein. Der USB-Stick mit dem noch recht klobigen Gehäuse (unterhalb der Iomega-Diskette) hatte die gleiche Speicherkapazität - bei einer erheblich schnelleren Datentransferrate! Das Gehäuse des USB-Sticks unten ganz rechts im Bild ist - im Vergleich mit anderen heute gebräuchlichen Bauformen - eigentlich noch recht groß. Aber trotzdem fassen diese Winzlinge heute Datenmengen von bis zu 64 GB - und liegen damit irgendwo zwischen den beiden Festplatten-Ungetümen aus der Zeit zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts.


Ein Blick in die Zukunft

Inzwischen werden die neuen SSD-Festplatten langsam erschwinglich. Allerdings können ihre Speicherkpazitäten mit denen heutiger konventioneller Festplatten bisher keinesfalls mithalten, und das Verhältnis "Euro pro MB" lässt gegenüber herkömmlich Festplatten auch noch zu wünschen übrig.

Eigentlich handelt es sich bei diesen Speichermedien auch nicht um Festplatten im herkömmlichen Sinne, sondern um Speicherchips, ähnlich einem USB-Stick oder den SD-Speicherkarten, die beispielsweise in Digitalkameras Anwendung finden. Da sie keine beweglichen Teile enthalten, besteht ihr Vorteil zum einen in der fehlenden Geräuschentwicklung und zum anderen in der kürzeren Zugriffszeit, was eine höhere Datentransferrate zur Folge hat.

Wenn die Entwicklung weiterhin so schnell voranschreitet, wie bisher, dann werden wir es bestimmt noch erleben, dass wir uns fragen, ob der Computer überhaupt in Betrieb ist, weil wir die typischen Geräusche der hin und herzappelnden Magnetköpfe vermissen. Aber mithilfe einer Sound-Datei und der Soundkarte wird sich sicher auch für dieses Problemchen eine Lösung finden lassen :)


(Quellen: Homecomputer Museum, Wikipedia, sowie Archivseiten der Festplattenhersteller)

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