Montag, 29. Dezember 2014

Das war 2014 - juwi's welt

Für mich begann das Jahr 2014 in aller Ruhe mit Spaziergängen an menschenleeren Stränden der Ostseeküste nordöstlich von Kiel. 

Auf dem Land verläuft der Jahreswechsel erheblich ruhiger als ich es von der Ballerei in den Straßenschluchten zwischen den Häusern in der Stadt kenne. Das Feuerwerk beschränkt sich im Wesentlichen auf die Zeit um Mitternacht herum.

Als es im Ort wieder ruhiger wurde, wehte der Feuerwerkslärm aus Kiel wie das Grollen einer fernen Schlacht zu uns herüber. Dabei kamen mir Bilder in den Sinn, wie man sie aus Dokumentarfilmen über den ersten Weltkrieg kennt, der vor einhundert Jahren seinen Anfang nahm.


Lale Eisbär

Bereits im Dezember 2013 hatte im Bremerhavener "Zoo am Meer" ein winziges Eisbärbaby das Licht der Welt erblickt. Obwohl: eigentlich war es wohl mehr die schummerige Beleuchtung im inneren der Wurfhöhle, in die sich die Eisbärin zur Geburt zurückgezogen hatte. Bis zum März war sie dort mit ihrem Baby allein.

Seit dem ersten Gesundheitscheck wusste man, das der kleine Eisbär ein Eisbärmädchen ist, das von den Bremerhavenern den Namen Lale erhielt. Wie in meinem Video zu sehen ist, hatte sich die kleine Lale prächtig entwickelt und unternahm zusammen mit ihrer Mutter im April die ersten Ausflüge in die Außenanlagen des Eisbärengeheges.


Was lange währt ...

Von der Ankündigung der SPD im Herbst des Jahres 2013, den baulichen Problemen im Goethe-Quartier des Bremerhavener Stadtteils Lehe solle mit der Einrichtung eines Sanierungsgebietes und weiteren Problemen mithilfe eines langfristig angelegten Stadtteilmanagements begegnet werden, war schon bald darauf keine Rede mehr. Seitdem hatten die im Quartier organisierten Bürger auch nach mehrfachen Anfragen nach einen gemeinsamen Gesprächstermin keine Antwort erhalten. Sie fühlten sich deshalb von der Politik im Stich gelassen.
Intrigen der Opposition in der Stadtverordnetenversammlung war es darüberhinaus zu verdanken, dass sich auch der Amtsantritt von Frau Ehbauer, die nach dem Ausscheiden Herrn Holms die neue Baustadträtin werden sollte, bis zum St. Nimmerleinstag zu verzögern drohte. Erst im Februar nahm das politische Ränkelspiel ein glückliches Ende, nachdem das Oberverwaltungsgericht Bremen den Weg für ihren Amtsantritt frei gemacht hatte.

Im gleichen Monat erfuhren die Menschen im Goethe-Quartier aus der Presse, dass Geld zur Finanzierung einer Quartiersmeisterei vorhanden wäre - allerdings vorerst nur "für eine Pilotphase". Herr Kaminiarz (Bündnis '90 / Die Grünen, Bremerhaven, Stadtverordnetenfraktion, Vorsitzender) hatte der Nordsee-Zeitung gegenüber den Vorwurf der SPD zurückgewiesen, seine Fraktion blockiere die Finazierung. Richtig sei, dass eine zeitliche Begrenzung für eine Quartiersmeisterei auf ein Jahr aus Sicht der Grünen wenig sinnvoll ist, wenn man nicht weiß, wie man sie anschließend weiter finanzieren kann. Derweil warteten die Bewohner des Goethe-Quartiers weiter darauf, dass den vielen Worten endlich Taten folgen ...

Deshalb war die Tagesordnung der "Stadtteilkonferenz Lehe" (STK-Lehe) am 11.02.2014 kurzfristig geändert worden. Nach kontroversen Diskussionen folgte Endlich die Klarstellung seitens der Vertreter der rot-grünen Regierungskoalition: Eine Quartiersmeisterei für das Goethe-Quartier werde kommen - und die erklärte Absicht solle noch in diesem Jahr umgesetzt werden ...


... wird endlich gut

Was lange währt wird manchmal endlich gut: Inzwischen hat Frau Hawelka ihre Arbeit als Quartiersmeisterin aufgenommen und Mitte Dezember sind auch Büroräume in der Uhlandstraße fertig geworden. Nicht ganz uneigennützig wünsche ich Frau Hawelka viel Erfolg und dass sie uns lange erhalten bleiben wird, damit die angestrebten Ergebnisse ihrer Arbeit eine nachhaltige Wirkung entfalten können.


Ein immer wiederkehrendes Ärgernis in Bremerhaven sind "wilde Müllkippen", die sich aus Keimzellen, wie etwa einem prallgefüllten, irgendwo an der Straße abgestellten "Blauen Sack" oder einem alten Einkaufsplastikbeutel voller Lebensmittelabfälle, entwickeln. Zum einem fehlt denjenigen Menschen, die ihren Abfall in dafür vorgesehenen Abfallbehältern entsorgen, jegliches Verständnis für diejenigen unter ihren Mitbürgern, die davon noch nie etwas gehört zu haben scheinen, und zum anderen sind sie genervt vom Possenspiel der "Realen Müll-Verwaltung und ihre Folgen".

Aber wir arbeiten daran: Steter Tropfen höhlt den Stein ... - und kleine Erfolge ermuntern zu weiteren Telefonanrufen, wenn es darum geht, die unappetitlichen Hinterlassenschaften ignoranter Schmutzfinken von den für die Müllentsorgung zuständigen Stellen entsorgen zu lassen ...


Anlass zur Hoffnung bietet auch die Einführung eines Gesetzes gegen "nachwachsende Schrottimmobilien". Ein Wohnungsaufsichtsgesetz soll der Stadt ein Werkzeug für die Beseitigung von Missständen an Wohnraum und dazugehörigen Nebengebäuden und Außenanlagen in die Hand geben. Insbesondere bei Anzeichen von Verwahrlosung in den Wohngebäuden und an den Außenanlagen können sie regelmäßige Überprüfungen durchführen und Eigentümer - auch unter Androhung von Zwangsmaßnahmen - zur Beseitigung von Missständen veranlassen.

Der Haken an der Sache ist jedoch, dass sich das Gesetz nur auf vermieteten Wohnraum anwenden lässt. Eigentümern, die sich in einer verwahrlosten Umgebung wohl fühlen, kann man nicht vorschreiben, wie sie mit ihren selbstgenutzten Eigentumswohnungen oder Häuschen umgehen. Auch bereits leerstehende, dem Verfall preisgegebene Spekulationsruinen werden sich sich damit letztlich nicht vor dem Abrissbagger retten lassen.


Einen erfolgreicher Meilenstein auf dem Weg zu einer neuen Nutzung des seit Jahren verwaisten Zollinlandplatzes hatte eine Initiative von Bürgern aus dem Goethe-Quartier zu vermelden. Im Dezember feierte sie mit Anwohnern und interessierten Besuchern ein "Zolli-Auftaktfest". Auch wenn es derzeit noch nach einem weiteren zähen Ringen mit den politisch Verantwortlichen aussieht: Es geht voran.


Im Oktober beobachtete eine gute Bekannte einen dubiosen Dachstuhlbrand in einem Haus der Nähe ihrer Wohnung in der Hafenstraße. Darüber - und über weitere, kleinere Brände - berichtete auch die Nordsee-Zeitung.


Ein Fass ohne Boden

Gegen jede Vernunft und gegen den Widerstand betroffener Anwohner, weiterer Bürger in der Stadt, haben Mitte des Jahres die Bauarbeiten für den Hafentunnel begonnen. Der Versuch der Tunnelgegner, im Februar noch eine Petion gegen den Tunnelbau  zu organisieren, kam zu spät und bleib auch aufgrund der aus meiner Sicht für diesen Zweck ungeeigneten Petitionsplattform (AVAAZ, internationales demokratische Netzwerk) und der ungenügenden Verbreitung im Internet und in den Medien mit gerade einmal 92 Unterzeichnern erfolglos.

Dafür zeichnete sich im Juli ab, dass der Bau des Hafentunnels noch mehr Geld verschlingen wird, als vor Beginn der Baumaßnahmen ohnehin schon bekannt war. Es gibt genügend Beispiel dafür, dass größere Bauprojekte nie für die anfangs veranschlagten Kosten fertiggestellt werden. Auch der Tunnel droht als Fass ohne Boden zu enden ...


Kulturelles

Im Rahmen der "Kulturkirche" sorgte die Berliner Küstlerin Corinna Tiesen mit ihrer Installation "zeit|gleich|hier" im Turm der Bremerhavener Pauluskirche für Aufsehen. Darin ging es um die Wechselwirkungen zwischen der Welt, die uns umgibt, und der Welt aus Gedanken und Erfahrungen in unserem Inneren. Auf dem Weg nach oben erwartete die Besucher der Turminstallation Ungehörtes und Unerwartetes.


Im Juni lud die türkisch-islamische Gemeinde der Moschee "Merkez Camii" zu ihrem ersten türkischen Kulturfest auf dem Bremerhavener "Phillips-Field". Gemeinsam mit vielen deutschstämmigen Gästen war das Fest eine rundum gelungene Veranstaltung, die nach den Wünschen der Besucher und dem Willen der Veranstalter wohl nicht die letzte dieser Art gewesen sein wird.

Die türkisch-islamische Gemeinde, deren Moschee im Leher Goethe-Quartier steht, ist sehr offen für den Dialog mit Angehörigen anderer Glaubensrichtungen. Ein Beispiel dafür war die an alle Bremerhavener Bürger gerichtete Einladung zum Fastenbrechen zum Abschluss des islamischen Fastenmonats Ramadan im Rahmen des "Leher Kultursommers 2014".

Vorher gab es die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Führung durch die Moschee. Für mich war es das erste Mal, dass ich ein islamisches Gotteshaus von innen zu sehen bekam. Die Führerin erklärte ihren Gästen die Einrichtungen im Gebetsraum und beantwortete unsere Fragen. Für mich wurde dabei erneut deutlich, dass der Islam und das Christentum, trotz unterschiedlicher Auffasungen und Praktiken, die gleichen Wurzeln haben und viele Parallelen aufweisen, die mit den Gräueltaten heutiger "Gotteskrieger" à la Al-Kaida oder IS ebensowenig gemein haben, wie mit der Barbarei der europäischen Kreuzritter im "Heiligen Land" oder den Folterkellern der katholischen Inquisition im Mittelalter.

Eine weitere Veranstaltung im Rahmen des "Leher Kultursommers 2014", die sich mit unterschiedlichen Standpunkten in Glaubensfragen - dieses Mal ausschließlich aus christlicher Sicht - auseinandersetzte, war die "Preacher-Poetry-Slam" in der Pauluskirche. Anders als bei einer "normalen" Poetry-Slam trafen dabei fünf Poeten und fünf Pastoren aufeinander, die sich mit ihren Texten dem Thema der evangelischen Jahreslosung des Jahres 2014 stellten.


Bleibende Eindrücke hat auch der geführte Spaziergang entlang des Verlaufs des ehemaligen Flusses Aue durch das Goethe-Quartier hinterlassen, der mit einem sehr interessanten Besuch im unterirdischen Regenauffangspeicher an der Geeste endete. Am Rande ging es dabei unter anderem auch um das Thema "Häufung von Starkregenereignissen", das uns und unseren Nachkommen angesichts der fortschreitenden globalen Erwärmung infolge des menschengemachten Klimawandels zukünftig wohl mehr und mehr zu schaffen machen wird.


Klimawandel, Energiewende

Der Klimawandel macht auch vor Bremerhaven nicht halt. Im April hatte sich schon die ESG-Lehe im Rahmen einer ihrer Veranstaltungen damit auseinandergesetzt, welche Möglichkeiten der Anpassung seitens der Haus- und Grundstückseigentümer nötig, und welche Maßnahmen der Kommunen machbar sind, um die Schäden infolge von Starkregenfällen zu vermindern. Ich denke, die meisten Besucher der Veranstaltung werden anschließend wohl eher ernüchtert als ermutigt nach Hause gegangen sein.


Je weniger klimarelevante Gase (CO2, Methan etc.) noch in die Armosphäre gelangen werden, desto weniger drastisch wird die zu erwartende Häufung von Starkregenereignissen ausfallen. Die "Strompreisbremse" der schwarz-roten Bundesregierung mit ihrem Festhalten an der Subventionierung der Braunkohleindustrie zulasten der Energiewende und der Verbraucher bewirkt das genaue Gegenteil.

Nebenbei bemerkt betraf die verfehlte Energiepolitik der Bundesregierung auch eine große Anzahl an Arbeitsplätzen bei den Windanlagenherstellern, die sich in den letzten Jahren in Bremerhaven angesiedelt haben. Wenn es so weiter geht, könnte auf das Werftensterben und den Niedergang der Hochseefischerei in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts Anfang dieses Jahrhunderts das Ende der Windanlagenbranche folgen und der vom Strukturwandel der letzten Jahrzehnte ohnehin gebeutelten Stadt einen erneuten schmerzhaften Rückschlag versetzen.


Dies und das

Im April hatte ich zufällig die seltene Gelegenheit, ein stählernes Baudenkmal in Aktion zu sehen: Die einhundertzehnjährige Geestebrücke wurde geöffnet, um einen Schleppverband durchzulassen, der Material für den Bau der neuen Spundwand am Ufer der Geeste vor der Marineschule transportierte. Damals, zu der Zeit, als auf den Werften an der Geeste noch Schiffe gebaut wurden, war das nichts ungewöhnliches - heute ist es ein aufsehenerregendes Ereignis.

Ein anderes stählernes technisches Denkmal, das noch nicht so viele Jahre auf dem Buckel hat, konnte glücklicherweise am Neuen Hafen erhalten und saniert werden: Eingebettet in ein Neubauensemble aus einem Büro- und einem Wohngebäude ist der Verladekran der ehemaligen Kiesumschlagsanlage dort die letzte erhalten gebliebene, weithin erkennbare Spur, die einen Hinweis auf die ehemalige Bedeutung der Hafenwirtschaft als Keimzelle der heutigen Stadt Bremerhaven gibt.


Die ersten ruhigen Stunden zur Einstimmung auf die Adventszeit und den bevorstehenden Jahresausklang konnte ich am ersten Adventswochenende beim Adventsmarkt in und um die Pauluskirche erleben. Gespräche mit Gästen auf dem Turm, der Blick am Abend auf die Lichter der Stadt oder die Eindrücke vom Treiben in der Kirche während der Wartezeit zwischen den Turmführungen lenkten meine Gedanken in andere Richtungen ...


Diese kleine Auswahl aus der Vielzahl der Ereignisse des letzten Jahres in meiner unmittelbaren Umgebung und den Einflüssen von politischen Entscheidungen und Vorgängen jenseits des regionalen Tellerrands, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist mein ganz persönlicher Jahresrückblick, der den Einen oder die Andere unter euch vielleicht an Dinge erinnert, die in der heutigen Flut der Nachrichten allzuschnell in Vergessenheit geraten ...

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