Samstag, 23. Juli 2016

Schießerei in München - Amoklauf oder Terrorist?

Heute Morgen habe ich erfahren, dass gestern Abend in München zehn Menschen erschossen und sechzehn verletzt worden sind. Aktuell heißt es seitens der Polizei in München, die Ermittlungen würden sich auf die Frage konzentrieren, ob es sich um einen Amoklauf oder um Terroranschlag handelte.

Derzeit sei es für Rückschlüsse noch zu früh. Bekannt sei bisher nur, dass es sich bei dem Mörder um einen 18-jährigen Deutsch-Iraner handele. Mit hoher Wahrscheinlichkeit habe er die Tat alleine begangen (Newsticker der Tagesschau -- 23.07.2016, 05:47 Uhr).

Für Herrn Hollande (Frankreich, Präsident) steht jedoch bereits fest, dass es sich um einen "terroristischen Anschlag" handelt. (Newsticker der Tagesschau -- 23.07.2016, 05:02 Uhr, Zitat): "Der terroristische Anschlag, der München getroffen und viele Menschen getötet hat, ist ein abscheulicher Akt mit dem Ziel, nach anderen Ländern auch in Deutschland Angst zu schüren." Deutschland könne auf die Unterstützung Frankreichs zählen er werde deswegen noch im Tagesverlauf mit Bundeskanzlerin Merkel sprechen.

Wenn ein Deutscher geschossen hätte, dann hätte Herr Hollande vielleicht nicht unbedingt sofort von einem Terroranschlag gesprochen. Bei einem um sich schießenden "Deutsch-Iraner" hat er die "deutsche Hälfte" aber offenbar erfolgreich übersehen. Und dass ein schießwütiger Iraner, der wahllos Menschen umbringt, selbstverständlich ein Terrorist ist, steht für Herrn Hollande offenbar zweifellos außer Frage.

Vor dem Hintergund seines von Terroranschlägen mehrfach schwer getroffenen Landes kann ich die Gedanken des Präsidenten Frankreichs sogar nachvollziehen. Auch für Herrn Obama (USA, Präsident) steht scheinbar außer Frage, dass der Mörder München ein Terrorist ist. Der Tagesspiegel schreibt in einem Bericht vom 23.07.2016, unmittelbar nach der Schießerei er habe die Hilfe seines Landes zugesagt (Zitat): "Deutschland ist einer unserer engsten Verbündeten, also bieten wir all die Unterstützung an, die sie bei der Bewältigung dieser Lage nötig haben können."

Auch für mich steht fest, dass wir in Deutschland schon längst nicht mehr sicher vor Terroranschlägen religiöser Fanatiker sind. Trotzdem ist es jetzt wichtig, die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten. Ich habe aus den Ereignissen seit den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 gelernt, dass es von der bisher unbewiesenen Behauptung, der Mörder sei ein Terrorist, bis zum Ruf nach militärischer Vergeltung möglicherweise nur ein kleiner Schritt ist.

Sollte sich dann nachträglich herausstellen, dass die Schießerei ein Amoklauf war, wäre es sehr schwer, die Lage wieder zu deeskalieren. Ich bin davon überzeugt, dass man Terroristen sinnvollerweise nur mit polizeilichen Mitteln begegnen kann. Alles andere liefe darauf hinaus, "mit Kanonen auf Spatzen zu schießen" und dabei weitere unschuldige Opfer in Kauf zu nehmen.
Was bleibt ist, wie schon so oft, ein Gefühl der Hilflosigkeit im Angesicht derart sinnloser Gewalt. In Gedanken bin ich bei den Opfern, ihren Familien und Freunden.


(Quellen: Tagesspiegel vom 23.07.2016, Merkur vom 23.07.2016, RP-Online vom 23.07.2016, Newsticker der Tagesschau )

Freitag, 22. Juli 2016

Abschied von einem erfolgreichen Stadtplaner

Heute wird Herr Friedrich (Stadtplanungsamt, Leiter) in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Als Stadtplaner war er immer jemand, der sich von den jeweils regierenden Politikern nicht verbiegen ließ, sondern immer seine eigenen Ideen einbrachte - und sich für deren Umsetzung einsetzte, auch wenn er damit bei dem einen Politiker oder bei der anderen Politikerin vielleicht nicht gerade auf Gegenliebe stieß.

Die Nordsee-Zeitung zitiert ihn dazu in ihrer Ausgabe vom 19.07.2016 mit den Worten (Zitat): "Koalitionsverträge sollten eine Richtung vorgeben. .. Sie sind aber keine Gebetsteppiche." .. Er plädiere auch weiterhin für "mehr intellektuelle Auseinandersetzung zwischen Politik und Verwaltung", wisse aber auch: "Um was zu ändern, brauchst du viele Freunde, denn Feinde hast du sowieso."

Damit, dass er frühzeitig damit begann, Drittmittel aus Förderprogramm nach Bremerhaven zu holen, um dringend notwendige Sanierungs- und Umbaumaßnahmen finanzieren zu können, hat Herr Friedrich sich um die unter den strukturellen Umbrüchen der letzten Jahrzehnte leidende Stadt, insbesondere aber auch um das Leher Goethe-Quartier verdient gemacht. Die Sanierung der Hafenstraße, der Umbau des Ernst-Reuter-Platzes oder die originalgetreue Wiederherstellung der Fassade und der Dachelemente der Schule-am-Ernst-Reuter-Platz (ehemals Lessingschule) wären ohne die Akquise von Fördermitteln wohl nicht möglich gewesen. Ebenfalls in diese Rubrik gehört der Umbau und die Erhaltung der ehemaligen Theodor-Storm-Schule, deren Nachnutzungskonzept mit dem Nationalen Preis für Integrierte Stadtentwicklung und Baukultur ausgezeichnet wurde.

Hervorzuheben ist auch der Einsatz Herrn Friedrichs für die privaten Eigentümer und seine Initiative zur Gründung der "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe" (ESG-Lehe e.V.). Dafür sage ich an dieser Stelle ausdrücklich "danke":
Lieber Norbert,

ich danke dir für deinen unermüdlichen Einsatz für die von der Politik lange vernachlässigten Stadtteile Lehe und Geestemünde. Das gilt - weil für mich näherliegend - insbesondere für die Projekte, die dem von Immobilienspekulanten (Stichwort "Schrottimmobilien") und der wirtschaftlichen Not eines großen Teils seiner Bewohner betroffenen Goethe-Quartier zugute kommen.

So wäre es wohl ohne deine Initialzündung kaum zur Gründung der ESG-Lehe gekommen. Unter den damals im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfelds "Eigentümerstandortgemeinschaften im Stadtumbau" neu gegründeten ESGs hatte sich die ESG-Lehe mit dem größten zu betreuenden Gebiet - das ist immerhin das gesamte Goethe-Quartier(!) - mehr vorgenommen, als ihr damals von den anderen am Förderprojekt teilnehmenden ESGs zugetraut worden war. Im Gegensatz zu einigen anderen Eigentümerstandortgemeinschaften aus der Zeit des Förderungszeitraums ist die ESG-Lehe weiterhin aktiv und hat im Laufe der Zeit schon so einiges für den langsam einsetzenden positiven Wandel im Quartier in die Wege leiten können.

Die bisherigen Erfolge der ESG-Lehe sind unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass wir in dir immer einen kompetenten Ansprechpartner und Ratgeber im Stadtplanungsamt hatten. Ich würde mich freuen, wenn du uns auch weiterhin gelegentlich mit Rat - und vielleicht auch mit Tat(?) - zur Seite stehen würdest.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 19.07.2016)

Mittwoch, 20. Juli 2016

CETA - Volksbegehren in Bayern ist auf dem Weg

Gelegentlich dauert es etwas länger, bis die notwendige Anzahl an Stimmen für die Zulassung eines Volksbegehrens erreicht ist. In Bayern kamen dagegen bereits am Auftakt-Wochenende mehr als doppelt so viele Unterschriften für die Zulassung eines Volksbegehrens gegen das Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada - insbesondere gegen dessen "vorläufige Anwendung" - zusammen, wie unbedingt notwendig gewesen wären!

In einem Newsletter des Vereins "Mehr Demokratie e.V.", den ich vorgestern erhalten habe, heißt es dazu (Zitat):
".. am letzten Mittwoch sind wir gestartet. Menschen von über 40 Organisationen kamen vom Marienhof auf den Marienplatz in München und schritten über einen roten Teppich. Dann unterschrieben sie das Volksbegehren gegen CETA! Dazu spielte eine Blaskapelle fetzige Musik, so eine Mischung aus SKA und Balkan.

Die Menschen tanzten sogar. Und so ging es weiter! Am Samstag war unser erster bayernweiter Aktionstag. An über 500 Orten, wahrscheinlich 600, sammelten Menschen Unterschriften für das Volksbegehren. Im ersten Schritt, für die Zulassung des Volksbegehrens, müssen wir 25.000 Unterschriften sammeln. Es wurden so viele Listen bestellt, dass wir 10.000 Listen nachdrucken mussten.

Ich bin seit über 15 Jahren aktiv für Mehr Demokratie, ich kenne die Kraft der direkten Demokratie. Aber das ist sagenhaft. An einem Wochenende wurden über 50.000 Unterschriften gesammelt! Wir kommen mit dem Zählen gar nicht mehr hinterher! Nun werden wir ein Volksbegehren beantragen und dann kommt der Volksentscheid. Mit dem Volksentscheid wollen wir das Stimmverhalten der bayerischen Landesregierung im Bundesrat festlegen.

CETA ist ein gemischtes Abkommen. Deswegen müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen. Selbst wenn die vorläufige Anwendung des CETA-Vertrages beschlossen würde, was wir mit aller Kraft verhindern wollen, können wir CETA noch stoppen. In Bayern können wir direktdemokratisch über CETA entscheiden. Das wünsche ich mir auch für die Bundesebene.

Ich bin froh und dankbar, für diese Ziele bei Mehr Demokratie zu arbeiten.
   
Herzliche Grüße
Susanne Socher
Vertrauensfrau des Volksbegehrens gegen CETA

P.S.: CETA und TTIP gefährden die parlamentarische Demokratie. In Zukunft würden die Entscheidungsspielräume für Gemeinden, Länder und Bund eingeengt werden.

Lesen Sie hier 7 Gründe, warum CETA & TTIP unsere Demokratie gefährden."


Mit dem Volksbegehren soll die Regierung des Freistaats Bayern dazu verpflichtet werden, sich im Bundesrat gegen CETA auszusprechen, um das Abkommen zu verhindern. Bisher wurde erreicht, dass sie sich mit dem Antrag auf die Zulassung des Volksbegehrens auseinandersetzen muss.

Für den Erfolg des eigentlichen Volksbegehrens, müssen sich innerhalb von zwei Wochen zehn Prozent der bayerischen Wahlberechtigten in den Rathäusern eintragen. Sollte dieses Zwischenziel ebenfalls erreicht werden, müsste der bayerische Landtag innerhalb von sechs Monaten über das Volksbegehren beraten.

Für den Fall, dass der Landtag das Volksbegehren ablehen sollte, ist in der Verfassung Bayerns ein Volksentscheid vorgesehen. Das Ergebnis des Volksentscheids wäre dann bindend für den Landtag und die Staatsregierung. Es sind also möglicherweise noch einige Hürden zu nehmen. Aber der Auftakt lässt hoffen.


CETA - Ein gemischtes Abkommen

Aufgrund des "Drucks von der Straße", der mehr als drei Millionen Mitzeichner der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP!" - letztlich aber wohl auch unter dem Eindruck des "überraschenden" BREXIT - hat die EU-Kommission vor einigen Tagen von ihrem ursprünglichen Plan, CETA im Alleingang durchzudrücken, Abstand genommen. CETA wird jetzt doch als gemischtes Abkommen behandelt. Neben dem EU-Parlament müssen somit auch die nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Sagt nur ein Land Nein, wäre das Abkommen gescheitert.

In Deutschland müssten wohl Bundestag und Bundesrat das Abkommen absegnen. Genau darauf setzt das Bündnis für das Volksbegehren in Bayern. Im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids gegen CETA wäre die Bayerische Staatsregierung dazu verpflichtet, im Bundesrat gegen das Freihandelsabkommen zu stimmen. Das könnte eine Kettenreaktion auslösen. Wenn auch andere Bundesländer sich dem bayerischen Votum folgen würden, würde CETA im Bundesrat scheitern. Aufgrund der großen Anzahl von Landesregierungen mit Beteiligung der Grünen stehen die Chancen dafür nicht schlecht.


CETA - Vorläufige Anwendung

Gleichwohl setzt die EU-Kommission weiterhin darauf, CETA "vorläufig anzuwenden". Ginge es nach der Kommission und dem Europäischen Rat, beträfe die vorläufige Anwendung den gesamten Inhalt des Handelsabkommens - inklusive der Sonderklagerechte multinationaler Konzerne gegen die EU und deren Mitgliedsländer, sowie der Regulatorischen Kooperation. Mit deren Hilfe soll Konzernen bereits im Vorfeld der demokratisch legitimierten Gesetzgebungsverfahren eingeräumt werden, geplante Gesetze ihren Geschäftsinteressen anzupassen oder gleich ganz zu verhindern. Wenn überhaupt, bekämen die demokratisch gewählten Parlamente erst dann die Chance, sich überhaupt damit zu befassen.

Die Bestimmungen in CETA zu den internationalen Schiedsgerichten (ISDS) und zur "Regulatorischen Kooperation" sind ein weitreichender Angriff auf grundlegende demokratische Rechte und die Gesetzgebung in der EU und in deren Mitgliedsländern, bis hinab auf die kommunale Ebene.

Selbst wenn letztlich die Zustimmung zur Ratifizierung des Handelsabkommens nicht zustande käme, blieben dessen Bestimmungen im Falle einer "vorläufigen Anwendung" noch drei Jahre darüber hinaus in Kraft! Um das zu verhindern, werden am 17. September zeitgleich in sieben deutschen Städten wieder viele Menschen ihren Protest gegen CETA und TTIP auf die Straße tragen. Außerdem wurde darüberhinaus beim Bundesverfassungsgericht eine Bürgerklage gegen CETA und dessen vorläufige Anwendung eingereicht und eine Weitere ist in Vorbereitung. Wenn wir unsere demokratischen Rechte nicht einfach so aufgeben wollen, werden wir weiterhin dafür kämpfen müssen, dass die Bundesregierung der Ratifizierung von CETA nicht zustimmt.


Zum Weiterlesen


(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 13.07.2016, Süddeutsche Zeitung vom 26.02.2016 über Klage von Marianne Grimmenstein, Mehr Demokratie e.V.: Warum ist CETA ein Demokratieproblem ist, Marianne Grimmenstein via Change.org, TTIP-Demo )

Donnerstag, 7. Juli 2016

CETA: Trotz Kehrtwende durch die Hintertür?


"Nein zu CETA": Aktionsbündnis startet Bürgerklage! Das Video erklärt die Notwendigkeit

Nachdem Herr Juncker (EU, Kommissionspräsident) beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche noch darauf bestanden hatte, dass die Ratifizierung des bereits ausverhandelten "Frei"-Handelsabkommens der EU mit Kanada (CETA) allein in die Zuständigkeit der EU fällt, ruderte die EU-Kommission jetzt zurück. Am Dienstag verkündete sie in Straßburg ihre Entscheidung, CETA nun doch als "gemischtes Abkommen" behandeln zu wollen.

Damit stimmen nun doch die nationalen Parlamente der EU-Staaten über CETA, und damit auch über ihre eigene Souveränität ab. Die wäre im Falle des Inkrafttretens des Handelsabkommens infolge der vorgesehenen Klagemöglichkeiten multinationaler Konzerne vor geheimen Schiedsgerichten (Investor State Dispute Settlement, ISDS) gegen nationale und europäische Gesetze, sowie durch die frühzeitige Einbeziehung multinationaler Lobby-Organisationen im Rahmen der "Regulatorischen Kooperation" massiv gefährdet.

Hätten Herr Junker und die EU-Kommission weiterhin darauf bestanden, CETA ohne die Zustimmung der nationalen Parlamente zu ratifizieren, dann wäre das weitgehenden Einschränkungen grundlegender demokratischer Rechte über die Köpfe der davon betroffenen Bürger und ihrer Parlamente gleichgekommen. Der Rückzieher der EU-Kommission weist auffällige Parallelen zum deutschen "Atomausstieg" nach dem mehrfachen Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" auf. Unter dem Eindruck der vorangegangenen massiven, europaweiten Proteste und Demonstrationen der Bürger gegen CETA und TTIP bedurfte es erst eines "politischen Super-GAUs", um die EU-Kommission zum Einlenken bewegen: Der BREXIT war letztlich wohl das Ereignis, welches den Ausschlag dafür gab.

Hinzu kommt die in vielen Ländern lauter werdende Kritik an den demokratischen Defiziten in den Strukturen der Europäischen Union. Solange letztlich die EU-Kommission und der Ministerrat das Sagen haben und sich weiterhin über Entscheidungen des EU-Parlaments hinwegsetzen können, wird sich daran allerdings auch nichts ändern. Ich sag's ja nicht gerne, aber ohne weitreichende Reformen und die Verlagerung der Machtverhältnisse innerhalb der EU - weg von der Kommission und dem Ministerrat, hin zum von den Bürgern Europas demokratisch gewählten Europäischen Parlament - wird das politische Konstrukt "Europäische Union" wohl keine Zukunft haben.


Handelskommissarin spielt mit gezinkten Karten

Frau Malmström (EU-Kommission, Handelskommissarin) beharrt trotz der Kehrtwende der EU-Kommission darauf, dass CETA bereits vor den Abstimmungen in den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten "vorläufig" in Kraft tritt. Von den EU-Mitgliedsstaaten, 'die alle um dieses Abkommen gebeten haben' fordert sie, dass diese (Zitat): ".. die Führung zu zeigen, die nötig ist, um es [CETA] gegenüber ihren Parlamenten und Bürgern zu verteidigen." - Es lässt schon tief blicken, wenn Frau Malmström es offenbar nötig hat, die Regierungen der EU-Mitgliedsländer zum Widerstand gegen ihre eigenen Bürger aufzurufen.

Mit der vorläufigen Inkraftsetzung von CETA würden Fakten geschaffen, die sich im Nachhinein kaum noch rückgängig machen ließen. Herr Süß (Attac, Handelsexperte) kündigt deshalb den Widerstand der Bürgerrechtsorganisation "Attac" gegen das Brüsseler Spiel mit gezinkten Karten an (Zitat):
".. Malmström will also weiterhin die nationalen Parlamente aushebeln und CETA durch die Hintertür einführen. Weil sie sich nicht frontal gegen die öffentliche Meinung durchsetzen kann, setzt sie auf die vorläufige Anwendung des EU-Kanada-Abkommens, noch bevor die Abgeordneten in den Mitgliedsländern darüber beraten und abstimmen können. Dieser Einführung von CETA durch die Hintertür werden wir uns weiterhin entschieden mit unseren Aktionen entgegenstellen. .."

Bundesweite Großdemonstrationen im September

Auch wenn der Bundestag nun über CETA abstimmen wird, besteht die Möglichkeit, dass die Bundesregierung - trotz der damit einhergehenden Einschränkung grundlegender demokratischer Rechte - ihre Zustimmung für die Ratifizierung gibt. Unter dem Motto "CETA und TTIP stoppen! - Für einen gerechten Welthandel!" ruft ein breites gesellschaftliches Bündnis deshalb dazu auf, am 17.09.2016 den Widerstand gegen CETA im Rahmen von bundesweit sieben Großdemonstrationen auf die Straßen von Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart zu tragen.


Bürgerklagen gegen CETA

Darüberhinaus sind zwei Bürgerklagen gegen CETA vor dem Bundesverfassungsgericht in Vorbereitung. Die Erste wurde auf der Petitionsplattform "Change.org" von Frau Grimmenstein initiiert. Ihre von 70.000 Bürgern mitgetragene Klage gegen die beabsichtigte vorläufige Inkraftsetzung von CETA und gegen die mögliche Zustimmung der Bundesregierung wurde bereits am 18.04.2016 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Es ist daher nicht mehr möglich, sich dieser Bürgerklage noch anzuschließen. Die parallel dazu auf Change.org laufende Petition von Frau Grimmenstein kann jedoch auch weiterhin mitgezeichnet werden.

Die zweite Bürgerklage wurde vor etwa einem Monat gemeinsam von einem Bündnis der Organisationen "Mehr Demokratie e.V.", "Campact" und "Foodwatch" auf den Weg gebracht. Jeder, der sich der Klage von Frau Grimmenstein nicht mehr anschließen kann, hat damit noch die Möglichkeit, sich der zweiten Klage gegen CETA als Mitkläger anzuschließen.

Zur Begründung für die Klage schreibt "Mehr Demokratie e.V." auf seiner internetseite (Zitat):
".. CETA darf nicht in Kraft treten. Denn zehntausenden ausländischen Konzernen wird damit das Recht eingeräumt, gegen EU-Staaten zu klagen. So können sie Gesetze beispielsweise zum Schutz von Umwelt und Gesundheit anfechten. Da liegt es nahe, die Konzerninteressen gleich bei der Gesetzgebung zu berücksichtigen.

Was aber sind dann unsere Wählerstimmen noch wert? Warum überhaupt noch wählen gehen, wenn Politik vor Konzernen kuscht? Das sind die Kernfragen, die von CETA und TTIP aufgeworfen werden. Wir verlangen eine Antwort, wir ziehen nach Karlsruhe vors Bundesverfassungsgericht. ...

Der Artikel 38 des Grundgesetzes ist der Kern unseres Wahlrechts: 'Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.'

Wie verträgt sich das mit dem Zugriff von Konzernen auf die Gesetzgebung? Wir meinen: gar nicht. Deshalb die Klage gegen CETA. .."


Eigentlich hatte die EU-Kommission CETA bei einem Gipfeltreffen der EU mit Kanada im Oktober ratifizieren wollen. Ob daraus noch etwas wird, ist jetzt erst einmal weiterhin offen. Bis es zu einer Entscheidung kommt, wird es aber notwendig sein, den "Druck von der Straße" aufrechtzuerhalten und weiter zu verstärken:


(Quellen: RT Deutsch vom 06.07.2016, Attac vom 05.07.2016, ORF vom 05.07.2016, Mehr Demokratie - Newsletter Ausgabe 7/2016, TTIP-Demo )

Dienstag, 5. Juli 2016

Langzeit-Suport für auslaufendes Betriebssystem

Blackberry Support bis 20018 :)
Beeindruckender Langzeit-Suport für ein auslaufendes Betriebssystem
Im aktullen Newsletter eines bekannten Elektronik-Versandhauses heißt es, der Mobiltelefon Hersteller "Blackberry" werde sein eigenens Betriebssystem nicht mehr weiterentwickeln. Nur noch bis September 2016 werde das Blackberry "Leap" damit ausgeliefert.

Die erfreuliche Nachricht für alle Blackberry OS Fans: Dem Newsletter zufolge wird der Support für die letzte Version des Blackberry OS aber noch für weitere 18.002 Jahre garantiert. Das entspricht dem Vielfachen der garantierten Lebensdauer seiner Benutzer.
Da kommt Freude auf - Toll! :)

Wenn man allerdings auf die unten im Artikel des Newsletters angegebene Quellenangabe klickt (curved.de) ist die Freude schnell wieder dahin (Zitat): "Die treuen BlackBerry-Nutzer müssen jetzt ganz tapfer sein": Tatsächlich endet demnach der Support für das Blackberry OS bereits Ende 2018 :(

Sonntag, 3. Juli 2016

Die Kinder vom Pausenhof - ein Kommentar

Im aktuellen "Stern" Nr. 27 vom 30.06.2016 gibt es eine Reportage über "Die Kinder vom Pausenhof". Frau Kluin beschreibt darin die Situation der Kinder im Goethe-Quartier des Bremerhavener Stadtteils Lehe so, dass man meinen könnte, im Goethe-Quartier gäbe es ausschließlich Kinder, die weit unterhalb der Armutsgrenze und in prekären Verhältnissen aufwachsen müssen

In der Einleitung heißt es (Zitat): "Bremerhavens Goetheviertel ist eines der ärmsten Quartiere Deutschlands. Seine Kinder wachsen in Elend und Unsicherheit auf - und ohne Vertrauen in eine bessere Zukunft."

Der Kern dieser Aussage zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Reportage. Alle diese Kinder entwickeln demzufolge ein gestörtes Sozialverhalten. Frau Kluin zitiert dazu einige Kinder (Zitat): "Ich war in der Therapie." - "Meine Schwester ist im Heim." - "Ja, ich rede immer in diesem Ton, nur nicht mit meinen Eltern, sonst schlagen die micht tot." - "Nein, meine Mutter brauchst du nicht fragen, ob ihr mich fotografieren dürft, die hat nichts mehr zu sagen, das macht mein Vormund vom Jugendamt."

Das wird bei den Lesern, die nur in der Zeitung über das Goethe-Quartier lesen, selbst aber nie dort waren, sicher so ankommen, wie wenn sie in einer andern Zeitung (wieder einmal) einen Artikel lesen, der den Eindruck erweckt, dass es im Goethe-Quartier überwiegend leerstehende Schrottimmobilien und im Verfall begriffene Altbauten gibt.

Frau Kluin wird sich die Aussagen der Kinder sicher nicht selbst ausgedacht haben. Es gibt jedoch auch andere Wahrheiten, über die sie aber kein Wort verliert. Meine Kinder sind beispielsweise ebenfalls im Goethe-Quartier aufgewachsen, haben im Garten unserer Erdgeschosswohnung gespielt, haben - als sie älter waren - nachmittags ihre Freunde besucht, haben beide ihr Abitur bestanden und anschließend studiert. Und sie sind nicht die einzigen Kinder, die unter anderen Umständen im Goethe-Quartier groß geworden sind. Es gibt noch mehr solche Kinder die allerdings in der Reportage von Frau Kluin nicht vorkommen.

Es ist auch nicht wahr, dass ausschließlich arme Kinder, oder solche, die sich aus Angst vor Repressalien nicht nach Hause trauen, den "Rückenwind für Leher Kinder" aufsuchen. Der Sohn unserer Nachbarn beispielsweise wächst ebenfalls in keiner Hartz-IV-Familie auf. Er geht nachmittags zum "Rückenwind", weil er dort seine Freunde trifft, mit denen er spielt bastelt etc. - und weil es ihm dort schlicht und einfach gut gefällt.

Eine ausgewogene Reportage ist das nicht, die Frau Kluin und ihre Kollegin Och (Fotos) da abgeliefert haben. Eine ausgewogene Reportage hätte auch die Kinder und ihre Eltern zu Wort kommen lassen, die nicht am Rande des Existenzminimums leben müssen.

Wahr ist, dass im Goethe-Quartier verhältnismäßig viele Menschen von Hartz-IV abhängig sind. Aber es gibt dort eben auch die anderen Familien, auf die das nicht zutrifft. Außerdem wird es nicht nur Alkoholiker und Schläger unter den von Hartz-IV abhängigen Eltern geben. Zwar sind mir darüber keine Statistiken bekannt, aber es werden in den armen Familien mit Sicherheit auch viele liebevolle Eltern anzutreffen sein, die alles in ihrer Macht stehende unternehmen, damit ihre Kinder glücklich und den materiellen Umständen entsprechend zufrieden aufwachsen können.

Außerdem werden Alkoholiker, Choleriker oder brutale Schläger auch unter den Eltern richtig reicher Familien zu finden sein. Und deren Kinder sind dann auch nicht besser dran, als die Kinder materiell armer Familien, die von ihren Eltern schlecht behandelt werden.

Mit einer ausgewogenen Reportage, die auch derartige Wahrheiten berücksichtigt hätte, wäre aber wohl weniger Aufmerksamkeit bei den "Stern"-Lesern zu erreichen gewesen. - Und das wäre dann auf die Dauer sicher schlecht für die Auflage.

Letztens irgendwo an den Ufern des Amazonas ...

Original: © Christian (Wikimedia Common, Public Domain)

Nach "Letztens in der Hafencocktailbar ..." kommt hier endlich der langersehnte zweite Band aus der bisher unvollendeten "Caipiranha Trilogie". Die Geschichte handelt von einem leichtsinnigen Urlauber aus dem Süden Deutschlands dem im fernen Lande Brasilien der große Zeh seines linken Fußes, sowie einige weitere, nicht ganz unwichtige Körperteile abhanden kamen. Ein ortsansässiger Brasilianer, der glücklicherweise rudimentär der deutschen und der englischen Sprache mächtig war, hatte noch vergeblich versucht, den unvorsichtigen Touristen, der nach durchzechter Nacht aus einer Cocktailbar direkt ans Ufer des Amazonas gewankt war, von einem morgendlichen Bad im Fluss abzuhalten:

"Don't go schwimm in das Amazonas Fluss. It's dangerous - äh - Raubefish. Gefahrlick, you know?"

"Ah geh', do schwimm' doch Caipiranhas"

Tja, so kann man sich irren ...