Dienstag, 13. Januar 2015

Leichenschänder

Dass diejenigen, die auf die Hetzkampagnen rechtsnationaler Blender hereinfallen, keinen Unterschied machen zwischen religiös verblendeten, gewaltbereiten Islamisten und denjenigen, die deren Gewaltherrschaft entkommen konnten und jetzt bei uns Schutz suchen, zeigen auch hierzulande die Parolen auf den Transparenten bei den Pegida-Demonstrationen.

Vor Weihnachten haben die Pegida-Anhänger und -Mitläufer christliche Weihnachtslieder missbraucht um damit gegen genau die christlichen Werte zu demonstrieren, die ihnen angeblich so sehr am Herzen liegen. Wer gemeint hat, das sei an Perfidie wohl kaum noch zu übertreffen, der muss seine Meinung angesichts des als "Trauermarsch zum Gedenken an den Tod der Terroropfer von Paris" getarnten Aufrufs der Pegida-Vorbeter zur gestrigen Demonstration in Dresden korrigieren.

Von dem beabsichtigten "stillen Trauermarsch" ist dann aber wohl doch nichts geworden. Einem Bericht des Spiegels vom 13.01.2015 zufolge wurde der geforderte Trauerflor von so gut wie niemandem getragen.

Als die Opfer des islamistischen Terroranschlags auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" noch lebten und ihre Texte und Karikaturen unter anderem auch den tumben Rechtspopulismus aufs Korn nahmen, wurden sie von den ultrarechten Demagogen noch als "Handlanger der Lügenpresse" bezeichnet. Jetzt sind die ermordeten Satiriker und Karikaturisten den rechtsradikalen Leichenschändern eine willkommene Beute, die sich prima als Vorwand für die eigene Hetze gegen den Islam und friedliebende Muslime missbrauchen lässt. Das ist widerwärtig!


Frau Le Pen und ihre Partei "Front National" (FN) in Karikaturen des Satiremagazins "Charlie Hebdo":
Links: Ihren Hitlerbart zieren die Worte: "Je ne suis pa d'extreme droite" (Ich bin nicht rechtsextrem) - Mitte: "Skinheads? Connais pas!" (Skinheads? Kenn' ich nicht!) - Rechts: "Le programme du FN en trois mots: Bang! Bang! Bang!" (Das Programm des FN in drei Worten: Bang! Bang! Bang!) - Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken ...
Es dürfte wohl allgemein bekannt sein, dass sich das Gedankengut der Nazis aus der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus längst über die Grenzen Deutschlands hinweg ausgebreitet hat. Das Pendant zur hiesigen rechtsradikalen NPD ist beispielsweise der "Front National" (FN) in Frankreich. Dessen Vorsitzende, Frau Le Pen, erinnerte nach dem Terroranschlag auf "Charlie Hebdo" daran, dass ihre Partei schon seit längerem auf die Gefahr des islamistischen Fundamentalismus hingewiesen habe.

Ungeachtet dessen, dass auch sie und ihr FN Gegenstand der Satiren und Karikaturen in diversen "Charlie Hebdo" Ausgaben waren, missbrauchen auch Frau Le Pen und ihr FN in abscheulicher Weise die Opfer der islamistischen Terroristen: Als Vorwand für ihre Forderung, die Todesstrafe in Frankreich einzuführen. Und auch Frau Le Pen ist dafür bekannt, dass sie sich nicht immer die Mühe macht, zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden.


Dem Hass der ewig gestrigen ...

Brandanschlag solingen 1993
Nach dem rechtsradikalen Brandanschlag von Solingen im Mai 1993
(© Sir James,CC: BY-SA)
Der Leipziger Ableger der Pegida, Legida, machte sich gestern keine Mühe seine rechtsradikalen Motive zu verbergen. Von "deutscher Leitkultur" gegen "religiösen Fanatismus", "Islamisierung" und "Multikulti" ist dort die Rede und davon, dass das deutsche Volk von Volksverrätern, die jeden Patriotismus mit Gewalt bekämpfen, fremd bestimmt werde. Der Staat stelle bezahlte Schlägertrupps auf, um die Menschen vom Demonstrieren abzuhalten.

Achtzig Prozent der muslimischen Jugendlichen seien  Sympatisanten des IS. Muslimen solle in Deutschland verboten werden, für ihren Glauben zu werben - eine Forderung, die eindeutig gegen den Artikel 4 des Grundgesetzes verstößt. Außerdem müsse der "NSU-Schwindel" aufgedeckt werden und es müsse Schluss sein mit dem "Kriegsschuld Kult".


... etwas entgegensetzen

Auf der anderen Seite stellten gestern Abend in Leipzig allerdings mehr als 30000 Gegendemonstranten klar, dass die Legida-Anhänger und Mitläufer, die weniger als 5000 Demonstranten mobilisieren konnten, nicht die Mehrheit der Bürger in ihrer Stadt repräsentieren. "Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" oder "Refugees Welcome" (Flüchtlinge willkommen) ist auf deren Bannern zu lesen.

Am Weltbild in den Köpfen der Rechtsradikalen wird sich kurzfristig wohl kaum etwas ändern lassen. Es ist jedoch höchste Zeit, dass die Politik dem allgemeinen Frust über die "Arroganz der Mächtigen", sowie der verbreiteten Politikverdrossenheit, die sich in Äußerungen wie: "Die da oben machen ja doch was sie wollen" äußert, etwas entgegensetzt. Auch wenn es schwierig sein sollte, muss versucht werden, mit den Mitläufern der Pegida und deren Ablegern ins Gespräch zu kommen, um deren Motive für die Teilnahme an Pegida-Demonstrationen zu verstehen und ggf. mit Argumenten entkräften zu können.

Je länger der Hass der Rechtsradikalen sich frei entfalten kann, desto größer ist die Gefahr, dass deren Parolen auch hierzulande auf fruchtbaren Boden fallen und letztlich in Gewalt umschlagen. Abschreckende Beispiele, wie das Vorgehen des aufgebrachte Mobs gegen die Asylantenunterkunft in Rostock-Lichtenhagen, der rechtsradikale Brandanschlag von Solingen oder die Mordserie des NSU gibt es hierzulande schon viel zu viele.


Wer den Parolen der Pegida und deren Ablegern etwas Sichtbares entgegensetzen möchte, aber keine Gelegenheit hat, an einer Demonstration gegen die ausländerfeindlichen Parolen der Pegida teilzunehmen, der kann sich an einer Online-Aktionen beteiligen:

"Satire ist, wenn zwar nicht alle, aber doch unüberhörbare Pegida-Anhänger wochenlang in Dresden schreien: "Lügenpresse, halt die Fresse!" und gestern mit Trauerflor der toten Redaktionsmitglieder aus Frankreich gedenken wollten."

Presseschau der Ostthüringer Zeitung vom 12.01.2015


(Quellen: Morgenweb des Nachrichtenportals Rhein-Neckar vom 13.01.2015
Leipziger Volkszeitung vom 13.01.2015, Die Zeit vom 13.01.2015, Deutsche Welle vom 13.01.2015, Der Spiegel vom 13.01.2015, Tagesschau vom 12.01.2015, Neue Züricher Zeitung vom 12.01.2015, Ostthüringer Zeitung vom 12.01.2015, Wikipedia )

1 Kommentar:

Hermann hat gesagt…

Es ist einfach schrecklich! Diese verblendeten Menschen!

Kommentar veröffentlichen



Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.

Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.


Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.

Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!

Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.