Sonntag, 9. November 2014

Europa, die schnellste Schnecke des Planeten

Die CDU ist die derzeit einflussreichste Partei, wenn es um die Erschließung neuer Braunkohletagebaugebiete und die Stromerzeugung in Braunkohlekraftwerken geht. Die CDU ist auch die Partei, die sich mit dem Prädikat "Atomausstiegspartei" schmückt, aber gleichzeitig weiterhin an der Herstellung und dem Export von Brennelementen "Made in Germany" festhält oder die Subvention für den Bau neuer Atomkraftwerke in Großbritanien unsterstützt. Und seit 2005 stellt diese Partei mit Frau Merkel die Bundeskanzlerin.

In dieser Zeit hat sie maßgeblich dafür gesorgt, dass das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) zulasten der Bürger und zugunsten von Wirtschaft und Industrie dermaßen kaputtreformiert wurde, dass sein Name inzwischen nicht viel mehr als eine leere, irreführende Worthülse ist. Die CDU ist damit die Partei, die maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass es mit der Umsetzung der Energiewende in Deitschland längst nicht so schnell vorangeht, wie es eigentlich möglich gewesen wäre und wie es die Mehrheit der Bundesbürger fordert.

Am 30.10.2014 trafen sich die Vertreter der Regierungen der EU Mitgliedsländer in Brüssel zum EU-Klimagipfel. Das Ergebnis: Bis 2030 wollen die EU-Staaten - bezogen auf 1990 - 40 Prozent weniger CO2 emittieren. Um das zu erreichen, soll bis dahin 27 Prozent des Energiebedarfs mithilfe regenerativer Energiequellen gedeckt und die Energieeffizienz soll um 27 Prozent erhöht werden. Anfang des Jahres war auf EU-Ebene schon einmal über einen Anteil von 30 Prozent regenerativer Energien am europäischen Energiemix geprochen worden.

Bereits im April 2012 hatte die Bundesregierung verkündet, sie wolle die CO2-Emissionen hierzulande um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 verringern - allerdings bereits bis 2020, also 10 Jahre früher, als es jetzt in Brüssel für die EU verabredet worden ist.

Leider fehlten die Taten, die nach diesen Worten notwendig gewesen wären, um dieses Ziel zu erreichen. Die klimaschädlichen Emissionen steigen munter weiter. So wurden im Jahre 2013 rund 951 Millionen Tonnen klimarelevante Gase emittiert, was einem Anstieg um 1,2 Prozent gegenüber 2012 entspricht.

Die Europäische Union ist seit ihrem Klimagipfel in Brüssel zwar die erste Wirtschaftszone, die sich - ohne Vorbedingungen an den Rest der Welt zu stellen - verbindliche Ziele bis 2030 verordnet hat. Letztlich ist sie jedoch an den alten Gedankenmustern und Machtstruturen (Wirtschaft und Industrie contra Umwelt- und Klimaschutz) gescheitert, denen es zu verdanken ist, dass die CO2-Emissionen europaweit bisher auf immer neue Rekordhöhen steigen.

Wenn Frau Merkel im Anschluss an den Klimagipfel in Brüssel sagt: "Wir hätten uns mehr vorstellen können.", dann ist das ein besorniserregende Indiz dafür, welche Chancen während des EU-Klimagipfels im Oktober 2014 verpielt wurden. In einem Artikel der taz vom 24.10.2014 heißt es dazu treffend formuliert (Zitat): ".. Europa ist wieder Vorreiter im Klimaschutz. Die schnellste Schnecke des Planeten."

Unter dem Gesichtspunkt, dass sich der Rest der Welt - abgesehen von denen, denen das Wasser bereits bis zum Hals steht - auf globaler Ebene nicht anders verhält, als Gro0britanien (Atomkraft) oder Polen sowie einige weitere osteuropäische Staaten (Braunkohle) innerhalb Europas, dann lässt das für "den entscheidenenden UN-Klimagipfel in Paris" Ende 2015 und für die Zukunft des Lebens auf dem Planeten Erde nichts Gutes erwarten.

Vorher findet im nächsten Monat die UN-Klimakonferenz (COP20, 01.12. bis 12.12.2014) in Lima statt. Dort wird sich herausstellen, wie die Weltgemeinschaft mit Warnung der Wissenschaft umgehen wird. Deren Botschaft ist mehr als deutlich. Im Rahmen der Veröffenrlichung des Synthese-Reports des UN-Klimarats (IPCC) - einer Zusammenfassung der Inhalte der bereits veröffentlichten Berichte der einzelnen Arbeitsgruppen - am 02.11.2014 hieß es, die Menschheit müsse jetzt schnell umsteuern. Anderenfalls sei eine tiefgreifende und irreversible Klimaveränderung nicht mehr zu verhindern. Es bleibe nur noch wenig Zeit, um eine Erwärmung über zwei Grad Celsius zu verhindern.

Als wichtigste Maßnahmen nennen die Wissenschaftler den Umstieg auf CO2-arme Energiequellen und die Steigerung der Energieeffizienz. Der Großteil der fossilen Energieträger (Kohle, Eröl und Erdgas) müsse dort bleiben, wo er ist: Unter der Erde. Unglücklicherweise ist diese Botschaft beispielsweise bei den Verfechtern der Stromerzeugung in Braunkohlekraftwerken in Europa oder bei der Regierung Australiens, die den Abbau und den weltweiten Export von Steinkohle weiter forcieren will - wobei sie auch auf das Weltnaturerbe "Great Barrier Reef", dem größten Korallenriff der Erde, keinerlei Rücksicht nimmt - noch nicht angekommen.


Zum Weiterlesen:
  • Kernbotschaften des Berichts (deutsch)
    Herausgegeber: Bundesumweltministerium (BMUB), Bundesforschungsministerium (BMBF), Umweltbundesamt (UBA) und die Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle (De-IPCC)


(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 02.11.2014, der Standard vom 02.11.2014, NZZ vom 02.11.2014, taz vom 24.10.2014, Der Spiegel vom 11.04.2014, Handelsblatt vom 09.03.2014, IPCC Deutschland, Wikipedia)

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