Seit dem offiziellen Baubeginn des Bremerhavener Hafentunnels sind noch nicht einmal ganz acht Monate vergangen, aber bereits jetzt werden weitere Kostensteigerungen sichtbar.
Herr Grantz (SPD, Oberbürgermeister) hat mit einer Rede in der Bremer Bürgerschaft, vor der Wirtschaftsdeputation des Landes für den Hafentunnel geworben - und um Zustimmung für die Bewilligung weiterer Mittel zur Finanzierung des Projekts gebeten.
Die neuen Kostensteigerungen scheinen ihn allerdings nicht weiter zu beunruhigen. Die Bremerhavener Nordsee-Zeitung zitiert die ihn in ihrer Print-Ausgabe vom 03.07.2014 mit den Worten (Zitat): ".. eine Verteuerung bei der Ausschreibung von sechs Prozent liegt absolut im Rahmen." In Zahlen liest sich das in der Nordsee-Zeitung so (Zitat): ".. 8,4 Millionen Euro liegt das Mindestgebot nach der Ausschreibung über den kalkulierten Kosten von 137 Millionen Euro. .."
Als Quelle für die Zahlen wird eine Kalkulation aus dem Jahre 2011 angegeben. Da die Kostensteigerung - nach der Ausgabe aller anderen Mittel - erst im Jahre 2018 offensichtlich geworden wäre, sei die Offenlegung der Mehrkosten zu diesem Zeitpunkt, so Herr Grantz, ehrlich und transparent.
Noch im November des letzten Jahres war von weiteren Kostensteigerungen allerdings keine Rede gewesen. In einem Filmbericht von Radio Bremen anlässlich der Feier zum Baubeginn am 22.11.2013 hatte Herr Grantz auf die Frage der Reporterin, ob 'da eigentlich schon ein kleines Polster mit eingerechnet wurde?' geantwortet (Zitat): "Natürlich wurden auch immer Polster berücksichtigt."
Doch zurück zum aktuellem Bericht der Nordsee-Zeitung. Auffälligerweise habe - mit Ausnahme Herrn Günthners (SPD, Wirtschaftssenator) - niemand die Argumente des Oberbürgermeisters für die Fortsetzung der Baumaßnahmen für den Hafentunnel mit eigenen Beiträgen unterstützt. Trotzdem hätten dann - abgesehen von den Linken - alle Deputierten einem weiteren Zuschuss des Landes, mit dem die Kostensteigerung für den Hafentunnel aufgefangen werden soll, zugestimmt.
Die Zeitung erwähnt in ihrem Bericht, es habe kritische Stimmen aus den Reihen der CDU gegeben - leider jedoch, ohne weiter auf den Inhalt der Kritiken einzugehen. Stattdessen heißt es nur, Herr Bödeker (CDU, u.a. Stadtverordnetenfraktion, Vorsitzender) habe daran erinnert, dass das Projekt in der Stadt umstritten ist, und dass die Verkehrsprobleme zu Baubeginn sowie die jetzt offengelegte Kostensteigerung Wasser auf die Mühlen der Tunnelgegner seien.
Damit hat er zweifellos Recht. Als Kritik am Tunnelprojekt kann man seine Anmerkung aber wohl kaum bezeichnen. Für mich klingt das eher so, als wäre es ihm lieber gewesen, wenn die Tunnelgegner jetzt noch nicht über die weitere Kostensteigerung informiert gewesen wären.
Herr Kau (CDU, Bürgerschaftsabgeordneter) wurde der Nordsee-Zeitung zufolge mit seinem Hinweis auf den Bericht des Rechnungshofs, in dem die nicht gegebene Wirtschaftlichkeit (Nutzen-/Kosten-Verhältnis) des Projekts kritisiert wird, schon konkreter. Aufgrund einer seit März dieses Jahres vorliegenden Anzeige ermittelt darüber hinaus in diesem Zusammenhang derzeit die Staatsanwaltschaft. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Mitglieder der Wirtschaftsdeputation ruhigen Gewissens der Bewilligung weiterer 8,4 Millionen Euro zustimmen konnten.
Zahlen
In der Vergangenheit war bereits von weitaus höheren Projektkosten die Rede gewesen, als von den im Bericht der Nordsee-Zeitung genannten 137 Millionen Euro aus dem Jahre 2011. So konnte man am 08.05.2013 in einem Artikel des Online-Magazins "Laufpass" nachlesen, dass der Genehmigung für den Hafentunnel Projektkosten in Höhe von rund 160 Millionen Euro zugrunde lagen. Eine Überprüfung im Jahre 2010 - also bereits ein Jahr vor dem jetzt in der Nordsee-Zeitung genannten, um 23 Millionen Euro geringeren, Betrag - habe es dann eine Kostensteigerung auf 171,3 Millionen Euro ergeben.
Die auf 171 Millionen Euro angehobene Kostenkalkulation taucht übrigens am 20.11.2013 auch in einem Bericht der Nordsee-Zeitung auf. Wie es damals hieß, seien dabei noch nicht einmal alle Risiken wie Stahlpreise, Bodenverhältnisse und Entschädigungsleistungen berücksichtigt worden. Die jetzt in der Nordsee-Zeitung genannten 137 Millionen Euro wollen da irgendwie nicht wirklich ins Bild passen. Oder habe ich seit Ende des letzten Jahres vielleicht etwas übersehen?
Ebenfalls nicht berücksichtigt sind in den 171,3 Millionen Euro die Planungskosten in Höhe von 29,2 Millionen Euro, so dass die reinen Investitionskosten - unter Berücksichtigung der jetzt zusätzlich bewilligten Gelder - bisher eher bei 210 Millionen Euro liegen werden, als bei der jetzt in der Nordsee-Zeitung genanten 'Kosten-Kalkulation aus dem Jahre 2011'. Wie einem Online-Artikel auf der Internetseite von Radio Bremen vom 20.11.2013 zu entnehmen ist, schreibt das Haushaltsrecht des Bundeslandes Bremen ebenso die Einbeziehung der Planungskosten in die Kalkulation vor, wie auch die bisher gleichfalls außen vor gelassenen jährlichen Folgekosten, die auf jährlich 800000 Euro geschätzt würden.
Mit den - laut Herrn Grantz - 'natürlich immer auch berücksichtigten Polstern' kann es wohl nicht allzuweit her sein. Angesichts dieser Summen verschwinden die jetzt zusätzlich bewilligten 8,4 Millionen Euro allerdings beinahe im Grundrauschen der - der insbesondere aufgrund weiterer zu befürchtender Kostensteigerungen - Höhe der Gesamtkosten nach Abschluss des Projekts.
- "Wir können nicht alle halbe Jahre die Kosten berechnen lassen. Das kostet schließlich auch Geld."
(Melf Grantz in der Nordsee-Zeitung vom 03.07.2014)
Anmerkung:
Andere Projektmanager, die mit Drittmitteln arbeiten, zeichnen sich gerade auch dadurch aus, dass sie die Kosten ihrer Projekte ständig im Blick behalten, um notfalls zeitnah regulierend eingreifen zu können. Für Politiker, die nach Belieben über unsere Steuergelder verfügen, scheint dies offenbar nicht zwingend notwendig zu sein.
(Quellen: Laufpass vom 08.05.2013, Nordsee-Zeitung vom 20.11.2013, Radio Bremen vom 20.11.2013 und vom 22.11.2013)
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