Dienstag, 17. Oktober 2017

Afrikanische Elefanten existentiell bedroht


Filmbeitrag des ARD-Magazins "Weltspiegel" aus dem Jahre 1989

Stell dir vor, du gehst am Wochenende - nichts Böses ahnend - irgendwo spazieren. Plötzlich stehen Männer mit Gewehren vor dir und erschießen dich. Nachdem du tot bist, brechen sie deine Zähne aus deinem Mund. Deine Leiche lassen die Mörder einfach dort liegen wo sie dich erschossen haben und verschwinden ebenso so schnell, wie sie gekommen sind ...

Du sagst, diese Vorstellung sei der absolute Horror?
Ein real gewordener Alptraum?

Für die Elefanten in Afrika ist das keine bloße Horrorvorstellung, kein Alptraum, aus dem sie - wenn auch mit "schweißgebadeten Ohren" - wieder erwachen, sondern brutale Realität. Schätzungen der Umweltorganisation WWF zufolge werden in Afrika Jahr für Jahr 20000 Elefanten von Wilderern ermordet. Ihre Stoßzähne würden als Statussymbole nach China, Vietnam und Thailand verkauft. In Tansania und in Zentralafrika seien die Elefantenpopulationen in den vergangenen Jahren um mehr als die Hälfte dezimiert worden.

In einem Bericht auf der Internetseite der englischen der Zeitung "The Guardian" vom 12.08.2016 heißt es, dass um das Jahr 1800 herum in Afrika noch etwa 26 Millionen Elefanten lebten. Heute, nach Jahrzehnten der Wilderei und der Zerstörung ihrer Lebensräume, gäbe es nur noch einen winzigen Teil der großen Herden, die einmal den afrikanischen Kontinent bevölkerten. Weniger als eine halbe Million Elefanten würden heute noch den Kontinent durchstreifen - haupsächlich in den südlichen Ländern. Insbesondere im Westen Afrikas und im bewaldeten Zentrum des Kontinents sei die Situation für die dort noch lebenden Elefanten Populationen existenzbedrohend.

Bereits seit tausenden von Jahren würden Elefanten ihrer Stoßzähne, des Elfenbeins, wegen verfolgt und getötet, heißt es weiter im Bericht des "Guardian". Nach seinem Tod - etwa 1323 Jahre v. Chr. - sei beispielsweise der Kopf des toten ägyptischen Pharaos Tutanchamun auf einem "Kissen aus Elfenbein" gebettet worden. Im nahegelegenen Syrien seien die Elefanten um etwa 500 v. Chr. wegen ihres Elfenbeins nahezu ausgerottet gewesen.

Die Erfindung des Gewehrs habe den Druck auf die Elefanten noch erhöht. Das 19. Jahrhundert sei geprägt gewesen von den Großwildjagden der europäischen Kolonialherren. Diese hätten überall auf den afrikanischen Kontinent die Auslöschung ganzer Herden zur Folge gehabt. Heute sähen sich die verbliebenen, schwindenen Populationen der Bedrohung durch lokale Jäger und moderne Wildererbanden ausgesetzt, die auf ein großes Arsenal automatischer Waffen aus den Konfliktherden Afrikas zurückgreifen können und von asiatischen Syndikaten finanziert werden.


Handelsverbot für afrikanisches Elfenbein ...

Dass dringender Handlungsbedarf zum Schutz der Elefanten besteht, ist eigentlich nichts Neues. "The Guardian" schreibt in seinem Artikel, der britische Zoologe Ian Douglas Hamilton habe - als er während der siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit einem kleinen Flugzeug über die Länder südlich der Sahara flog - das aufgedeckt, was später als der "Holocaust der afrikanischen Elefanten" bekannt wurde. Seinen Schätzungen zufolge sei die Anzahl der afrikanischen Elefanten während der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts - also innerhalb eines Jahrzehnts(!) - von einer Million auf 400000 Tiere zurückgegangen. Im Jahre 1989 berichtete auch das ARD-Magazin "Weltspiegel" über die akute Bedrohung der Elefanten Afrikas.

Nachdem die Zahl der Elefanten immer drastischer gesunken war, hatte die internationale Artenschutzkonferenz CITES auf ihrer Sitzung am 17. Oktober 1989 ein absolutes Handelsverbot für Elfenbein beschlossen. Seit 1989 werden die afrikanischen Elefanten im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) im Anhang I gelistet. Damit sind sie vom kommerziellen internationalen Handel ausgeschlossen. Aufgrund der stabilen Elefantenbestände im südlichen Afrika wurden 1997 die Populationen von Botswana, Namibia und Simbabwe sowie im Jahr 2000 von Südafrika auf CITES-Anhang II herabgestuft. Das Elfenbein dieser Tiere wird aber entsprechend einer Ergänzung dieser Listung wie Anhang I behandelt und darf daher trotzdem nicht gehandelt werden.


... mit Schlupflöchern

1999 und 2008 gewährte CITES den Staaten durch sogenannte Einmalverkäufe, ihre Lagerbestände legal an Abnehmerländer zu verkaufen. Verkauft wurden dabei registrierte Elfenbeinbestände aus Staatsbesitz, die ausschließlich von natürlich verstorbenen Elefanten stammen bzw. von Tieren, die aufgrund von Konflikten oder Überpopulation getötet werden mussten. Es darf kein Elfenbeinbein aus Beschlagnahmungen verkauft werden. Die erzielten Gewinne aus den Einmalverkäufen durften nur zum Schutz der Elefanten und für Entwicklungsprogramme der lokalen Bevölkerung in den Elefantengebieten oder den Nachbarregionen verwendet werden. Abgesehen von diesen Ausnahmen ist der Handel mit Elfenbein von Afrikanischen oder Asiatischen Elefanten nach wie vor verboten.

Das hält die Wilderer aber nicht davon ab, weiterhin Jagd auf Elefanten zu machen. In den 28 Jahren, die seit dem Bericht des "Weltspiegels" und der Listung der afrikanischen Elefanten im Jahre 1989 vergangen sind, hat sich bis heute nichts daran geändert, dass die Tiere nach wie vor vom Aussterben bedroht sind. In einem Bericht des Nachrichtensenders "n-tv" vom 07.11.2016 heißt es, die Bestände der Afrikanischen Elefanten sänken Studien zufolge - mit regionalen Schwerpunkten - um bis zu acht Prozent pro Jahr. Demnach seien die Populationen der Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana) im Wildreservat Selous in Tansania von 2009 bis 2013 um zwei Drittel zurückgegangen. Die Zahl der kleineren Waldelefanten (Loxodonta cyclotis) habe von 2002 bis 2011 um 62 Prozent abgenommen.

Das mit den "Einmalverkäufen" in den Jahren 1999 und 2008 legal auf den Markt gelangte Elfenbein (und ggf. auch noch vorhandene Bestände aus der Zeit vor Oktober 1989) erweist sich heute als Problem. Der illegale Elfenbeinhandel verwendet ähnliche Methoden wie diejenigen der internationalen Geldwäscherei. Trotz des Handelsverbots gelangen so die Stoßzähne aus der Wildererei als legal deklariertes Elfenbein auf den Markt. Im Bericht des "Guardian" heißt es, im Jahre 2015 seien um die 20000 afrikanische Elefanten umgebracht worden - mehr als geboren wurden. Chinesisches Vermögen finanziere einen Hunger nach Elfenbein, der die Elefanten Afrikas noch innerhalb der Lebenszeit der heute lebenden Menschen auszurotten droht.

Das gewilderte Elfenbein gelangt zum großen Teil als Schmuggelware nach Europa, wo es "legale" Elfenbeinbestände gibt. Unter dem Deckmantel dieser Bestände wird das nun als "Legal" deklarierte gewilderte Elfenbein überwiegend nach Ostasien transportiert. Eigentlich hätte es - denke ich - irgendwann irgend jemandem auffallen müssen, dass sich die legalen Elfenbeinbestände in Europa auf wunderbare Weise zu "vermehren" scheinen ...


Steigende Nachfrage,  höhere Profite

Im Filmbeitrag des Weltspiegels aus dem Jahre 1998 heißt es, das Gewicht des Stoßzahns eines ausgewachsenen Elefanten könne weit über einen Zentner erreichen. In der damals noch britischen Kronkolonie Hongkong hätten sich die Preise in der Zeit von 1986 bis 1988 verdoppelt. Der Stoßzahn eines ausgewachsenen Elefanten könne ein Gewicht von weit über einem Zentner - die inoffizielle Maßeinheit "Zentner" entspricht in Deutschland 50 Kilogramm - erreichen und seinem Besitzer bis zu 20000 Mark einbringen (im Zuge der Einführung des Euro zum 01.01.2002 wären das etwa 10000 Euro gewesen). Heute werden dem n-tv Bericht zufolge in China ein Pfund (also 0,5 kg) Elfenbein für etwa 1000 Dollar (das entspräche etwa 900 Euro) gehandelt. 1988 wurden demzufolge für ein Kilogramm Elfenbein 200 Euro erzielt.

Im Laufe der 28 Jahre, die seitdem bis heute vergangen sind, haben die Preise für Elfenbein noch einmal um das neunfache zugelegt. Heute werden mit 1 kg Elfenbein etwa 1800 Euro erzielt. Wenn es so weitergehen sollte, dann steht zu befürchten, dass die weiterhin zunehmende Gier nach Elfenbein den Wilderern, Schmugglern und Händlern noch höhere Profite bescheren wird - so lange jedenfalls, bis der letzte Elefant erschossen sein wird.


Analytische Methoden gegen illegales Elfenbein

Um den illegalen Elfenbeinhandel nachweisen und unterbinden zu können, haben Forscher der Universität Utah (USA, Salt Lake City), das Alter von 231 beschlagnahmten Stoßzähnen anhand der Konzentration des radioaktiven Kohnenstoff-Isotops C14 im Inneren der Stoßzähne bestimmt (Radiokarbonmethode). DNA-Abgleiche ließen Rückschlüsse auf die Herkunft des Elfenbeins zu. Wie n-tv in seinem Bericht schreibt, waren mehr als neunzig Prozent der Elefanten, von denen die Stoßzähne stammten, höchstens drei Jahre vor der Beschlagnahme getötet worden. Nur ein einziger der 231 Stoßzähne sei mit neunzehn Jahren älter als sechs Jahre gewesen.

Europa ist auch heute noch eine wichtige Drehscheibe für den "legalen" Elfenbeinhandel der als Deckmantel für den Handel mit illegalem Elfenbein dient und somit die Wilderei in Afrika fördert. Das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ schreibt in einem Newsletter vom 13.10.2017, die EU habe deswegen eine öffentliche Anhörung gestartet und Beweise gefordert. Wenn es der internationalen AVAAZ-Gemeinde gelänge, diese Beweise zu liefern, könnten wir ein vollständiges Handelsverbot mit Elfenbein in Europa erreichen. In Zusammenarbeit mit der Universität Oxford (Großbritanien) und Wildtierforschern könnten die notwendigen Analysen zur Bestimmung des Alters beschlagnahmter Stoßzähne und deren Herkunft analytisch nachgewiesen werden. Das kostet natürlich viel Geld. AVVAZ hat dafür eine Crowd Funding Initiative gestartet.

Die Anhörung der EU endet AVAAZ zufolge in wenigen Wochen. Viel Zeit bleibt also nicht mehr.

Ein generelles Einfuhrverbot für Elfenbein in die EU war auch 1989 schon einmal im Gespräch gewesen. Vielleicht könnte es jetzt gelingen, ein vollständiges Handelsverbot für Elfenbein in Europa zu erreichen. Es wäre ein wichtiges Signal und ein Anreiz für andere Länder, dem Beispiel der EU zu folgen.

Die Befürchtung Herrn Scharlaus (Weltspiegel, Moderator 1984 bis 2000) im Jahre 1989, Afrika könne bereits zur Jahrtausendwende ein Kontinent ohne Elefanten sein, ist glücklicherweise nicht eingetreten: Auch 18 Jahre später gibt es in Afrika noch wild lebende Elefanten. Der wissenschaftlich geführte Beweis für die weltweiten Wege des Elfenbeinschmuggels könnte dazu beitragen, dass sich daran - hoffentlich - auch in Zukunft nichts ändern wird. Ein vollständiges Handelsverbot für Elfenbein in Europa wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein weltweites Elfenbein-Handelsverbot, die personelle Aufstockung der Wildhüter-Teams vor Ort, sowie eine Verbesserung der technischen- und eine Anpassung der finanziellen Ausstattung der Wildhüter - wenn es nicht anders geht auch mit internationaler Unterstützung - müssen folgen.
  • Wenn es nicht gelingen sollte, den weltweiten Handel mit Elfenbein nachhaltig einzudämmen und die organisierten Wildererbanden zu besiegen, dann könnten wir das größte Landsäugetier unserer Zeit für immer verlieren. Ob die afrikanischen Elefanten dann bereits in 10 Jahren austerben würden, oder erst in 20 oder 50 Jahren ist dabei völlig irrelevant.


(Quellen: AVAAZ - Newslettwer vom 13.10.2017, ARD Tagesschau vom 21.12.2016, n-tv vom 07.11.2016, The Guardian vom 12.08.2016 [engl.], elephantcrisis vom 04.02.2016 - Madeleine Amick-Kehoe "The African Elephant Holocaust" [engl.], Conservation Action Trust vom 15.11.2014 - China and Tanzania’s Elephant Holocaust[engl.], WWF vom 23.04.2014 - Elfenbeinhandel in Asien, ARD-Weltspiegel 1989, WWF - CITES Elfenbeinhandel, Bundesamt für Naturschutz - Forschungsvorhaben "Bestimmung von Alter und Geographischer Herkunft von Elfenbein des Afrikanischen Elefanten", Wikipedia )

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