Darüber hatte das Umweltinstitut München am 4. Januar in einer Pressemitteilung berichtet. Polen hat inzwischen einen Nachtrag zu seinem Atomkraftprogramm veröffentlicht. Die darin enthaltenen möglichen, direkt an der Ostsee gelegenen Standorte für neue Atomkraftwerke liegen nicht weiter als 100 bis 300 km von der deutschen Grenze entfernt.
Das gibt zusätzlichen Anlass für die Befürchtung, Deutschland könnte im Falle radioaktiver Freisetzungen direkt von deren Auswirkungen betroffen sein. Wie seit den Super-GAUs in Tschernobyl und in Fukushima eigentlich jedem bekannt sein dürfte, sind nach derartigen Ereignissen noch über deutlich weitere Distanzen hohe radioaktive Kontaminierungen und die Gefährdung der Gesundheit und des Lebens von Menschen zu erwarten.
Zwei der im Nachtrag genannten Standorte liegen innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes. In direkter Nachbarschaft zu allen drei Standorten gibt es Naturschutzgebiete, Landschaftsparks sowie Vogelschutzgebiete und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Flora und Fauna werden alle drei Standorte nach Angaben des Umweltinstitut München sogar von den Autoren des polnischen Nachtrags zur Umweltverträglichkeitsstudie als "riskant" bezeichnet.
Wie das Umweltinstitut München weiter mitteilt, könne eine Kontaminierung der Gewässer nicht ausgeschlossen werden. Umliegende landwirtschaftliche Flächen und Ferieneinrichtungen wie Campingplätze und Badestrände in dem touristischen Gebiet könnten bereits im Normalbetrieb von radioaktiven Freisetzungen betroffen sein. Bei Revisionen sei darüberhinaus mit Spitzenwerten zu zu rechnen, die bis zu 500 Mal über dem Normalwert liegen könnten.
Statt des teuren und gefährlichen Einstiegs in die Atomenergie, solle Polen die Chance nutzen, sofort ein nachhaltiges Energieprogramm aufzulegen und den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Bereits Im Rahmen ihrer SUP-Stellungnahme gegen die Atompläne Polens hatte die Bundesregierung Polen diesbezüglich eine Zusammenarbeit vorgeschlagen und Hilfe beim Einstieg in die Stromversorgung auf Grundlage regenerativer Energien angeboten.
Stellungnahme zum Nachtrag
Aufgrund des polnischen Nachtrags ist es ab sofort und bis zum 27.Februar wieder möglich, im Rahmen des Grenzüberschreitenden Strategischen Umweltprüfungsverfahrens (SUP) Stellungnahmen zum polnischen Atomprogramm einzureichen. Je mehr Menschen in Europa sich daran beteiligen, desto größer ist sie Aussicht auf Erfolg.
Das Umweltinstitut München hat dafür wieder einen Mustertext für eine E-Mail an die verantwortlichen Institutionen in Polen verfasst der so formuliert ist, dass sich auch diejenigen erneut beteiligen können, die bereits eine Stellungnahme abgegeben haben. Der Mustertext, der auch individuell ergänzt bzw. geändert werden kann, lautet:
An
Hanna Trojanowska
Government's Plenipotentiary for Polish Nuclear Power Engineering Issues
Undersecretary of State
MINISTRY OF ECONOMY
Plac Trzech Krzyzy 3/5
00-507 Warszawa
POLEN
Fax + 48 22 693 40 46 - 48, E-mail: Andrzej.Chwas@mg.gov.pl
Kopie an:
Michal Kielsznia
General Director for Environmental Protection
ul. Wawelska 52/54
00-922 Warszawa
POLEN
Fax +48 22 57 92 126, E-mail: dorota.szumanska@gdos.gov.pl.
Sehr geehrte Frau Trojanowska,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen des Grenzüberschreitenden Strategischen Umweltprüfungsverfahrens (SUP) zur Änderung des Polnischen Kernenergieprogramms (Nachtrag vom Dezember 2011) nehme ich wie folgt Stellung, bzw. ergänze ich meine bereits eingereichte Stellungnahme und schließe mich der Stellungnahme des Umweltinstitut München e.V. vom 22.12.2011 sowie der aktuellen Stellungnahme des Umweltinstitut München zum Nachtrag der Umweltverträglichkeitsstudie voll umfänglich an.
Die vorgelegten Änderungen des Atomprogramms stellen aus meiner Sicht nur eine Verschärfung der Bedrohung durch radioaktive Verseuchung dar. Insbesondere weil die zusätzlichen Standorte in der Nähe schützenswerter Naturräume und Tourismusregionen liegen. Ich bitte die polnische Regierung nachdrücklich sich von ihren Atomplänen zu verabschieden und die Chance für eine Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energien zu nutzen, sowie das Angebot der deutschen Bundesregierung auf Unterstützung beim Aufbau anzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Hier geht es zum Eingabeformular auf der Internetseite des Umweltinstitut München.
Zum Weiterlesen:
- Umweltinstitut München e.V. (UIM) - Stellungnahme des UIM zum polnischen Atomprogramm
- Ergänzende Stellungnahme des UIM
- Dokumente zum Polnischen Atomprogramm
- Polnisches Atomprogramm
- Strategische Umweltprüfung zum Polnischen Atomprogramm
- Nachtrag zum polnischen Atomprogramm
- Tabellarische Zusammenstellung der empfohlenen Standorte
(Quellen: Der Westen vom 07.02.2012, BMU Pressemitteilung vom 06.02.2012, Deutschlandradio vom 04.01.2012, Umweltinstitut München e.V., Umweltbundesamt Östereich, Bundesministerium für Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit)
1 Kommentar:
Hallo Jürgen,
in der Sonnabendausgabe der "Tageszeitung" war auf Seite 2 eine Grafik über die weltweit in Betrieb befindlichen AKWs. In Deutschland sind es 9. Und unsere direkten Nachbarn:
Niederlande 1
Belgien 7
Frankreich 58
Schweiz 5
Tschechien 6
Gestern hörte ich, dass die Laufzeit der französchen AKWs von 40 Jahren bald ablaufen. Sie sollen auf 50 Jahren erhöht werden. Es ist der Horror! Achtundfünfzig Atomkraftwerke stehen im Land der "Grande Nation"!!!
Wenn Polen jetzt, trotz Fukushima, in die Atomkraft einsteigen will, wäre es katastrophal.
Tschüss
Holger
Kommentar veröffentlichen
Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.
Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.
Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.
Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!
Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.