Mittwoch, 20. Juli 2016

CETA - Volksbegehren in Bayern ist auf dem Weg

Gelegentlich dauert es etwas länger, bis die notwendige Anzahl an Stimmen für die Zulassung eines Volksbegehrens erreicht ist. In Bayern kamen dagegen bereits am Auftakt-Wochenende mehr als doppelt so viele Unterschriften für die Zulassung eines Volksbegehrens gegen das Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada - insbesondere gegen dessen "vorläufige Anwendung" - zusammen, wie unbedingt notwendig gewesen wären!

In einem Newsletter des Vereins "Mehr Demokratie e.V.", den ich vorgestern erhalten habe, heißt es dazu (Zitat):
".. am letzten Mittwoch sind wir gestartet. Menschen von über 40 Organisationen kamen vom Marienhof auf den Marienplatz in München und schritten über einen roten Teppich. Dann unterschrieben sie das Volksbegehren gegen CETA! Dazu spielte eine Blaskapelle fetzige Musik, so eine Mischung aus SKA und Balkan.

Die Menschen tanzten sogar. Und so ging es weiter! Am Samstag war unser erster bayernweiter Aktionstag. An über 500 Orten, wahrscheinlich 600, sammelten Menschen Unterschriften für das Volksbegehren. Im ersten Schritt, für die Zulassung des Volksbegehrens, müssen wir 25.000 Unterschriften sammeln. Es wurden so viele Listen bestellt, dass wir 10.000 Listen nachdrucken mussten.

Ich bin seit über 15 Jahren aktiv für Mehr Demokratie, ich kenne die Kraft der direkten Demokratie. Aber das ist sagenhaft. An einem Wochenende wurden über 50.000 Unterschriften gesammelt! Wir kommen mit dem Zählen gar nicht mehr hinterher! Nun werden wir ein Volksbegehren beantragen und dann kommt der Volksentscheid. Mit dem Volksentscheid wollen wir das Stimmverhalten der bayerischen Landesregierung im Bundesrat festlegen.

CETA ist ein gemischtes Abkommen. Deswegen müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Selbst wenn die vorläufige Anwendung des CETA-Vertrages beschlossen würde, was wir mit aller Kraft verhindern wollen, können wir CETA noch stoppen. In Bayern können wir direktdemokratisch über CETA entscheiden. Das wünsche ich mir auch für die Bundesebene.

Ich bin froh und dankbar, für diese Ziele bei Mehr Demokratie zu arbeiten.
   
Herzliche Grüße
Susanne Socher
Vertrauensfrau des Volksbegehrens gegen CETA

P.S.: CETA und TTIP gefährden die parlamentarische Demokratie. In Zukunft würden die Entscheidungsspielräume für Gemeinden, Länder und Bund eingeengt werden.

Lesen Sie hier 7 Gründe, warum CETA & TTIP unsere Demokratie gefährden."


Mit dem Volksbegehren soll die Regierung des Freistaats Bayern dazu verpflichtet werden, sich im Bundesrat gegen CETA auszusprechen, um das Abkommen zu verhindern. Bisher wurde erreicht, dass sie sich mit dem Antrag auf die Zulassung des Volksbegehrens auseinandersetzen muss.

Für den Erfolg des eigentlichen Volksbegehrens, müssen sich innerhalb von zwei Wochen zehn Prozent der bayerischen Wahlberechtigten in den Rathäusern eintragen. Sollte dieses Zwischenziel ebenfalls erreicht werden, müsste der bayerische Landtag innerhalb von sechs Monaten über das Volksbegehren beraten.

Für den Fall, dass der Landtag das Volksbegehren ablehen sollte, ist in der Verfassung Bayerns ein Volksentscheid vorgesehen. Das Ergebnis des Volksentscheids wäre dann bindend für den Landtag und die Staatsregierung. Es sind also möglicherweise noch einige Hürden zu nehmen. Aber der Auftakt lässt hoffen.


CETA - Ein gemischtes Abkommen

Aufgrund des "Drucks von der Straße", der mehr als drei Millionen Mitzeichner der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP!" - letztlich aber wohl auch unter dem Eindruck des "überraschenden" BREXIT - hat die EU-Kommission vor einigen Tagen von ihrem ursprünglichen Plan, CETA im Alleingang durchzudrücken, Abstand genommen. CETA wird jetzt doch als gemischtes Abkommen behandelt. Neben dem EU-Parlament müssen somit auch die nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Sagt nur ein Land Nein, wäre das Abkommen gescheitert.

In Deutschland müssten wohl Bundestag und Bundesrat das Abkommen absegnen. Genau darauf setzt das Bündnis für das Volksbegehren in Bayern. Im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids gegen CETA wäre die Bayerische Staatsregierung dazu verpflichtet, im Bundesrat gegen das Freihandelsabkommen zu stimmen. Das könnte eine Kettenreaktion auslösen. Wenn auch andere Bundesländer sich dem bayerischen Votum folgen würden, würde CETA im Bundesrat scheitern. Aufgrund der großen Anzahl von Landesregierungen mit Beteiligung der Grünen stehen die Chancen dafür nicht schlecht.


CETA - Vorläufige Anwendung

Gleichwohl setzt die EU-Kommission weiterhin darauf, CETA "vorläufig anzuwenden". Ginge es nach der Kommission und dem Europäischen Rat, beträfe die vorläufige Anwendung den gesamten Inhalt des Handelsabkommens - inklusive der Sonderklagerechte multinationaler Konzerne gegen die EU und deren Mitgliedsländer, sowie der Regulatorischen Kooperation. Mit deren Hilfe soll Konzernen bereits im Vorfeld der demokratisch legitimierten Gesetzgebungsverfahren eingeräumt werden, geplante Gesetze ihren Geschäftsinteressen anzupassen oder gleich ganz zu verhindern. Wenn überhaupt, bekämen die demokratisch gewählten Parlamente erst dann die Chance, sich überhaupt damit zu befassen.

Die Bestimmungen in CETA zu den internationalen Schiedsgerichten (ISDS) und zur "Regulatorischen Kooperation" sind ein weitreichender Angriff auf grundlegende demokratische Rechte und die Gesetzgebung in der EU und in deren Mitgliedsländern, bis hinab auf die kommunale Ebene.

Selbst wenn letztlich die Zustimmung zur Ratifizierung des Handelsabkommens nicht zustande käme, blieben dessen Bestimmungen im Falle einer "vorläufigen Anwendung" noch drei Jahre darüber hinaus in Kraft! Um das zu verhindern, werden am 17. September zeitgleich in sieben deutschen Städten wieder viele Menschen ihren Protest gegen CETA und TTIP auf die Straße tragen. Außerdem wurde darüberhinaus beim Bundesverfassungsgericht eine Bürgerklage gegen CETA und dessen vorläufige Anwendung eingereicht und eine Weitere ist in Vorbereitung. Wenn wir unsere demokratischen Rechte nicht einfach so aufgeben wollen, werden wir weiterhin dafür kämpfen müssen, dass die Bundesregierung der Ratifizierung von CETA nicht zustimmt.


Zum Weiterlesen


(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 13.07.2016, Süddeutsche Zeitung vom 26.02.2016 über Klage von Marianne Grimmenstein, Mehr Demokratie e.V.: Warum ist CETA ein Demokratieproblem ist, Marianne Grimmenstein via Change.org, TTIP-Demo )

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