In einem Online-Artikel zur Abstimmung schreibt "Heise News", in dem geänderten Text der Verordnung werde die Netzneutralität klar als Grundsatz definiert. Demzufolge werde "der gesamte Internetverkehr gleich und ohne Diskriminierung, Einschränkung oder Störung unabhängig von Absender, Empfänger, Art, Inhalt, Gerät, Dienst oder Anwendung behandelt".
Der Erfolg für ein freies Internet ohne Drosselungen der Übertragungsgeschwindigkeit, die sich nur mit zusätzlichen Gebühren hätten aufheben lassen, ist unter anderem auch auf den öffentlichen Protest der Bürger zurückzuführen. Etwa 175.000 Menschen hatten die Online-Petion mitgezeichnet, die das demokratische Netzwerk Campact in Kooperation mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen, der "Digitalen Gesellschaft", "Digitalcourage" und "European Digital Rights" initiiert hatte.
Wie Campact in einer E-Mail an seinen Verteiler berichtet, hatte eine EU-Abgeordnete die Unterschriften, die Campact der Fraktion überreicht hatte, bei der Aussprache im Plenum hochgehalten. Ihre Stimme sei angekommen: Die Mehrheit der EU-Abgeordneten habe die Bedenken der Bürger ernst genommen.
Jetzt würden Rat und EU-Parlament über die Verordnung verhandeln. Falls sie sich nicht einig werden sollten, könne die Verordnung noch einmal zu einer zweiten Abstimmung in EU-Parlament verhandelt werden.
Große Internetanbieter, wie die Telekom und deren Lobbys, hatten nichts unversucht gelassen, um so etwas wie eine Überholspur im Internet aufbauen zu dürfen. Gegen Aufpreis hätten sie beispielsweise die Daten ihrer Video- oder Musikstreamingdienste schneller zu ihren Kunden übertragen können, während alle anderen Streamingdienste sich mit dem Rest der verfügbaren Bandbreite und somit auch mit geringeren Übertragungsgeschwindigkeiten und geringeren Qualitäten hätten zufrieden geben müssen.
Nutzer, die das Geld für kostenpflichtige Internetdienste ausgeben können, wären gegenüber finanzschwachen Internetnutzern klar im Vorteil gewesen. Am 03.04.2014 zitierte das Nachrichtenmagazin ZDF-Heute auf seiner Internetseite Herrn Albrecht (Die Grünen, Europaparlament) dazu mit den Worten: "Den Providern wie der Telekom wird verboten, das Internet auszuverkaufen. Damit wird sichergestellt, dass das Internet in keinem Fall gedrosselt wird." Private Nutzer und kleine Firmen werden damit weiterhin die gleichen Chancen auf einen schnellen Transport ihrer Daten im Netz haben, wie die großen, finanzstarken Internetkonzerne.
Europawahl 2014 - wichtig ...
Dieser Vorgang zeigt einmal mehr, dass es sich lohnt, wenn die Bürger gemeinsam und öffentlich für ihre Interressen gegen die Lobbys der großen Konzerne eintreten, sobald sie merken, dass diese ihre bürgerlichen Freiheiten zugunsten ihrer Profite einschränken wollen.
... für Verbraucher und Klimaschutz
Und er zeigt, dass die Europawahl am 25.05.2014, deren Augang die neue Zusammensetzung des Europäischen Parlaments für die kommende Legislaturperiode bestimmt, eine wichtige Wahl ist. Vom Ausgang der Wahl wird es beispielsweise abhängen, ob der Verbraucherschutz gegen die Macht Gentechnik-Agrarkonzerne, die Position gegenüber der Lobby der fossilen Industrie - die sich gegen notwendige Ma0nahmen für einen nachhaltigen Klimaschutz wehrt - oder gegen die Macht der Atomkonzerne etc. gestärkt wird.
Mit Blick auf den internationalen Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe könnte sich der Ausgang der Wahl weit über die Grenzen der Europäischen Union hinaus auswirken ... - sofern das zukünftige Europäisches Parlament, sich offensiv für eine weltweite Energiewende und für die Bewahrung der Lebensgrundlagen aller kommenden Generationen einsetzt.
... für die Bewahrung demokratischer Selbstbestimmung
Und es wird darauf ankommen, dass die Parlamentarier im zukünftigen Europäischen Parlament sich gegen die Aushebelung demokratischer Grundrechte im Zusammenhang mit den unter Ausschluss der Öffentlichkeit - dafür aber mit Beteiligung diverser Wirtschaftslobbys - geführten Verhandlungen zum "Transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen" (TTIP) durchsetzen können.
Bekannt geworden ist inzwischen, dass Konzernen das Recht eingeräumt werden soll, vor sogenannten "Schiedgerichten" gegen demokratisch legitimierte Gesetze einzelner Vertragsstaaten klagen können, die sie in ihren Freiheiten einschränken. Die Verhandlungen vor diesen Gerichten sollen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das Ergebnis wäre ein Generalangriff gegen die demokratische Selbstbestimmung der Staaten, gegen die Rechte der Arbeitnehmer, gegen den Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutz und vieles mehr.
- Im Klartext:
Die bisherige Gesetzgebung demokratischer Staaten würde durch die Diktatur der Konzerne ersetzt werden. Das wäre der Anfang vom Ende der Demokratie
Analog zu den TTIP Verhandlungen mit der EU verhandeln die USA mit Ländern im Pazifik-Raum über das "Transpazifische Freihandelsabkommen" (TIP), das für die Menschen in den davon betroffenen Ländern ähnliche Auswirkungen hätte, wie bei uns das TTIP.
Bürger gegen TTIP und TIP
Die trotz aller Geheimhaltung bisher durchgesickerten Details sind so alarmierend, dass sich dagegen internationaler Widerstand organisiert. Im folgenden sind die mir bekannten Online-Petitionen von sechs Organisationen aufgeführt, die sich dagegen zur Wehr setzen:
350.org:
The Trans-Pacific Partnership (TPP) will massively boost corporate power at the expense of our climate and environment, human and workers’ rights, sovereignty and democracy. We strongly urge you to publish the text of the TPP as it stands now, reject proposals that would undermine your regulatory power and oppose this corporate power-grab
Das Trans-Pazifische Partnerschaftsabkommen (TPP) wird die Macht der Konzerne auf Kosten des Klimas, unserer Umwelt, der Menschenrechte, der Arbeitnehmerrechte, die Souveränität und der Demokratie massiv ausweiten. Wir forden Sie dringend auf, den Text des TPP in der derzeitigen Fassung zu veröffentlichen, Vorschläge zurückzuweisen, die Ihre gesetzgeberische Macht unterminieren und sich dieser Machtergreifung durch die Konzerne zu widersetzen.
SumOfUs:
Promise to protect our democracies from corporate lawsuits, and stop the secret TPP and TTIP trade pacts.
Versprechen Sie uns, dass Sie unsere Demokratie vor Klagewellen durch Konzerne bewahren und die geheimen Handelsabkommen TTP und TTIP stoppen werden.
Umweltinstitut München:
Wir wollen:
- Die mühsam erkämpften europäische Verbraucherschutz und Gesundheitsstandards erhalten
- Eine kleinbäuerliche und ökologische Landwirtschaft erhalten und schützen
- Klima- und Umweltschutzauflagen sowie das Vorsorge- und Verursacherprinzip in Europa und in Deutschland aufrechterhalten
- Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie Trinkwasserversorgung oder Bildung sollen in demokratisch legitimierter öffentlicher Hand bleiben
- Unser Grundgesetz und Rechtssystem vor intransparenten Schiedsgerichten ohne Berufung oder Revision und demokratische Kontrolle schützen.
Campact:
TTIP: Verkauft nicht unsere Zukunft!
Das geplante Freihandels-Abkommen TTIP zwischen der EU und den USA dient den Interessen der Konzerne und nicht uns Bürger/innen:
- TTIP höhlt Demokratie und Rechtsstaat aus: Ausländische Konzerne können Staaten künftig vor nicht öffentlich tagenden Schiedsgerichten auf hohe Schadenersatzzahlungen verklagen, wenn sie Gesetze verabschieden, die ihre Gewinne schmälern.
- TTIP öffnet Privatisierungen Tür und Tor: Das Abkommen soll es Konzernen erleichtern, auf Kosten der Allgemeinheit Profite bei Wasserversorgung, Gesundheit und Bildung zu machen.
- TTIP gefährdet unsere Gesundheit: Was in den USA erlaubt ist, würde auch in der EU legal – so wäre der Weg frei für Fracking, Gen-Essen und Hormonfleisch. Die bäuerliche Landwirtschaft wird geschwächt und die Agrarindustrie erhält noch mehr Macht.
- TTIP untergräbt die Freiheit: Es droht noch umfassendere Überwachung und Gängelung von Internetnutzern. Exzessive Urheberrechte erschweren den Zugang zu Kultur, Bildung und Wissenschaft.
- TTIP ist praktisch unumkehrbar: Einmal beschlossen, sind die Verträge für gewählte Politiker nicht mehr zu ändern. Denn bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen. Deutschland allein könnte aus dem Vertrag auch nicht aussteigen, da die EU den Vertrag abschließt.
AVAAZ:
Als besorgte Bürger aus aller Welt fordern wir Sie auf, den Verhandlungsprozess der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) für alle transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Wir rufen Sie auf, jegliche Pläne abzulehnen, die unsere Regierungen in ihrer Fähigkeit einschränken, im öffentlichen Interesse zu walten. Die TPP ist eine Gefahr für die Demokratie, sie untergräbt die staatliche Souveränität, die Rechte der Arbeitnehmer, den Umweltschutz und die Internetfreiheit. Bitte verhindern Sie dringend, dass Unternehmen soviel Macht ergattern.
Attac:
Gemeinwohl vor Wirtschaftsinteressen: Handelsabkommen TTIP und CETA stoppen!
Eine Botschaft an die Kandidatinnen und Kandidaten für das EU-Parlament
Derzeit verhandelt die EU mit den USA und Kanada über weitreichende Handels- und Investitionsabkommen (TTIP und CETA). Wir erklären als Bürgerinnen und Bürger:
- Wir fordern ein Ende intransparenter Verhandlungen hinter verschlossenen Türen und eine demokratische Neugestaltung der EU-Handelspolitik.
- Eine Schwächung bestehender Arbeitnehmerrechte, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards sowie Finanzmarktregeln durch TTIP oder CETA ist inakzeptabel. Auch eine Einschränkung zukünftiger politischer Handlungsspielräume lehnen wir ab.
- Banken und Konzerne dürfen keine neuen Klagerechte gegen Staaten (Investor-State-Dispute-Settlement, ISDS) vor privaten Schiedsgerichten erhalten, durch die sie demokratisch getroffene Entscheidungen hintertreiben können.
- Aus diesen Gründen müssen die Verhandlungen zu TTIP und CETA sofort abgebrochen werden. Wir fordern die Mitglieder des EU-Parlaments auf, sich offen für ein Ende dieser Verhandlungen einzusetzen und, sollten die Verträge dennoch zur Ratifizierung vorgelegt werden, diese zu verweigern.
(Quellen: Die Zeit vom 03.04.2014, Der Spiegel vom 03.04.2014, taz vom 03.04.2014, Heise News vom 03.04.2014, ARD-Tagesschau vom 03.04.2014, ZDF-Heute vom 03.04.2014, Europawahl 2014, 350.org, SumOfUs, Umweltinstitut München, Campact, AVAAZ)
2 Kommentare:
@Anonym":
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TTIP ist nur ein Beispiel, welches zeigt, dass die Regierungsleistung in diesem Land weiter abnimmt bzw. immer mehr Bürger aber auch Unternehmen belastet mit weitreichenden Folgen. Insbesondere bei einem Abkommen wie dem TTIP sind langfristige negative Auswirkungen möglich. Umso mehr bedarf es einer öffentlichen Diskussion und öffentlichen Teilhabe an dem Entstehungsprozess.
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