Dienstag, 16. Juli 2013

Terra incognita - unbekannte Orte in der Stadt

Produktion von "Tripods", den Fundamenten für Offshore-Windenergieanlagen
Zu ihrem Geburtstag hatten wir meiner Mutter unter anderem einen Gutschein für eine Stadtrundfahrt geschenkt; "Ist ja mal was anderes" - erst recht dann, wenn die Stadtrundfahrt durch einem Teil der Stadt führt, in der man seit seiner Geburt gelebt hat. Am Sonntag hat sie ihren Gutschein eingelöst und ich habe sie dabei begleitet.

Mit diesen Stadtrundfahrten ist es irgendwie das gleiche, wie mit Museumsbesuchen: Wenn man fremde Städte besucht, dann geht man an regnerischen Tagen ins Museum - oder unternimmt bei schönem Wetter eine Stadtrundfahrt. Dabei kann man vieles von dem über die fremde Stadt erfahren, was einem sonst verborgen bliebe.

Aber eine Stadtrundfahrt in der eigenen Stadt? Die kennt man doch. Oder zumindest glaubt man das ... - und ist dann erstaunt, wieviel man eigentlich bisher nicht gewusst hat. Und man kommt dabei in Gegenden, in denen man noch nie zuvor gewesen ist. So ist es auch meiner Mutter ergangen.

Vom "Schaufenster Fischereihafen" ging es zuerst durch Bremerhavens Zentrum der Fischverarbeitung und der Lebensmittelindustrie. Zwar wird heute der geringste Teil der Seefische noch direkt von den Trawlern angelandet - der größte Teil kommt tiefgefroren in Containern nach Bremerhaven - aber immernoch sind im Fischereihafen einige der bedeutendsten Lebensmittelproduzenten angesiedelt, die in bereits den Vorgängergemeinden der heutigen Stadt Bremerhaven ihren Ursprung hatten.

Auf dem weiteren Weg durch den Fischereihafen ging es vorbei an den Hallenkomplexen eines Keramik-Herstellers, an metallverarbeitenden Betrieben - in einem davon wurde zum Beispiel die "Neumayer-Station III" des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in der Antarktis gebaut - und an den weitläufigen Betriebsgeländen mehrer Hersteller und Forschungseinrichtungen der Windkraft-Branche. Angesichts der Planungsunsicherheiten aufgrund falscher Signale seitens der Bundesregierung frage ich mich allerdings, in welche Richtung es dort einmal weitergehen wird.


Ein winziger Bildausschnitt aus dem Gelände des Bremerhavener Autoterminals
Auf dem Weg vom Fischereihafen durch die Stadtteile Geestemünde, Mitte und Lehe informierte die Reisebegleiterin über viele weitere Details, beispielsweise zur Geschichte der Geestemünder Häfen in der Zeit, in der auf dem gegenüberliegenden Ufer der Geeste gerade die Erfolgsgeschichte der neugegründeten Stadt Bremerhaven - damals nur einige Häuser rund um den heutigen Alten Hafen - ihren Anfang nahm. Kaum ein Bremerhavener wird heute wohl noch wissen, dass ein Teil des Hafens im heutigen Stadtteil Geestemünde einmal der größte Petroleumhafen Europas war, oder dass das Wasser im Holzhafen, der heute eigentlich gar nicht mehr als Hafen zu erkennen ist, nie so tief war, dass größere Schiffe darin hätten festmachen konnten.

Über die Kaiserschleuse ging es weiter durch die stadtbremischen Freihäfen, vorbei am Kreuzfahrtterminal "Columbuskaje", dem Fruchtterminal, Bergen von Containern auf dem Containerterminal an der Stromkaje und an scheinbar enlosen Flächen voller Neuwagen, die sich mangels ausreichender Flächen mehr und mehr in Hochregalen stapeln. Hier liegt heute die Bedeutung der Häfen, die früher einmal dem Geestemünder Petroleumhafen und Fischereihafen, sowie dem Alten Hafen als Keimzelle der späteren Stadt Wesermünde - dem heutigen Bremerhaven - zukamen.

Durch das Zolltor "Roter Sand" und die "Alte Bürger" ging die zweistündige Fahrt in Richtung "Schaufenster Fischereihafen" ihrem Ende zu. Von meiner Mutter hatte ich unterwegs immer wieder die Worte: "Hier bin ich ja noch nie gewesen.", gehört. Für sie war es also eine echte Entdeckungsreise an bisher unbekannte Orte der Stadt, in der sie geboren wurde, als Bremerhaven noch Wesermünde hieß.

Da ich oft mit dem Rad unterwegs bin, kannte ich zwar die Gegenden, die für meine Mutter Neuland waren. Einige der Details aus den Beschreibungen der Reisebegleiterin haben mich allerdings neugierig gemacht. Ich denke, da wird es wohl auch für mich noch mehr zu entdecken geben.

Meine Mutter war begeistert und auch mir hat die Fahrt sehr gut gefallen. Für den Fall, dass ihr mal nach Bremerhaven kommen solltet, oder dass ihr vielleicht - abgesehen von eurem Viertel und der Stadtmitte - noch nicht viel von Bremerhaven gesehen haben solltet, kann ich die Rundfahrt mit dem roten "Cuxliner" wärmstens empfehlen.

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