Freitag, 31. Januar 2014

Goethe-Quartier: Mit Problemen allein gelassen

Von der Ankündigung der SPD im Herbst des vergangenen Jahres, den baulichen Problemen im Goethe-Quartier des Bremerhavener Stadtteils Lehe solle mit der Einrichtung eines Sanierungsgebietes und weiteren Problemen mithilfe eines langfristig angelegten Stadtteilmanagements begegnet werden, war schon bald darauf keine Rede mehr.

Seitdem erhielten sowohl die Stadtteilkonferenz Lehe wie auch die Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe (ESG-Lehe e.V.) keine Antwort mehr auf ihre mehrfachen Anfragen nach einen gemeinsamen Gesprächstermin. Sie fühlten sich deshalb von der Politik im Stich gelassen, und wendeten sich deshalb mithilfe der Presse mit einem gemeinsamen Hilferuf an die Öffentlichkeit. In der Bremerhavener Nordsee-Zeitung war dazu am 30.01.2014 zu lesen, die SPD habe (Zitat):
".. inzwischen eine Lösung aufgezeigt, wie ein dringend erwünschter Stadtteilmanager finanziert werden könnte. Weil die Grünen darüber aber noch keine Entscheidung treffen wollten, liege die Vorlage seit Ende November auf Eis."

Der SPD zufolge sind die Grünen also schuld daran, dass es mit dem Stadtteilmanagment nicht vorangeht. Da ich den Standpunkt der Grünen zu diesem Thema kenne, fiel es mir schwer zu glauben, was da in der Zeitung zu lesen war.

Ich habe die Grünen deshalb um eine Stellungnahme bezüglich des seitens der SPD gegen sie erhobenen Vorwurfs gebeten. Herr Kaminiarz (Bündnis '90 /Die Grünen, Bremerhaven, Stadtverordnetenfraktion, Vorsitzender) hat mir geantwortet, dass der Vorschlag der SPD aus Sicht der Grünen an mehreren Stellen untauglich ist, um die Situation im Goethe-Quartier tatsächlich zu verbessern. Auf Alternativ-Vorschläge der Grünen habe die SPD bisher jedoch nicht reagiert.

Damit scheint es den Grünen also nicht viel besser zu gehen, als der Stadtteilkonferenz oder der ESG-Lehe. Das aber hat die SPD der Nordsee-Zeitung gegenüber offenbar lieber verschwiegen.

Aus meiner Sicht lassen sich die Probleme im Süden Lehes (Wohnungsleerstand, verwahrloste Immobilien, in Plastiktüten deponierter Müll, Integration neuer Mitbürger etc.) nur dann erfolgreich angehen, wenn die politisch Verantwortlichen aller in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien, die im Quartier aktiven Initiativen, die dort lebenden Bürger, sowie die Haus und Wohnungseigentümer im Quartier offen, transparent und vertrauensvoll miteinander an einem Strang ziehen. Das ist bisher offensichtlich leider nicht der Fall. Derzeit sieht es eher danach aus, als würde die SPD versuchen, sich auf Kosten aller anderen Betroffenen zu profilieren.


Ich hoffe sehr, dass die Politiker der SPD bereit sein werden, einen Neustart zu versuchen um künftig gemeinsam und offen mit den Lehern an der Zukunft des Stadtteils und der Entwicklung des Goethe-Quartiers zusammenzuarbeiten. Schließlich geht es bei der Entwicklung der Lebensverhältnisse in den Stadtteilen letztlich auch um die Zukunft unserer Stadt insgesamt.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 30.01.2014)

Donnerstag, 30. Januar 2014

Vergewaltigter Österreicherin droht Haftstrafe in Dubai

Einer neunundzwanzigjährigen Touristin aus Österreich, die
eigenen Angaben zufolge am 02.12.2013 von einem aus Jemen
stammenden Mann in dessen Auto in der Tiefgarage eines Hotels
in Dubai vergewaltigt worden ist, droht jetzt auch noch eine
mehrmonatige Haftstrafe wegen "außerehelichen Geschlechts-
verkehrs".


Weil der mutmaßliche Vergewaltiger die Tat bestreitet, hatte sie - nachdem sie die Tat bei der Polizei in Dubai angezeigt hatte - ihren Reisepass abgeben müssen. Wie die Süddeutsche Zeitung am 22.01.2014 berichtete wird es frühestens Ende Februar eine Gerichtsentscheidung erster Instanz geben. Bis dahin dürfe die Frau Dubai nicht verlassen.

"Die Presse" (Östereich) schreibt in einem Artikel ihrer Online-Ausgabe vom 21.01.2014, die Frau sei in das Auto des mutmaßlichen Täters eingestiegen, weil dieser ihr angeboten habe, sie zu einer anderen Party mitzunehmen. Nachdem er sie vergewaltigt habe, sei sie sofort aus dem Auto geflüchtet, zu einer Gruppe Menschen gelaufen und hätte ihnen von der Vergewaltigung erzählt.

Vergewaltigungsopfer haben es bekanntlich selbst in Ländern mit freiheitlich demokratischen Gesellschaften schwer, die von ihnen angezeigten Taten zu beweisen. Medienberichten zufolge gehen die Behörden in den Vereinigten Arabischen Emiraten in der Regel davon aus, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich erfolgt ist.

Erschwerend kommt in diesem Fall noch hinzu, dass der mutmaßliche Täter angegeben hat, er habe die Östereicherin für den Geschlechtsverkehr bezahlt. Wie der österreichische "Kurier" berichtet, ist die Frau zudem Muslimin, womit ihr die ganze Härte der islamischen Scharia drohe. Um eine Bestrafung abzuwenden, oder zumindest abzumildern, würden die Anwälte in den Vereinigten Arabischen Emiraten ihren Mandantinnen deshalb im allgemeinen dazu raten, den Beschuldigten zu heiraten.


Petition

Bereits im vergangenen Jahr hatten die Medien über einen ähnlichen Vorfall in Dubai berichtet. Eine Norwegerin, die bei der Polizei angegeben hatte, dass sie vergewaltigt worden ist, war wegen außerehelichem Geschlechtsverkehr zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Nach internationalen Protesten war sie begnadigt worden und freigekommen.

In der Hoffnung, der Österreicherin jetzt ebenso helfen zu können, wurde mithilfe des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ eine Petition an Herrn Kurz (Österreich, Außenminister), Herrn Elsner-Mackay (Österreich, Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten) und Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum (Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister, Verteidigungsminister sowie Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate) mit folgendem Wortlaut initiert:
Wir bitten Sie, sich persönlich für die umgehende Freilassung der 29-jährigen Österreicherin einzusetzen. Fordern Sie Dubai auf, die junge Frau zu begnadigen und freizulassen sowie die Gesetze so zu reformieren, dass Vergewaltigungsopfer geschützt werden und keine Gefängnisstrafe fürchten müssen, wenn sie ein Sexualverbrechen melden.

Die Petition kann auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnet werden.

Die innerhalb einer Woche von bereits rund 250000 Menschen unterstützte Petion kann inzwischen einen ersten Erfolg verzeichnen. Gestern meldeten die Initiatoren über den AVAAZ-Verteiler, dass die östereichische Regierung ein Krisenteam nach Dubai geschickt hat ...


(Quellen: Kurier vom 29.01.2014, Tiroler Tageszeitung vom 29.01.2014, Die Standard vom 29.01.2014, Der Standard vom 29.01.2014, AVAAZ vom 24.01.2014, Süddeutsche Zeitung vom 22.01.2014, Focus vom 22.01.2014, Der Standard vom 21.01.2014, Die Presse vom 21.01.2014, Der Spiegel vom 21.01.2014, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21.01.2014, Süddeutsche Zeitung vom 21.07.2013)

USA und EU planen Angriff auf Netzneutralität

http://savetheinternet.eu/de/
Das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ macht in einer E-Mail an seinen Verteiler auf einen Frontalangriff seitens der Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union auf die Netzneutralität im Internet aufmerksam.

AVAAZ verweist in seiner E-Mail auf externe Quellen (unabhängige Medien; unten unter "Zum Weiterlesen"). Daher denke ich, dass ich - der Dringlichkeit wegen - den Inhalt der E-Mail hier ausnahmsweise ohne vorherige Recherche im Wortlaut wiedergeben kann (Zitat):
 
Liebe Freundinnen und Freunde,

die reichsten 1% von uns könnten bald bestimmen was wir alle im Internet sehen. Es wäre die Apokalypse des Internets, wie wir es kennen. Die Gründer des World Wide Web hatten es als Datenautobahn für jedermann vorgesehen, doch auch dieses demokratische Versprechen würde erlöschen.

Unsere Gemeinschaft hat auf dieser Vision aufgebaut, übers Netz Korruption bekämpft, Menschenleben gerettet und mit Unterstützung von Bürgern Hilfsleistungen in Krisengebiete gebracht. Doch die USA und die EU sind kurz davor, den reichsten Unternehmen schnellen Zugriff auf Netzinhalte zu geben, während alle anderen zahlen müssen oder ausgebremst werden. Auch Avaaz ist in seiner Fähigkeit bedroht, Berichte von Bürgerjournalisten in Syrien mit der Welt zu teilen oder Kampagnen zur Rettung dieses Planeten zu starten!

Auf beiden Seiten des Atlantik werden die Entscheidungen jetzt gefällt. Doch technische Innovatoren, Verfechter der Redefreiheit und die besten Web-Firmen wehren sich. Wenn eine Million von uns sich ihnen anschließen, können wir den größten Aufruf aller Zeiten für ein demokratisches, freies Internet schaffen. Unterzeichnen Sie jetzt und berichten Sie allen davon:

http://www.avaaz.org/de/internet_apocalypse_pa_eu/?cPyZcab

Bislang kamen Verbesserungen im Internet allen von uns zugute — wenn Rupert Murdochs ultra-konservativer Sender Fox News schneller Videos streamen konnte, dann galt das auch für unabhängige Medienkanäle, die über die Lage in der Ukraine, in Syrien oder Palästina berichten. Politiker nennen dies "Netzneutralität". Diese war rechtlich geschützt, bis ein Gerichtshof in den USA die Gesetze vor kurzem gekippt hat. Nun droht das Europaparlament mit Verordnungen, die Internetdienstanbietern das Recht geben, das Netz zu zerlegen und unseren Zugang zu kontrollieren, indem sie Internetseiten, die nicht zahlen, verlangsamen oder uns für den Besuch zur Kasse bitten.

Doch wir können dies verhindern. Zuerst präsentieren wir unsere riesige Petition heute auf einer Sitzung in den USA, bei der entschieden wird, ob der Internetschutz wieder hergestellt wird. Dann senden wir ein starkes Lobby-Team zum EU-Parlament, um sicherzustellen, dass die Ausschüsse der Bevölkerung zuhören. Das ist der erste große Schritt, um auf diesem Gebiet in den nächsten Monaten Erfolge zu verzeichnen.

Webanbieter wie Verizon und Vodafone betreiben harte Lobbyarbeit, um ein Internet für Reiche durchzusetzen. Und ohne ein massives Gegengewicht der Bürger könnten sie gewinnen und die Arbeit unserer gesamten Gemeinschaft gefährden. Unser Internet befindet sich hautpsächlich in den USA und der EU und somit sind wir alle betroffen. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Klicken Sie unten, um mitzumachen:

http://www.avaaz.org/de/internet_apocalypse_pa_eu/?cPyZcab

Als unsere Gemeinschaft nicht einmal halb so groß war wie jetzt, haben wir gemeinsam dazu beigetragen das ACTA-Abkommen zu versenken und die starken Gesetze zur Internetzensur SOPA/PIPA gestoppt. Heute sind wir stärker als je zuvor. Lasst uns mit vereinten Kräften dafür sorgen, dass das Netz, das uns alle verbindet, offen bleibt.

Voller Hoffnung,

Pascal, Emma, Dalia, Luis, Emilie, Luca, Sayeeda und das gesamte Avaaz-Team


Zum Weiterlesen:

Die Zeit:
US-Gericht kippt Regeln zur Netzneutralität

Spiegel Online:
Erfolg für Verizon: US-Gericht kippt Netzneutralität

Spiegel Online:
EU-Kommission will Zwei-Klassen-Internet erlauben

ABC News (englisch):
Wie sich das Internet ohne Netzneutralität verändern wir

Washington Post (englisch):
Wie die Netzneutralität überleben kann

EDRI papers (englisch):
Netzneutralität

Save the Internet
Diese Seite bietet sehr unfangreiche Informationen über das,
was auf uns zukommen könnte (in deutsch).
- unbedingt lesenswert! -

http://savetheinternet.eu/de/


(Quelle: AVAAZ.org)

Mittwoch, 29. Januar 2014

Die "Roland von Bremen" schwimmt wieder

Hansekogge "Roland von Bremen" (Bremerhavener Festwoche 2011, Neuer Hafen)
In den frühen Morgenstunden des 20.01.2014 versank die Hansekogge "Roland von Bremen" an ihren Liegplatz an der Bremer Schlachte in der dort etwa fünf bis sechs Meter tiefen Weser.

Glück im Unglück: Die Kogge lag stabil auf Grund und am Uferhang hätte das Schiff auch nicht weiter in die Weser abrutschen können. Um zu verhindern, dass möglicherweise trotzdem eine Schieflage entsteht, wurde der Mast mit Leinen am Ufer befestigt. Über die Ursache für den Untergang konnte zunächst nur spekuliert werden ...

Aufgrund des derzeit sehr niedrigen Wasserstands gelang es heute, Wasser aus dem Rumpf abzupupen, so dass die Kogge wieder schwimmt. Inzwischen wurde auch die Ursache für den Untergang gefunden: Durch ein im Heckbereich unterhalb der Wasserlinie angebrachtes defektes Seeventil war das Wasser in den Rumpf der Kogge eingedrungen. Das Ventil wurde vorerst provisorisch abgedichtet. Ob es durch Materialermüdung oder durch den Frost undicht wurde, wird später genauer untersucht werden.

Da das Wasser den Motor und die Elektronik unbrauchbar gemacht hat, ist die "Roland von Bremen" nicht mehr fahrbereit. Deshalb wird sie bald abgeschleppt werden, damit der Schaden in einem Dock oder an Land begutachtet werden kann. Da das Schiff nur einen Tag unter Wasser lag, steht es um die Chancen für eine Reparatur aber wohl recht gut.




Nach der "Ubena von Bremen" und der Kieler "Hansekogge" ist die "Roland von Bremen" ist der dritte Nachbau der Bremer Hansekogge von 1380, deren gut erhaltenes Wrack am 8. Oktober 1962 bei Hafenerweiterungsarbeiten in der Weser vor dem Bremer Ortsteil Rablinghausen im Schlick der Weser entdeckt worden war. Das Schiff entstand im Rahmen einer Beschäftigungs- und Fortbildungsinitiative auf dem ehemaligen Werftgelände des "Bremer Vulkan" und konnte nach vierjähriger Bauzeit im Jahre 2000 in Betrieb genommen werden.

Das historische Vorbild der drei Schiffe war im "Deutschen Schiffahrtsmuseum" in Bremerhaven aus den mehr als 2000 gefundenen Einzelteilen rekonstruiert worden. Erhalten geblieben waren nur die vom Schlick konservierten Teile des Schiffes. Die Backbordseite konnte deshalb nur zu etwa einem Drittel wiederhergestellt werden, während die Steuerbordseite nahezu vollständig zu sehen ist.

In einem eigens dafür hergestellten, mit einem Gemisch aus Wasser und Polyethylenglykol gefüllten Tank wurde die Kogge über einen Zeitraum von 18 Jahren konserviert. Solange hatte es gedauert, bis das Polyethylenglykol das Wasser aus dem Holz der Kogge verdrängt hatte. Mit dem Austausch der beiden Medien sollte verhindert werden, dass das alte Holz beim Trocknen schrumpft.

Seit dem Jahre 2000 kann die "Bremer Kogge" an ihrem letzten Liegeplatz im "Deutschen Schiffahrtsmuseum" besichtigt werden.


(Quellen: Kreiszeitung vom 29.01.2014, Weserkurier vom 28.01. und vom 29.01.2014, DSM, Wikipedia)

Pete Seeger - Bring 'Em Home

Pete Seeger singt gegen den Vietnamkrieg: Bringt sie zurück nach Hause ...

Pete Seeger war nicht einfach nur ein guter Sänger und Musiker, der die amerikanische Folk-Music weltweit bekannt gemacht hat. Er hat sich sein Leben lang auch für gesellschaftliche und soziale Verbesserungen, für den Frieden, für die US-amerikanische Arbeiterbewegung, gegen den Rassismus, für den Schutz der Umwelt, für die Menschenrechte und vieles mehr engagiert.

In einem Interview hat er einmal gesagt: "Mein Job ist es, den Leuten zu zeigen, dass es eine Menge gute Musik in dieser Welt gibt, und wenn sie richtig verwendet wird, könnte sie dazu beitragen diesen Planeten zu retten."

Die Leute mit seinen Liedern zum Nachdenken zu bewegen, das konnte er richtig gut. Er hat gezeigt, das Folk-Music - wirkliche Volksmusik - die Musik ist, mit der die "einfachen Leuten" schon immer aus ihrem Leben erzählt haben. Diese Lieder erzählen von der Liebe, den Sehnsüchten und Hoffnungen, aber auch von den Problemen der Menschen mit der Obrigkeit. Im Kontext der Zeit, in der sie entstanden, sind sie ein Abbild der jeweiligen Gesellschaft, des "wirklichen" Lebens - und ein geschichtliches Vermächtnis, das in keinem Geschichtsbuch zu finden ist. Pete Seeger hat viel dazu beigetragen, dieses Vermächtnis zu bewahren und selbst so einiges an Liedern dazu beigesteuert. - Und er hat viel damit bewegt ...


Gone home ...

Pete Seeger sings
Pete Seeger, Waschington D.C am 18.01.2009 (Foto: Donna Lou Morgan)
Vorgestern ist Pete Seeger im Alter von 94 Jahren gestorben. Aufgrund der Art und Weise, wie er für seine Anliegen einstand und sie - auch mithilfe seiner Lieder - einer breiten Öffentlichkeit näher brachte, war er für mich, ebenso wie wohl auch für viele andere Menschen in der Welt, so etwas wie ein Vorbild.

Ich will mir aber nicht anmaßen, hier über sein Leben zu schreiben. Das können andere sicher besser als ich. Gestern war bereits viel über ihn in den Medien zu lesen. Hier ist eine kleine Auswahl davon:

taz  vom 28.01.2013
Zum Tod von Pete Seeger
 - So long, it's been good to know ya

Süddeutsche Zeitung vom 28.01.201
Pete Seeger ist tot
- Abschied von einem "amerikanischen Helden" 

Die Zeit vom 28.01.2013
Legendärer Folkmusiker
 - Pete Seeger ist tot

Der Spiegel vom 28.01.2013
US-Folklegende
- Pete Seeger ist tot

Neue Züricher Zeitung vom 28.01.2013
Zum Tod von Pete Seeger
 - Der humorlose Heilige

Der Standard vom 28.01.2013
Folksänger Pete Seeger ist tot

The Washington Post vom 28.01.2013
Pete Seeger, legendary folk singer, dies at 94

New York Times vom 28.01.2013
Pete Seeger, Champion of Folk Music and Social Change, Dies at 94


Pete Seeger Appreciation Page


"My job, is to show folks there’s a lot of good music in this world, and if used right it may help to save the planet."

Pete Seeger



Dienstag, 28. Januar 2014

"Strompreisbremse" kostet nicht nur Arbeitsplätze

Demonstration für die schnelle Umsetzung der Energiewende (Berlin, 30.11.2013)
Wenn FDP- und CDU-Politiker im Landtag des Landes Niedersachsen seine Pläne für eine Energiereform als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnen, dann hätte Herrn Gabriel (SPD, Bundeswirtschaftsminister) das vor einem Jahr, als die SPD im Bundestag noch in der Opposition war, sicherlich zu denken gegeben. 

Ob er sich jetzt wohl über so viel Zuspruch freut? Wie auch immer: Herr Gabriel will den Strompreisanstieg bremsen, indem er die Fördermittel für regenerative Energien kürzt. Nicht nur Herr Wenzel (Grüne, Niedersachsen, Umweltminister) warnt deshalb vor einem Abwürgen der Energiewende. Auch in den eigenen Reihen wächst die Zahl der Kritiker. Die Folgen der wespenfarbenen Energiewende-Wende, die Herr Gabriel in der Großen Koalition jetzt offenbar fortzusetzen gedenkt, drohen die Windkraftbranche in Bremerhaven zu ruinieren:
  • Radio Bremen berichtete am 22.01. und am 23.01.2014 über einen bevorstehenden massiven Arbeitsplatzabbau des Windkraftanlagenherstellers Areva-Wind. Angaben der Gewerkschaft zufolge würden in Bremerhaven knapp 480 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Das sei gut die Hälfte aller Angestellten an diesem Standort. Die Belegschaft sei während einer Betriebsversammlung über den bevorstehenden Arbeitsplatzabbau informiert worden. Betroffen seien davon ebenso 127 festangestellte-, wie auch 100 befristet eingestellte Mitarbeiter in der Verwaltung und in der Produktion, sowie 250 Leiharbeiter. In der Online-Ausgabe der taz war am 25.01.2014 von weiteren angekündigten Entlassungen am Areva-Standort in Stade die Rede. Aufgrund der aktuellem Auftragsaussichten habe Areva-Wind zwar angekündigt, in 15 Monaten die Produktion wieder aufnehmen zu wollen. Es sei jedoch nicht sicher, ob das in Bremerhaven der Fall sein wird. Es sei durchaus möglich, dass die Produktion stattdessen nach Frankreich verlegt werden würde. - Immerhin ist der heutigen Ausgabe der Nordsee-Zeitung zu entnehmen, dass Areva-Wind sich zum Standort Bremerhaven bekannt hat. Für die vom Verlust ihrer Arbeitsplätze betroffenen Menschen dürfte das allerdings ein schwacher Trost sein.
  • Wie die Nordsee-Zeitung am 22.01.2014 berichtete, wird Weserwind die 400 Mitarbeiter seiner verbliebenen Stammbelegschaft für zwölf Monate in Kurzarbeit schicken und der taz zufolge sollen zudem 80 Leiharbeiter entlassen werden. In einem Online-Artikel des "Manager Magazins" vom  22.01.2014 heißt es, der Mutterkonzern "Georgsmarienhütte" erwäge sein Tochterunternehmen "Weserwind" im kommenden Jahr zu schließen. In der Nordsee-Zeitung liest sich das folgendermaßen (Zitat): ".. will der Chef der Georgsmarienhütte Holding GmbH, Peter van Hüllen, spätestens 2015 entscheiden, ob das "Weserwind-Projekt" beendet werden muss."
  • Repower (jetzt Senvion), hatte bereits mehrere Hundert seiner ehemals in Bremerhaven beschäftigten Mitarbeiter entlassen müssen. Aufgrund der schwachen Auftragslage waren in einem Repower-Tochterunternehmen, dem Rotorblatthersteller Powerblades, Mitte des letzten Jahres 400 Mitarbeiter nicht weiter beschäftigt worden.

Aber eigentlich setzt sich in Bremerhaven nur das fort, was zuvor bereits in Cuxhaven begonnen hatte. Dort hatte der auf Offshore-Windparks spezialisierte Stahlbauer "Cuxhaven Steel Construction" (CSC) zu Beginn des letzten Jahres schließen müssen und auch der Windkraft-Pionier "Bard" hat den Betrieb inzwischen komplett eingestellt.

Der Windpark "BARD Offshore 1" bei Borkum war mit Investitionskosten von über zwei Milliarden Euro deutlich teurer geworden und aufgrund technischer Probleme zwei Jahre später in Betrieb gegangen, als ursprünglich geplant worden war. Einem Bericht des NDR vom 30.12.2013 zufolge war das entscheidende Problem jedoch, dass sich kein Käufer für den Windpark finden ließ: Aufgrund der energiepolitischen Lage hätten potentielle Interessenten offenbar das Risiko gescheut, viel Geld zu investieren, ohne zu wissen, ob es durch den Stromverkauf je wieder hereingekommen wäre.

In einem Artikel vom 25.11.2013 auf der Internetseite von Radio Bremen heißt es, auch Repower mache die Politik für fehlende Investitionen in Offshoreprojekte verantwortlich. Der Ausbau der Offshore-Windparks in der Nordsee stocke, fertige Windparks würden mit großen Verzögerungen ans Netz angeschlossen und in der Folge würden Investoren sich zurückhalten, weil ihnen die Grundlage für die Kalkulation fehlt, anhand der sie abschätzen könnten ab wann die Windparks Geld einbringen könnten.


Nach dem Aus für Werften und Fischerei:
Folgt als nächstes das Aus für die Windkraft?

Die wirtschaftlichen Folgen des Werftensterbens, des Niedergangs der deutschen Hochseefischerei und des Abzugs der US-Army nach dem Ende des Kalten Krieges haben in Bremerhaven tiefe Spuren hinterlassen. Mit großen Investitionen in Tourismus-Projekte wurde eine neue Einnahmequelle für die Stadt geschaffen und im Bereich des Fischereihafens haben sich inzwischen namhafte Betriebe der Lebensmittelbranche angesiedelt. Mit dem Ankauf der ursprünglich zu Niedersachsen gehörenden Luneplate und der Ansiedlung großer Hersteller der Windkraft-Branche auf den neuen Flächen verband sich die große Hoffnung, unsere Stadt könne wirtschaftlich bald wieder an die ehemaligen "guten alten Zeiten" anknüpfen.

Seit dem die wespenfarbene Bundesregierung damit begann, an der Energiewende zu sägen, kann von sicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Installation neuer Anlagen zur Stromerzeugung mit regenerativen Energien keine Rede mehr sein. Die Große Koalition hat mit den jetzt verkündeten Plänen Herrn Gabriels (SPD, Bundeswirtschaftsminister) deutlich gemacht, dass sie mit der Demontage der Energiewende dort anzuknüpfen gedenkt, wo die vorherige Bundesregierung aufgehört hat. Besserung ist nicht in Sicht.

Die taz zitiert diesbezüglich in ihrer Online-Ausgabe vom 25.01.2014 einen Sprecher des Bremer Wirtschaftsressorts (Zitat): "Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, dann wird von den Investoren ganz schnell der Stecker gezogen." Auch aus der Sicht Herrn Meyers (Windenergie-Agentur Bremerhaven - WAB, Geschäftsführer) ist die Krise der Offshore-Branche nicht hausgemacht. Schuld daran seien ausschließlich die unklaren politischen Rahmenbedingungen.

Die Ankündigung Herrn Gabriels, die Vergütung für Windenergie auf See kürzen zu wollen, ist nach Einschätzung der Gewerkschaft IG Metall verheerend. In der Windenergie-Branche sind bereits im letzten Jahr mehr als 2000 Arbeitsplätze weggefallen und aufgrund der aktuellen Situation geht die Gewerkschaft geht davon aus, dass in den nächsten Monaten schon wieder rund tausend Arbeitsplätze gefährdet sind. Darüber berichtete die Nordwest-Zeitung in ihrer Online-Ausgabe vom 28.01.2014. Und weiter:
Derzeit werde nur noch über die Kosten der Energiewende und nicht mehr über Klimaziele gesprochen. Der Gewerkschaft gehe es um Vertragssicherheit, um den Investitionsstandort und um die Zukunft der Energiewende. Und die stehe auf dem Spiel.


Die Geschichte droht sich zu wiederholen

Solange es nicht klar ist, ob die Offshore Windkraft-Branche unter den gegebenen Umständen in Bremerhaven überhaupt noch eine Zukunft hat, halte ich es für fraglich, ob es überhaupt sinnvoll ist, weiterhin viel Geld in den geplanten Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB) zu investieren, dessen Realisierung aufgrund verschiedener Faktoren (Eingriff in die Strömungsverhältnisse der Weser, Schließung des Regionalflughafens Bremerhaven, ...) zudem keinesfalls unumstritten ist. Im Artikel der taz heißt es, im politischen Bremen werde das OTB bereits wieder in Frage gestellt, während Herr Günthner (SPD, Bremen, Wirtschaftssenator) weiterhin daran festhalte.

Weil die politisch Verantwortlichen aus den Fehlern ihrer Vorgänger nichts gelernt haben, könnte sich hier möglicherweise eine Geschichte wiederholen, die Bremerhaven an anderer Stelle schon einmal erlebt hat. Obwohl bereits abzusehen gewesen war, dass die Luftfahrt der Passagierschifffahrt den Rang ablaufen würde, war während der Jahre von 1958 bis 1962 neben dem Columbusbahnhof und der Fahrgastanlage von 1952 eine zweite, größere Fahrgastanlage gebaut worden. Es kam, wie es kommen musste: Schon bald nach Fertigstellung der neuen Anlage stellte sich heraus, dass das Geld dafür aufgrund der fehlenden Auslastung in den Sand gesetzt worden war. (Ein interessanter Text dazu findet sich auf den Seiten 3 und 4 im Niederdeutschen Heimatblatt vom Oktober 2012.)

Nach dem Ausfall der beiden großen wirtschaftlichen Säulen "Werften" und "Hochseefischerei" könnte sich damit, dass in Bremerhaven wieder einmal alle Hoffnungen auf einem weiteren großen Industriezweig ruhen, möglicherweise eine weitere Geschichte wiederholen. In anderen ehemaligen "Nehmerländern", die heute in den Länderfinanzausgleich einzahlen können, hat man gute Erfahrungen damit gemacht, auf einen breiten Mix aus kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu setzen. Wenn dort einmal ein Unternehmen schließen muss, dann reißt es nicht gleich eine ganze Stadt oder Region mit in den Abgrund.


Das grüne Feigenblatt vertrocknet

Areva-Wind ist ein Tochterunternehmen des französischen Konzerns Areva, der sich im Besitz des französischen Staates befindet. Infolge der schwarz-rot-gelben "Strompreisbremse" vertrocknet sein grünes Feigenblatt. Dahinter kommen seine wahren Interessen wieder zum Vorschein: Mit 98 Prozent des Konzernumsatzes (Stand: 2009), verteilt auf vier Bereiche, macht die Atomtechnik den mit Abstand größten Anteil an den Konzernaktivitäten aus. Gerade einmal 2 Prozent entfallen auf den Bereich "Erneuerbare Energien".

Der Bau von Windkraftanlagen ist somit nur ein winziges Rädchen im Getriebe des Atomkonzerns, mit dem er es auf ein Stückchen vom Energiewendekuchen in Deutschland abgesehen hatte. In Anbetracht der Berliner Energiewende-Wende wird es bald wohl nur noch um winzige Krümelchen vom Kuchen gehen. Vor diesem Hintergrund scheint das Bündnis für Arbeit, das Areva-Wind mit dem Bundesland Bremen geschlossen hatte, aus Sicht des Areva-Konzerns wohl ebenfalls kaum noch von Bedeutung zu sein.

Auch das grüne Feigenblatt der CDU, der CSU, der FDP und jetzt auch der SPD beginnt zu bröckeln. Gemeinsam haben sie zugunsten der fossilen Industrie und der Atomkonzerne bereits ganze Arbeit geleistet: Der Focus schrieb am 25.01.2014 in einem Artikel seiner Online-Ausgabe, der Strompreis interessiere die Deutschen derzeit mehr als die rasche Umsetzung der Energiewende.

In einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut TNS-Emnid im Zeitraum vom 22. bis zum 23.01.2014 im Auftrag von Focus durchgeführt hat, hätten 52 Prozent der Befragten gesagt, das Bremsen des Preisanstiegs für private Verbraucher sei wichtiger als die Abkehr vom Atomstrom. Die Atomkonzerne und ihre politischen Handlanger werden darüber erfreut sein: Sie scheinen ihrem Ziel, die Atomkraftwerke auch über 1020 hinaus zu betreien, ein Stück näher gekommen zu sein.

In dem Focus-Artikel heißt es weiter, nur 40 Prozent der Befragten würden die Prioritäten umgekehrt setzen. Für vier Prozent seien beide Ziele gleich relevant.

Allerdings lässt die Antwort auf die Frage, ob für Maßnahmen gegen den weiteren Anstieg der Strompreise der weitere Betrieb der Atomkraftwerke in Kauf genommen wird, wohl kaum Rückschlüsse darauf zu, ob die Befragten zugunsten geringerer Stromkosten auch die Zerstörung der Lebensgrundlagen ihrer Kinder und Kindeskinder infolge eines ungebremsten Klimawandels auf unserem Planeten in Kauf nehmen würden. Hätte man ihnen zu diesem klimapolitischen "Worst-Case-Szenario" die Alternative angeboten, dass die Energieversorger die gesunkenen Börsenpreise an die Verbraucher weitergeben müssen, um den Strompreis nicht nur zu bremsen sondern darüberhinaus sogar zu senken, dann wäre die Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit wohl anders ausgefallen.

Über die Möglichkeit sinkender Strompreise schreibt das Umweltinstitut München in einem aktuellen Artikel auf seiner Internetseite (Zitat):
"Dass für die Industrie der Strompreis explodiert sei, ist eine abenteuerliche These: Laut dem VIK-Strompreisindex zahlt die deutsche Industrie im Januar 2014 den niedrigsten Strompreis seit 2009. Energieversorger kaufen Strom an der Börse EEX teilweise für unter 4 Cent pro Kilowattstunde, ein historisch niedriger Preis. Würden diese Ersparnisse an die Endkunden weitergegeben und die ungerechtfertigten, milliardenschweren Subventionen für die Industrie gekürzt, könnte der Haushaltsstrompreis sogar sinken. Ohnehin ist – bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt - die Stromrechnung aller privaten und gewerblichen Stromverbraucher heute nicht höher als vor 20 Jahren. Lediglich die Verteilung der Lasten hat sich verschoben."

Als Beleg für die Verschiebung der Lastenverteilung zulasten der Verbraucher verweist das Umweltinstitut München auf die Studie "Energiewende oder Energiewendeende" der Deutschen Umwelthilfe (DUH, Kapitel 2, "Der andere Masterplan – Erosion der Akzeptanz als oberstes Ziel", Seite 3).


Freie Fahrt für Klimakiller und Atomkraftwerke

Der "explodierende Strompreis" für Industrie und Privathaushalte, der im wesentlichen auf Aktivitäten der wespenfarbenen Bundesregierung während der vergangenen Legislaturperiode zurückzuführen ist, kostet inzwischen nicht nur Arbeitsplätze in Cuxhaven, Bremerhaven und an anderen Standorten der Windkraft Branche. Zuvor waren davon schon Unternehmen der Solar Branche betroffen. Und wie Herr Bade (IG Metall Küste, Bezirkssekretär) richtig dargestellt hat, steht deswegen jetzt auch die Energiewende - und somit auch Deutschlands Beitrag zum Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe(!) - auf dem Spiel.

Der am 22.01.2014 vom Bundeskabinett gebilligte "Neustart der Energiewende" sieht einschneidende Kürzungen bei der Förderung von Sonnenenergie und Windkraft an Land vor. Davon werden insbesondere Regenerative-Energie-Projekte von Bürgergenossenschaften und andere privat finanzierte Beiträge zur Energiewende betroffen sein. Ohne diese vielfachen, dezentralen Initiativen wäre der Anteil regenerativer Energiequellen am Energiemix nicht so groß, wie er heute ist.

Die Betreiber dezentraler Kleinanlagen sind das eigentliche Rückgrat der Energiewende. Anstatt sie aber weiterhin zu fördern, sollen sie stärker zur Kasse gebeten werden, und darüberhinaus gezwungen werden, ihren Strom direkt zu vermarkten. Kleinere Anleger und Anlagenbetreiber werden auf diese Weise verdrängt.

Mit dem Abwürgen der erneuerbaren Energien in Bürgerhand werden weiterhin das Oligopol der Energie Konzerne mit ihren fossilen befeuerten Groß- und Atomkraftwerken und die "energieintensive Industrie" bevorzugt, die schon in der Vergangenheit mit ihren CO2-Emissionen wesentlich zur Beschleunigung der globalen Erwärmung beigetragen haben. Sollten die Pläne Herrn Gabriels Realität werden, dann wird sich daran so schnell auch nichts ändern.

Ein Beleg dafür ist auch der geplante "Ausbaukorridor" demzufolge bis zum Jahre 2035 maximal 60 Prozent des Stromes mithilfe regenerativer Energiequellen erzeugt werden darf:
  • Im Umkehrschluss ist das eine Absatzgarantie für fossil befeuerte Großkraftwerke in Höhe von 40 Prozent des hierzulande erzeugten Stromes über einen Zeitraum von 25 Jahren.
Im ihrem Wahlprogramm hatte die SPD noch einen Anteil von 75 Prozent(!) erneuerbare Energien bis 2030(!!) versprochen (nachlesen kann man das im Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2013 auf Seite 36 unter "Unsere Ziele", Punkt 4).

Der Ausbaukorridor sieht im Bereich der Stromerzeugung mit Windkraftanlagen Beschränkungen vor, die wahrscheinlich zu Kostensteigerungen in diesem Sektor der erneuerbaren Energien führen werden:

Windkraftanlagen an Land:
  • Pro Jahr soll nur noch eine Gesamtleistung von 2500 Megawatt installiert werden.
  • Die Vergütung an besonders windstarken Standorten soll um bis zu 20 Prozent sinken. 
  • Neue Anlagen sollen nur noch an Standorten installiert werden, an denen mit einem Referenzertragswert von 77,5 Prozent zu rechnen ist.
Offshore-Windkraft:
  • Bis 2030 sollen 15.000 mW Leistung installiert werden. 

Diese Vorgaben haben eine Umverteilung der Anteile der Windkraft-Stromerzeugung von Standorten an Land hin zu Offshore-Windparks. Zwar ist die Energieausbeute auf See generell größer als an Land, aber dafür sind die Kosten für Offshore-Anlagen höher, als für landgestützte Windkraftanlagen. Mit der Kappung der Einspeisevergütung ab einem Referenzertragswert von 77,5 Prozent (bezogen auf die ertragreichsten Standorte in Deutschland) wird die Installation neuer Windkraftanlagen an Standorten im Süden Deutschlands de faco verhindert. Würde dort stattdessen mehr Strom aus regenerativen Energiequellen erzeugt werden, dann könnte der Ausbau der Stromtrassen von der Nordsee in den Süden der Republik entsprechend geringer ausfallen - ein nicht unerheblicher Kostenfaktor!

Sollte die vorgegebene maximale Gesamtleistung für den jährlichen Zubau von Windkraftanlagen an Land überschritten werden, träte automatisch eine Absenkung der Einspeisevergütungen in Kraft. Im Falle der Photovoltaik hat eine entsprechende, von der wespenfarbenen Bundesregierung eingeführte Vorgabe bereits zu einem starken Einruch des Zubaus geführt. In einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 19.01.2014 heißt es, im letzten Jahr seien Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3300 MW installiert worden, während es in den vorangegangenen Jahren noch bis zu 7600 MW waren.

Alles in allem ist aufgrund der Vorgaben Herrn Gabriels für seine "Stromkostenbremse" damit zu rechnen, dass die Preise für Strom aus Windkraftanlagen insgesamt steigen werden. Für die Verbesserung der CO2-Bilanz und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende müssen beide Varianten zügig vorangetrieben werden. Wer hier irgendwo die Bremse anzieht, sabotiert eine erfolgreiche Unsetzung der Energiewende.


Befreiung der Industrie von der EEG-Umlage

Wie es - ohne Angaben zu Details - heißt, sollen die Befreiungen von der EEG-Umlage für die energieintensiven Industriebetriebe (zu denen mittlerweile kurioserweise u.a auch Golf Clubs gezählt werden!) gekürzt werden. Dem Bericht der Frankfurter Rundschau ist zu entnehmen, dass die Kürzungen jedoch insgesamt höchstens bei etwa einer Milliarde Euro liegen werden. Das sei das aus Kreisen der Kolalition zu hören. Einer Schätzung von Experten zufolge könnte es sich bei den Befreiungen von der EEG-Umlage im laufenden Jahr 2014 um insgesamt fünf Milliarden Euro handeln. Die Kürzung betrüge also 20 Prozent.

Die fünf Milliarden Euro Umlagebefreiung für die Industrie schlagen sich in der EEG-Umlage 2014 mit 1,26 Cent/kWh nieder. 20 Prozent davon wären 0,252 Cent/kWh. Die EEG-Umlage für von Otto-Normalverbraucer zu berappende EEG-Umlage betrüge dann aktuell immer noch 6,17 Cent/kWh und läge damit weiterhin deutlich über den 5,27 Cent/kWh, die im Jahre 2013 für die EEG-Umlage fällig waren.

Selbst wenn sich die Angaben der Frankfurter Rundschau tatsächlich bestätigen sollten, dann wären die Kürzungen bei der Befreiung für die Industrie von der EEG-Umlage also nicht viel mehr, als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, keinesfalls jedoch eine wirkungsvolle "Strompreisbremse".

Mit inzwischen 1,47 Cent/kWh trägt der Rückgang des Börsenstrompreises am stärksten zum Anstieg der EEG-Umlage 2014 bei. Auch das ist eine von der Bundesregierung, wenn nicht gar gewollte, dann aber zumindest in Kauf genommene Belastung der Verbraucher. Im Jahre 2012 lag der Anteil des durch den Rückgang des Börsenstrompreises bedingten Anteils an der EEG-Umlage noch bei 0,58 Cent/kWh. Im letzten Jahr waren es bereits 1,1 Cent/kWh. Wer sich für die Ursachen dafür interessiert, der wird hier fündig.


Fazit

Unter dem Vorwand, den Anstieg der Strompreise zu begrenzen, plant nach der wespenfarbenen- jetzt auch die Große Koalition, die Umsetzung der Energiewende weiter abzuwürgen - und zwar, ohne dass deswegen mit einer wirkungsvollen Begrenzung des Anstiegs der Strompreise zu rechnen ist.

Gewinner wären einzig und allein die fossile Industrie, die Betreiber schmutziger, fossil befeuerter Großkraftwerke und die Atomkonzerne.

Verlierer wären diejenigen, die im Vertrauen auf frühere Zusagen der Politik viel privates Geld in Photovoltaik- und Windkraftanlagen investiert haben, sowie alle nachfolgenden Generationen, die unter den Folgen unseres Handelns bzw. Nichthandelns zu leiden haben würden.

Nichts gewonnen hätten die Stromkunden, deren Stromkosten weiterhin von Jahr zu Jahr steigen würden obwohl man ihnen doch etwas anderes versprochen hatte. - Aber versprechen kann man sich ja schon mal ...


Petition

Das demokratische Netzwerk "Campact" hat deshalb eine Petition an Herrn Gabriel initiert. Sie lautet:
Sehr geehrter Herr Bundesenergieminister Gabriel,
sehr geehrte Ministerpräsident/innen
und Energieminister/innen der Länder,


die Bundesregierung droht, die Energiewende abzuwürgen. Sie will den Ausbau von Wind- und Solarenergie deckeln und hohe Hürden für Bürgerenergie-Projekte errichten. Das hat fatale Folgen: Der Atomausstieg kommt wieder unter Druck. Und mit Kohle wird weiter hemmungslos Strom erzeugt – auf Kosten des Klimas. 

Gestalten Sie die Energiewende zukunftsfähig und preiswert. Sorgen Sie dafür, dass:
  • die günstigsten Erneuerbaren Energien, Photovoltaik und Windkraft an Land, durch verlässliche Rahmenbedingungen dynamisch ausgebaut werden – möglichst dezentral und in der Hand der Bürger/innen;
  • energieintensive Unternehmen nur dann von ihrem Beitrag zur Energiewende befreit werden, wenn sie in eine bedrohliche Wettbewerbssituation geraten und in Energieeffizienz investieren;
  • Kohlekraftwerke für ihre wahren gesellschaftlichen Kosten aufkommen müssen – über einen funktionierenden Emissionshandel oder eine CO2-Steuer. Für Kohlekraft braucht es einen konsequenten Ausstiegsfahrplan.
Mit freundlichen Grüßen,

Die Petition kann jede/jeder, die/der sich daran beteiligen möchte auf der Internetseite von Campact online unterzeichenen.




Zum Weiterlesen


"Es geht uns um Vertragssicherheit, es geht uns um den Investitionsstandort und es geht uns um die Zukunft der Energiewende und die steht auf dem Spiel."

Heino Bade (IG Metall Küste, Bezirkssekretär)




(Quellen: NWZ vom 28.01.2014, taz vom 25.01.2014, Focus vom 25.01.2010, Umweltinstitut München, Nordsee-Zeitung vom 25.11.2013 - Bericht 1 und Bericht 2, Radio Bremen vom 22.01.2014 und vom 23.01.2014, Nordsee-Zeitung vom 22.01.2014 - Bericht 1 und Bericht 2, Manager Magazin vom 22.01.2014, Frankfurter Rundschau vom 19.01.2014, Radio Bremen vom 25.11.2013, NDR vom 12.02.2013, Niederdeutsches Heimatblatt vom Oktober 2012, VIK-Strompreisindex, IWR: "Strompreise für Großkunden bis 2020 unter vier Cent je kWh", DUH-Studie "Energiewende oder Energiewendeende", Wikipedia, Campact)

Mittwoch, 22. Januar 2014

Von der Datasette zur SSD-Platte

Datenträger im Wandel der Zeit
Kürzlich fand ich beim Aufräumen eine alte Festplatte aus dem Jahre 1990 wieder, die ich vor längerer Zeit einmal "beiseite gelegt" hatte (man kann ja nie wissen, ob man nicht irgendwann einmal ein Ersatzlaufwerk braucht).

Als ich das schwergewichtige Relikt aus der eigentlich ja noch gar nicht so fernen Vergangenheit des digitalen Zeitalters in den  Händen wog, ging mir so durch den Kopf, dass die Entwicklung der Speichermedien seit dem Siegeszug des "Personal-Computers" vor etwa 25 bis 30 Jahren wahrhaft atemberaubend war.

Angefangen hatte die Geschichte für mich, als ich vor etwa 30 Jahren mit einem Commodore VC20 (einem Vorgänger des legendären Commodore C64) zu arbeiten hatte, mit dem die Daten von mehreren Messgeräten erfasst wurden. Für den Sichtkontakt sorgte ein Digital-zu-HF-Converter, der die über die integrierte Tastatur eigegebenen Text-Kommandos und die Antworten des VC20 auf einem tragbaren Schwarz-Weiß-Fernseher sichtbar machte.

An ein Diskettenlaufwerk oder gar eine Festplatte war bei diesem rustikalen Datenverarbeitungsgerät damals noch gar nicht zu denken. Die Software befand sich auf einer Datasette, eigentlich eine ganz normale Musikcassette. Der Ladevorgang dauerte - wenn man Glück hatte - etwa 15 Minuten.

Nach Abschluss des Ladevorgangs folgte eine "Verify"-Routine mit der die in den Speicher des VC20 geladenen Daten mit denen auf der Datassette verglichen wurden, um sicherszustellen, dass auch alles richtig eingelesen worden war. Es passierte recht häufig, dass Verify feststellte, dass nicht alle Daten korrekt vom Band gelesen worden waren. Das hieß dann, dass die gesamte Prozedur noch einmal wiederholt werden musste. Manchmal dauerte es auf diese Weise ein bis zwei Stunden, bevor ich das Programm endlich starten konnte.


Das Ende der Datassette

Das änderte sich erst, als die ersten XT PCs auf den Markt kamen, die dank der Konkurenz zu IBM langsam bezahlbar wurden. Der Nachfolger des zwischenzeitlich als Messrechner zum Einsatz gekommenen Commodore C64 hatte zwar immer noch keine Festplatte (das wäre damals unerschwinglich gewesen), aber an Stelle der Daten-Cassette gab es jetzt immerhin schon zwei Diskettenlaufwerke für 5,25" Floppy-Disks mit jeweils 360 Kilobyte (KB) Speicherplatz (eine dieser "Schwabbel-Disketten" ist unten links im Bild zu sehen). Das eigentliche Speichermedium bestand aus einer dünnen,  rund ausgestanzten Kunststofffolie, auf die - ähnlich wie bei den Tonbändern in den Musikca ... Sorry, Datasetten - eine magnetisierbare Schicht aufgebracht war. Auf der einen Diskette befand sich das Betriebssystem und auf der anderen die Software zur Datenerfassung.

Das Laden der Software war jetzt in atemberaubender Geschwindigkeit erledigt ... - aus damaliger Sicht jedenfalls. Und die Datasette hatte nach ebenfalls atemberaubend kurzer Zeit ausgedient.

In den ersten IBM AT PCs, die später für die Arbeit in unseren Büros beschafft wurden, war dann schon eine Festplatte eingebaut. Nach den 360 KB Floppy-Disks sprengten die 20 bis 30 Megabyte (MB) Platten anfangs beinahe unser Vorstellungsvermögen: Niemals würden wir diese gigantischen Platten voll bekommen ...

Rückblickend betrachtet konnten wir uns damals noch wirklich für den rasanten Fortschritt in der Computertechnik begeistern. Heutzutage wird das alles als selbstverständlich empfunden. Ich möchte mal die langen Gesichter der Kids von heute sehen, wenn man sie irgendwo in der Wildnis mit einem Comodore C64, ohne Maus und einer Datasette anstelle einer Festplatte und eines USB-Sticks aussetzen würde. Die wären völlig hilflos. Wir hingegen haben mit diesen Geräten noch "wahre Wunder" vollbracht.

Zusätzlich zur Festplatte gab es in den ATs noch ein 3,5" Diskettenlaufwerk. Die Disketten hatten jetzt - im Unterschied zu den 5,25"-Floppy-Disks mit ihren "Foliengehäusen" - ein starres Kunststoffgehäuse und konnten Anfangs 720 KB, später 1,44 MB an Daten aufnehmen. Mechanische Beschädigungen der Folienscheibe gehörten damit (fast) der Vergangenheit an.


Die Festplatte kommt ins Spiel

Links oben im Bild ist eine 5,25" Seagate Festplatte (Model ST-4096) von 1990 zu sehen, auf der eine Datenmenge von 80 MB (formatiert) untergebracht werden konnte. Die Daten wurden auf 5 Disks gespeichert die mit einer Geschwindigkeit vom 3500 Umdrehungen pro Minute rotierten. Mithilfe von 9 Magnetköpfen (Heads) wurden die Daten mit einer Transferrate von satten 5,0 Mb pro Sekunde geschrieben und gelesen - damals ein Vielfaches dessen, was auf eine Diskette passte!

Für die Stromversorgung wurden 1,5 Ampere (A) an 5 Volt (V) beziehungsweise 4,0 A (an 12 V) benötigt. Das gute Stück wog damals 4,1 kg. Ein komplettes Notebook (bzw. Laptop) oder gar ein Tablet-Computer bringen heute nur einen Bruchteil davon auf die Waage. Auch der Platzbedarf im Computergehäuse war enorm. Er entsprach in der Höhe etwa dem von drei der heute gebräuchlichen 3,5" Festplatten.

Die zweite Festplatte rechts daneben ist eine Western Digital (Model WD 93044-A) aus der gleichen Zeit mit einer Datenkapazität von 43 MB (formatiert). Die Datentransferrate betrug 4,0 MB/s bei 3600 Umdrehungen pro Minute. Die Bauhöhe entsprach in etwa der doppelten Gehäusehöhe heutiger Festplatten. Die WD 93044-A war zwar alles in allem kleiner als die ST-4096, aber dafür auch erheblich sparsamer im Stromverbrauch. Ihr reichten 0,6 A (an  5 V) und 0,8 A (an 12 V). Die Leistungsaufnahme betrug 7,4 Watt (W) im Leerlauf und 9,3 W im Lese- und Schreib-Betrieb, während die größere ST-4096 unglaubliche 23 W bzw. 55 W brauchte.

Zum Vergleich habe ich eine neuere SATA Platte, eine Seagate "Barracuda 7200.9" (Model ST380811AS) aus dem Jahre 2006 dazugelegt (die 3. von rechts oben im Bild). Ihr Gehäuse hat die die gleiche Grundfäche wie die beiden alten Festplatten von 1990. Allerdings findet hier auf nur einer Disk eine Datenmenge von 80 GB (formatiert) Platz. Auch zwischen den Datentransferraten liegen im Vergleich zu 1990 Welten. Bei einer Umdrehungsgeschwindigkeit von 7200 Umdrehungen pro Minute bewältigt ein einziger Magnetkopf in der  ST380811AS einen Datentransfer von 300 MB pro Sekunde. Trotz der erheblich größeren Kapazität und Geschwindigkeit liegt der Stromverbrauch mit 0,46 A (an  5 V) und 0,56 A (an 12 V) noch einmal deutlich unter dem der "kleineren" WD 93044-A von 1990.

Die 3,5"-Platte darunter - eine Seagate "Medialist 4310" (Modell ST34310A) - stammt aus dem Jahre 1999. Gut sechs Jahre vor der ST380811AS (zur Erinnerung: 80 GB) mussten sich die Besitzer der ST34310A noch mit der wesentlich bescheideneren Speicherkapazität von 4,3 GB zufrieden geben. Zum Schreiben und lesen der Daten waren 16 Magnetköpfe notwendig. Die Leistungsaufnahme lag bei 1,1 Watt im Standby- und 5,5 W im Lese- und Schreib-Betrieb.

Die ersten 2,5" Festplatten (links in der Mitte über der 5,25"-Floppy-Disk) mit bis zu etwa 120 MB wurden ab ca. 1992 in Laptop-Computern verbaut. Die hier zu sehende Fujitsu-Platte (Model MHS2020AT) fasste bereits 20,0 GB. Heute weisen sowohl die 2,5" wie auch die 3,5" Festplatten Speicherkapazitäten von bis zu 2 TB auf.


Disketten als "Netzwerkersatz"

In der Zeit, bevor uns ein Computer Netzwerk zur Verfügung stand, dienten die 3,5"-Disketten als Transfer-Medium, um Daten von einem PC auf einen anderen zu übertragen. Bei den später größer werdenden Datenmengen reichte die Speicherkapazität von 1,44 MB pro Diskette bald aber nicht mehr aus. Wenn wir größere Datenmengen zu übertragen hatten, wurden wir zum "Diskjockey".

Erst als Iomega seine ZIP100 Laufwerke und die dazugehörigen 120 MB Disketten auf den Markt brachte, war es mit der zeitraubenden Diskettenwechselei vorbei. Rechts oben im Bild ist ein externes ZIP100-Laufwerk zu sehen, das über den Parallelport mit dem PC verbunden wurde (darunter liegt eine 120MB Diskette).

Allerdings währte die ZIP100-Ära nur eine kurze Zeit. Das Erscheinen der USB-Sticks läutete ihr schnelles Ende ein. Der USB-Stick mit dem noch recht klobigen Gehäuse (unterhalb der Iomega-Diskette) hatte die gleiche Speicherkapazität - bei einer erheblich schnelleren Datentransferrate! Das Gehäuse des USB-Sticks unten ganz rechts im Bild ist - im Vergleich mit anderen heute gebräuchlichen Bauformen - eigentlich noch recht groß. Aber trotzdem fassen diese Winzlinge heute Datenmengen von bis zu 64 GB - und liegen damit irgendwo zwischen den beiden Festplatten-Ungetümen aus der Zeit zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts.


Ein Blick in die Zukunft

Inzwischen werden die neuen SSD-Festplatten langsam erschwinglich. Allerdings können ihre Speicherkpazitäten mit denen heutiger konventioneller Festplatten bisher keinesfalls mithalten, und das Verhältnis "Euro pro MB" lässt gegenüber herkömmlich Festplatten auch noch zu wünschen übrig.

Eigentlich handelt es sich bei diesen Speichermedien auch nicht um Festplatten im herkömmlichen Sinne, sondern um Speicherchips, ähnlich einem USB-Stick oder den SD-Speicherkarten, die beispielsweise in Digitalkameras Anwendung finden. Da sie keine beweglichen Teile enthalten, besteht ihr Vorteil zum einen in der fehlenden Geräuschentwicklung und zum anderen in der kürzeren Zugriffszeit, was eine höhere Datentransferrate zur Folge hat.

Wenn die Entwicklung weiterhin so schnell voranschreitet, wie bisher, dann werden wir es bestimmt noch erleben, dass wir uns fragen, ob der Computer überhaupt in Betrieb ist, weil wir die typischen Geräusche der hin und herzappelnden Magnetköpfe vermissen. Aber mithilfe einer Sound-Datei und der Soundkarte wird sich sicher auch für dieses Problemchen eine Lösung finden lassen :)


(Quellen: Homecomputer Museum, Wikipedia, sowie Archivseiten der Festplattenhersteller)

Dienstag, 21. Januar 2014

Eindrucksvolle Demonstration für die Agrarwende

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18.01.2013: Wir haben die Agrarindustrie satt (Foto: © Jakob Huber, CC BY-NC)
Rund 20.000 Menschen waren am vergangenen Samstag in Berlin zu einer Großdemonstration für eine Agrarwende in Deutschland erwartet worden. Gekommen waren 30.000 Demonstranten, die ihren Protest gegen die Folgen der industriellen Landwirtschaft, gegen gentechnisch veränderte Nahrungspflanzen und deren Verarbeitung zu "Bio"-Treibstoffen, gegen die Spekulation der Banken mit Grundnahrungsmitteln, gegen chemische Bienenkiller oder gegen das national- und EU-politisch forcierte Aussterben von Haustierrassen, sowie Obst und Gemüsesorten auf die Straßen Berlins trugen.

Ebenso, wie der Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende in der Verantwortung der heute lebenden Generationen gegenüber unseren Nachkommen liegt, gilt das auch auch die Bewahrung der Arten- und Sortenvielfalt der natürlichen Nahrungsmittelgrundlagen.

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Fleisch-Konsum: Enormer Resourcenverbrauch (Foto: © Jakob Huber, CC BY-NC)
Ohnehin lässt sich auch das Thema "industielle Landwirtschaft" schon längst nicht mehr isoliert betrachten. Besorgniserregende Wechselwirkungen bestehen unter anderem mit dem Klimawandel und der Trinkwasserversorgung. So hatten beispielsweise der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und das Umweltbundesamt (UBA) kurz vor Beginn der diesjährigen, noch bis zum 26.01.2014 geöffneten "Grünen Woche" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass 20 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland auf den Ernährungssektor zurückzuführen sind und ein Viertel der Grundwasservorkommen hierzulande mit zu hohen Nitrat-Verunreinigungen aus der industriellen Landwirtschaft belastet ist.

Diese Erkenntnisse scheinen inzwischen endlich auch in Teilen der Politik angekommen zu sein. Herr Meyer (Bündnis '90 /die Grünen, Niedersachsen, Landwirtschaftminister) sagte in einem am 15.01.2014 in der taz veröffentlichten Interview, dass von dem Geld, welches früher unter der Rubrik "Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit für die Agrarindustrie" verwendet wurde, jetzt die ökologische Agrarwende in Niedersachsen profitiert. Es sei befürchtet worden, dass die dafür zur Verfügung stehenden Mittel der EU möglicherweise um 10 Prozent gekürzt werden könnten. Stattdessen stünden in Niedersachsen mit 1,1 Milliarden Euro jetzt 15 Prozent mehr für die Förderung der Agrarwende zur Verfügung, als in der vorangegangenen Förderperiode.

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Lobbyisten und Politik gegen die Demokratie (Foto: © Jakob Huber, CC BY-NC)

Die Veranstalter der Großdemonstration hatten insbesondere auch das geplante Freihandelsabkommen TTIP kritisiert, über das derzeit hinter verschlossenen Türen zwischen der Regierung der USA und der EU-Kommission verhandelt wird. Dieses schade gleichermaßen der bäuerlichen Landwirtschaft und den Verbrauchern. Die große Mehrheit der Menschen sei gegen die demokratisch nicht legitimierte Zulassung von Hormonfleisch, Gentechnik etc. durch eine transatlantische Hintertür.

Damit es nicht soweit kommt, muss der öffentliche Druck seitens der Bürger und der bäuerlichen Landwirte auf die Politik aufrechterhalten - und gegebenenfalls auch noch erhöht werden. Einzelne Erfolge von Petitionen und Kampagnen (Bienengift Neonikotinoide, Trinkwasser-Privatisierung etc) haben in der Vergangenheit gezeigt, dass Korrekturen politischer Fehlentscheidungen, auch gegen die Interressen mächtiger Wirtschaftsverbände, möglich sind.


"Sicher, einige, die seit Jahrzehnten auf Massentierhaltung und industrielle Landwirtschaft gesetzt haben, merken, dass sie Verlierer der Agrarreform sind."

Christian Meyer
(am 15.01.2014 in einem Interview mit der taz)

"Wer Megaställe genehmigt und subventioniert, wer auf Export und Freihandel setzt und dann auch noch darüber nachdenkt, Gentech-Pflanzen auf Europas Äckern zuzulassen, der lässt die Bäuerinnen und Bauern im Stich und handelt gegen die Interessen von Verbrauchern, Tieren und Umwelt"

Jochen Fritz (Bündnis "Wir haben es satt!")


    (Quellen: Aktionsbündnis "Wir haben es Satt!" - Pressemitteilung vom 18.01.2014, Campact vom 18.01.2014, Deutsche Welle vom 18.01.2013, rbb vom 18.01.2014, NDR vom 18.01.2014, Braunschweiger Zeitung vom 18.01.2014 , taz vom 15.01.2014, Bundestagsfraktion von Bündnis 90 /Die Grünen vom 16.01.2014, Wikipedia)

    Montag, 20. Januar 2014

    Die Große Koalition behindert die Energiewende

    Jetzt ist die Katze endgültig aus dem Sack: Anstatt die Umsetzung der Energiewende zügig voranzutreiben, will Herr Gabriel (SPD, Parteivorsitzender und Bundeswirtschaftsminister) den Ausbau der Windenergieanlagen ausbremsen.

    In der Süddeutschen Zeitung ist heute zu lesen, dass demzufolge nur noch eine Gesamtleistung von maximal 2500 Megawatt pro Jahr aus landgestütztenWindkraftanlagen hinzukommen soll. Das wären etwa 1000 Anlagen. Sollte mehr Leistung installiert werden, dann solle das automatisch Förderkürzungen zur Folge haben. Zusätzlich solle die Vergütung im windstarken Norden Deutschlands um bis zu 20 Prozent gekappt werden.

    Angeblich soll mit diesen Maßnahmen der Anstieg der Stromkosten eingedämmt werden. Fakt ist jedoch, dass die Kosten für fossile Energieträger und Uran während der letzten Jahre drastisch gestiegen sind. Aufgrund der knapper werdenden Rohstoffresourcen ist damit zu rechnen, dass sich an diesem Trend wohl kaum etwas ändern wird. Das heißt, dass der Strom aus fossil befeuerten Großkraftwerken und aus Atomkraftwerken immer teuerer werden wird: Kohle und Uran sind auf Dauer die wahren Kostentreiber.

    Hinzu kommen Subventionen, die seit Jahrzehnten für den Betrieb der Atom- und Kohlekraftwerke fließen, sowie enorme Folgekosten für den Rückbau der durch den Braunkohletagebau verursachten Schäden, für Setzungsschäden an Gebäuden in Untertagebauregionen und für den Rückbau der Atommeiler, sowie der Lagerung ihrer strahlenden Hinterlassenschaften. Diese Kosten tauchen zwar nicht auf unserer Stromrechnung auf, verbergen sich aber in  den Subventionen, die auch weiterhin noch für unabsehbare Zeit aus Steuermitteln dafür aufgebracht werden müssen.

    Auf diese Weise wird die Energiewende in Deutschland und die Abwendung, zumindest der schlimmsten zu erwartenden Folgen der drohenden Klimakatastrophe, nicht gelingen. Herr Albig (SPD, Schleswig-Holstein, Ministerpräsident) hat seinem Parteivorsitzenden vorgerechnet, dass der gedeckelte Zubau so gering ist, "dass die zusätzliche Stromerzeugung nicht einmal den bis Ende 2022 wegfallenden Atomstrom ersetzen kann". Das schrieb die Tagesschau am 20.01.2014 auf ihrer Internetseite.

    Damit wäre dann nicht nur der Erfolg der Energiewende, sondern auch der ohnehin viel zu langfristig angesetzte Atomausstieg in Gefahr. Die Atomkraftgegner warnen bereits seit etwa drei Jahren vor dieser Entwicklung.


    Letztlich wird es nur noch ums Überleben gehen

    Wer es mit der Umsetzung der Energiewende ernst meint, der muss die Subventionen für die fossile Stromerzeugung und die Atomenergie beenden und die dadurch frei werdenden Mittel in die Förderung der Stromerzeugung auf Grundlager regenerativer Energiequellen fördern - zumindest solange, bis die Energiewende (hoffentlich) erfolgreich abgeschlossen sein wird.

    Je länger die Kohle- und Atomkraftwerke noch künstlich auf unsere Kosten am Leben erhalten werden, desto teuerer werden uns die Stromkosten noch zu stehen kommen. Da für die regenerativen Energiequellen - Wind, Sonne, Wasser etc. - in Gegensatz zu den fossilen- und atomaren Energieträgern keine Kosten anfallen, werden die Kosten für die Stromerzeugung nach dem Ende des fossilen und atomaren Zeitalters irgendwann auch wieder sinken. Je schneller es soweit sein wird, desto glimpflicher werden wir und die uns nachfolgenden Generationen davonkommen.

    Für die gefährliche Beschleunigung des Klimawandels, der langsam außer Kontrolle zu geraten droht, sind unsere Generationen und diejenigen unserer Eltern und Großeltern verantwortlich. Es ist daher unsere Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen, alles dafür zu unternehmen, die schlimmsten zu erwartenden Folgen des Klimawandels möglichst doch noch zu verhindern. Deshalb werden wir damit leben müssen, dass wir für den bereits angerichteten Schaden aufzukommen haben.

    Sollte es anderenfalls zur Klimakatastrophe kommen, dann werden die Folgen unseres Handelns - beziehungsweise Nichthandelns - mit Geld nicht mehr zu begleichen sein. Für die Kinder und Enkel unserer Kinder und deren Kinder und Kindeskinder wird es dann irgendwann völlig egal sein, dass wir sie für unseren Wohlstand zur Kasse bitten. Für sie wird es dann nur noch ums nackte Überleben in einer lebensfeindlichen Umwelt gehen.
     
    Indem sie zugunsten der Lobby der fossilen Industrie und der Atomkonzerne den Umbau der Energieversorgung in Deutschland mit allen Mitteln blockiert, wird die Große Koalition - ebenso wie auch zuvor auch schon die wespenfarbene Bundesregierung - ihrer Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen nicht gerecht.
     
    • "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere ..."

      - Grundgesetz, Artikel 20a -


    Update 21.01.2013: Letzten Absatz hinzugefügt

    (Quellen: Deutschlandfunk vom 20.01.2014, taz vom 20.01.2014, Süddeutsche Zeitung vom 20.10.2014, Tagesschau vom 20.01.2014)

    Samstag, 18. Januar 2014

    Neues vom Eisbär-Baby

    Eisbärin Valeska mit ihrem Baby (© Foto: Zoo am Meer, Bremerhaven)
    Das am 16. Dezember 2013 im Bremerhavener Zoo geborene Eisbär-Baby hat den Jahreswechsel mit der Sylvester-Knallerei gut überstanden und ist wohlauf. Das schreibt der Zoo auf seiner Internetseite.

    Wahrend Frau Kück (Zoo am Meer, Direktorin) und die Menschen in Bremerhaven daran interessiert sind, dass der kleine Bär sich auch in den nächsten Wochen in aller Ruhe gut entwickeln kann, leuchten in den Augen Herrn Teisers (CDU, Bürgermeister und Kämmerer) schon die Dollarzeichen. Ihm geht es in erster Linie um die Vermarktung des Neugeborenen.

    Dementgegen hat für Frau Kück vorerst jedoch das Wohl von Valeskas Baby absolute Priorität. Im Bremer Regionalmagazin "Buten un Binnen" hieß es am 11.01.2014, aus Sicht der Zoodirektorin sei es noch zu früh für PR-Aktivitäten. Der kleine Bär sei noch nicht einmal aus dem Gröbsten heraus.

    Deshalb wurde sie von Herrn Teiser scharf angegriffen. In "Buten un Binnen" sagte er vor laufender Kamera (Zitat): "Die Dame ist Geschäftsführerin und nicht Tierpflegerin. Dann sollte sich eher mal da drüber Gedanken machen, äh, wie sie das mit diesem Eisbären hinkriegen kann, mehr Einnahmen zu generieren, als sich, äh, über die Äußerungen des Bürgermeisters Gedanken zu machen, äh, ob sie dafür die geistige Substanz hat, das überhaupt zu können, wage ich zu bezweifeln."

    Sein Hinweis, Frau Kück sei "keine Tierpflegerin", ist offenbar der Versuch Herrn Teisers, ihr die Kompetenz zur Beurteilung dessen abzusprechen, was für neugeborene Eisbären in den ersten Wochen ihres Lebens und für ihre zukünftige Entwicklung wichtig ist. Dabei scheint ihm jedoch entgangen zu sein, dass Frau Kück sich als promovierte Biologin mit ihrem Wissen sicherlich nicht hinter den im Zoo beschäftigten Tierpflegern verstecken braucht. Nebenbeibemerkt hatte Frau Kück vor ihrer Zeit in Bremerhaven auch früher schon einmal in einem Zoo gearbeitet und dort unter anderem auch Tierpflege gelernt - um zu wissen, was zu tun ist (nachzulesen ist das auf einer Internetseite von KULTURG.U.T e.V.).

    Aber wir Bremerhavener kennen unseren Herrn Bürgermeister ja schon etwas länger. Ein derart ordinärer, weit unter der Gürtelline geführter Angriff wundert uns deshalb nicht mehr wirklich. Andere Menschen, die ihn vielleicht nicht so kennen, reagieren da schon etwas aufgebrachter. Auf der Internetseite von Radio Bremen kommentierte eine Leserin den Auftritt Herrn Teisers bei "Buten un Binnen" mit den Worten (Zitat): "Bitte, wie niveaulos ist dieser Mensch? .. Herr Teiser, dass Sie es überhaupt in die Politik geschafft haben ist ein Armutszeugnis für Bremerhaven."

    Darauf, wer unser Bürgermeister ist, haben wir Bremerhavener leider keinen Einfluss. In Bremerhaven wird der Bürgermeister von der Stadtverordnetenversammlung (Kommunalparlament) gewählt. Würde er bei uns sattdessen - wie es in anderen Bundesländern, Städten und Gemeinden üblich ist - von den Bürgern gewählt werden, dann wäre Herr Teiser mit Sicherheit schon seit vielen Jahren kein Bürgermeister mehr.

    Die Vorstellung, ein gerade erst geborenes Lebewesen unter allen Umständen offensiv "vermarkten" zu wollen - noch dazu, bevor überhaupt sicher ist, ob es die ersten entscheidenden Wochen ohne Komplikationen übersteht - ist mir völlig fremd. Ich freue mich ganz einfach über den Nachwuchs.

    Falls aber dann, wenn der kleine Bär groß genug ist, um sich gefahrlos draußen im Gehege zu bewegen, viele zusätzliche Besucher in den Zoo kommen sollten, weil sie gerne einmal einen kleinen Eisbären sehen wollen, dann wäre das allerdings ein - vielleicht auch in finanzieller Hinsicht - erfreulicher Nebeneffekt. Die Annahme, der kleine Bär könne entscheidend zur Entschärfung der finanziellen Lage Bremerhavens beitragen, halte ich jedoch für völlig abwegig.


    (Quellen: Radio Bremen vom 11.01.2014, Zoo am Meer, KULTURG.U.T e.V.)

    Donnerstag, 16. Januar 2014

    Ein "No-Spy" Abkommen wäre kaum etwas wert

    Über einen längeren Zeitraum war ihr die 'lästige NSA-Angelegenheit' ja ziemlich egal gewesen. Im Gegensatz zu den davon massenhaft betroffenen Bürgern wachte Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) erst auf, nachdem - dank Herrn Snowden - bekannt geworden war dass sie mithilfe ihres eigenen Mobittelefons ebenfalls ausspioniert wird.

    Dass Herr Friedrich (CSU, ehemaliger Innenminister) sich lieber mit wichtigeren Themen beschäftigte, als mit den Aktivitäten der NSA, war eigentlich schon klar gewesen, bevor er nach Washington geflogen war, um von dort - auch daran hatte bereits vor seinem Abflug wohl niemand ernsthaft gezweifelt - mit leeren Händen zurückzukehren.

    So wundert es auch wenig, dass der Skandal bei der wespenfarbenen Bundesregierung weiter auf Sparflamme vor sich hinköchelte, und dass Herr Snowden bisher noch nicht einmal ein offizielles Wort des Dankes gehört hat. Auch die Idee, Herrn Snowden könne in Deutschland politisches Asyl gewährt werden, hatte die damalige Bundesregierung von vornherein kategorisch abgelehnt: Man will es sich ja nicht mit dem Großen Bruder - äh, quatsch: "Den lieben Freunden" muss es natürlich heißen ... - in Washington verderben.

    Nachdem kurz nach der blamablen NSA-Mission Herrn Friedrichs in Washington durchgesickert war, dass der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) Daten an die NSA übermittelt, hätte es in der Öffentlichkeit ja auch als 'etwas seltsam' wahrgenommen werden können, wenn die politisch Verantwortlichen in Berlin sich wegen der NSA-Praktiken vorher zu weit aus dem Fenster gehängt hätten. Statt dessen versuchten die Bundesregierung und der BND die neue Dimension des Spionage-Skandals möglichst schnell unter den Teppich zu kehren: Das sei alles rechtens. Deutsche seien nicht betroffen und Daten seien ja auch nur im Einzelfall an die NSA übermittelt worden.

    Das kann man ja nun alles glauben ... - oder auch nicht: Von immerhin 'rund 500 Millionen Telefon- und Internetverbindungsdaten aus der Bundesrepublik, die der US-Geheimdienst NSA pro Monat sammelt' war damals die Rede gewesen. Mit nur im Einzelfall an die NSA übermittelten Daten lässt sich eine solche Datenmenge wohl kaum erklären.

    Während die wespenfarbene Bundesregierung noch versuchte, sich aus der für sie immer peinlicheren Affäre zu ziehen, indem sie jetzt Herrn Steinmeier (SPD) für die Autorisierung der Datenweitergabe - von der sie bis dahin nichts gewusst haben wollte - verantwortlich machte, hatte Herr Hayden (NSA, ehemaligr Direktor) gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN bereits bestätigt, dass NSA-Analysten ohne vorherige Autorisierung gewaltige Datenbanken voller E-Mails, Chats und den Listen der besuchten Internetseiten von Millionen Individuen durchsuchen können.


    (K)ein "No-Spy"-Abkommen

    Nachdem sich die Datensammelwut der NSA nicht mehr wirklich verleugnen ließ und auch die US-Regierung aufgrund von Protesten ihrer eigenen Bürger und eines Gerichtsurteils, demzufolge das massenhafte Sammeln von Telefondaten durch die NSA wahrscheinlich gegen den vierten Zusatzartikel zur US-Verfassung verstößt, langsam unter Druck geriet, sollte es ein "No-Spy"-Abkommen richten. Die ARD-Tagesschau berichtete am 12.08.2013, die US-Regierung habe den Abschluss eines  solchen Abkommens angeboten.

    Herr Pofalla (CDU, damals Kanzleramtschef und zuständig für die Geheimdienste) habe bekannt gegeben, dass dazu bereits erste Kontakte zwischen dem BND und der NSA stattgefunden hätten. Ein solches Abkommen sei eine einmalige Chance, Standards für die künftige Arbeit der westlichen Geheimdienste zu setzen. Verhandlungen sollen noch in diesem Monat beginnen ...

    Seit vorgestern kann davon wohl keine Rede mehr sein. Das geht aus den Berichten mehrerer Medien hervor. In der Online-Ausgabe des Spiegel war gestern zu lesen, eine von Herrn Obama (USA, Präsident) eingesetzte Expertengruppe vertrete den Standpunkt, ein einziger verhinderter Anschlag rechtfertige die massive Speicherung von Telefondaten.

    Nicht nur auf Grundlage solcher Aussagen seitens der US-Regierung und ihrer Behörden ist zu befürchten, dass die NSA ihre Aktivitäten noch erheblich ausdehnen wird. Medienberichten zufolge arbeitet sie an einem Quantencomputer, der sie in die Lage versetzen würde, jeden nur erdenklichen Verschlüsselungscode zu knacken. Selbst geschützte Server von Banken, Regierungen oder Forschungseinrichtungen wären dann nicht mehr sicher.

    Gestern schrieb die Deutsche Welle auf ihrer Internetseite, selbst Herr Morell (CIA, ehemalige Vizechef) habe mittlerweile eingeräumt, dass die massenhafte Datenerfassung der NSA "bisher keine entscheidende Rolle bei der Vereitelung irgendwelcher Terrorangriffe gespielt hat". Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch die Studie eines unabhängigen politischen Forschungsinstitut in den USA. Die New America Foundation hat 225 Terrorismus-Fälle seit den Anschlägen vom 11.09.2001 ausgewertet.

    Die Untersuchung habe ergeben, dass die meisten Ermittlungen infolge traditioneller Strafverfolgungs- und Fahndungsmethoden in die Wege geleitet wurden. Dagegen hätten die seitens der NSA gesammelten Telefondaten "keinen erkennbaren Einfluss auf die Verhinderung von Terrorakten gehabt".

    Lediglich in einem Fall habe ein Hinweis aus den NSA-Spionageprogramm zur Einleitung einer Terrorermittlungen geführt. In der Folge sei ein Taxifahrer aus San Diego verurteilt worden, weil er einer Terrorgruppe in Somalia Geld geschickt hatte. Ein drohender Anschlag gegen die USA sei jedoch nicht Hintergrund der Ermittlungen gewesen.

    In einem vorgestern in der Süddeutsche Zeitung veröffentlichten Kommentar spricht Herr Prantl (Honorarprofessor für Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld) vom "Ende einer Illusion". Es sei eine Illusion zu glauben bei der Ausforschung von Bürgern, Behörden, Unternehmen und Organisationen handele die NSA aus eigener Initiative ohne Rückendeckung der US-Politik. Auch die Annahme, es bedürfe nur ein paar vertraulicher Gespräche, um die Sache wieder ins Lot zu bringen sei eine Illusion gewesen (Zitat):
    "Nichts kommt ins Lot. Die Sperrigkeit der USA, mit der Bundesrepublik ein No-Spy-Abkommen zu schließen, ist so verstörend, wie es die Abhöraktionen sind und waren. Die Begründung für diese Sperrigkeit ist in allen drei Punkten entlarvend."
    Was er mit "entlarvend" meint, stellt Herr Prantl folgendermaßen dar:
    • Die US-Regierung argumentiere, dass sie auch mit allen möglichen anderen Staaten "No-Spy"-Abkommen schließen müsse, wenn sie sich auf ein solches Abkommen mit Deutschland einließe. Im Gegensatz zu allen möglichen anderen Staaten sei Deutschland aber NATO-Bündnispartner. Die Annahme, dass dieses Verteidigungsbündnis auch die Verteidigung des Rechts und des Rechtsstaats einschließt, sei offenbar schon immer ein Irrtum gewesen.
    • Ginge es der US-Regierung wirklich nur um die Abwehr terroristischer Gefahren, dann hätte sie keinen Grund, sich dem Abschluss eines "No-Spy"-Abkommens zu verweigern. Anderenfalls müsse sie sich vorhalten lassen, dass sie deutsche Politiker oder Vertreter kirchlicher Institutionen ebenso unter Generalverdacht stellt, terroristische Absichten zu verfolgen, wie auch viele Millionen anderer deutscher Bürger. Die Weigerung der US-Regierung mache deutlich, dass ihr die Terrorismus-Bekämpfung nur als Vorwand dient. 
    • Angesichts ihrer Weigerung, ihre Spionage-Aktivitäten gegen ihre "Freunde" einzustellen, halte sich die US-Regierung offenbar für über dem Gesetz stehend. Die Bundesrepublik werde der US-Regierung deshalb unmissverständlich klarmachen müssen, dass ihre Spionage-Aktivitäten nach deutschem Recht strafbar sind.


    In einem vorgestern auf der Internetseite des "Stern" veröffentlichten Kommentar geht Herr Kinkel (der Stern) noch einen Schritt weiter. Er schreibt, das No-Spy-Abkommen hätte einen Besuch von Frau Merkel in Washington vorbereiten sollen, zu dem Herr Obama eingeladen hatte. Für die im Rahmen dieses Besuchs geplante "öffentliche Versöhnung nach der NSA-Affäre" gebe es jetzt keine Grundlage mehr.

    Mit seiner Verweigerung des "No-Spy"-Abkommens definiere Herr Obama die Bundesrepublik Deutschland als möglichen Feind. Unter diesen Voraussetzungen könne und dürfe Frau Merkel nicht in die USA reisen. Aus seiner Sicht müsste sie sich resolut zur Wehr setzen und dürfe dabei auch das Risiko des Bruchs der transatlantischen Beziehungen nicht scheuen. Wer vermute, dass sie sich das nicht traut, liege wohl nicht falsch.


    Meine Meinung:
    Ein "No-Spy"-Abkommen wäre das Papier nicht wert, auf dem es gerdruckt werden würde - wenn es denn überhaupt zustande käme. Da die Geheimdienste nicht öffentlich, sondern - wie es ihrer Bezeichnung eindeutig zu entnehmen ist - heimlich spionieren und sie bestrebt sind, ihre Geheimisse zu bewahren, würde sich die Einhaltung eines "No-Spy"-Abkommens wohl kaum überprüfen lassen.

    Die Bundesregierung darf die Angelegenheit aber auch nicht einfach auf sich beruhen lassen. Das käme nach meinem Verständnis nämlich einer stillschweigend erteilten Genehmigung gleich. Einem Freund, der mich ebenso offensichtlich hintergehen würde, wie die US-Regierung die Bundesregierung hintergeht, würde ich kurzerhand die Freundschaft kündigen.

    Die oft strapazierte Phrase "unsere amerikanischen Freunde" stellt sich einmal mehr als Farce dar. Sollte die US-Regierung nicht doch noch einlenken, dann wäre es an der Zeit diese Farce endlich zu beenden - aber auch sonst wäre es hin und wieder angebracht darüber nachzudenken, ob die heutigen politischen Akteure der USA - beinahe siebzig Jahre nach dem Sieg über das Nazi-Regime - noch uneingeschränkt zu unseren "Freunden" zu zählen sind.

    Der Forderung Herrn Prantls, die Bundesregierung müsse der US-Regierung unmissverständlich klar machen, dass die NSA-Aktivitäten gegen deutsches Recht verstoßen, stimme ich uneingeschränkt zu. Zumindest dann, wenn ausländische Dienste auf deutschen Boden gegen deutsches Recht verstoßen, ist das ein Fall für die deutschen Strafverfolgungsbehörden.


    (Quellen: Spiegel vom 15.01.2013, Deutsche Welle vom 15.01.2014, Süddeutsche Zeitung vom 14.01.2014, Stern vom 14.01.2014, Spiegel vom 14.01.2014, Süddeutsche Zeitung vom 14.01.2014 - vom 13.01.2014 und vom 03.01.2014, Süddeutsche Zeitung vom 04.01.2014, Handelsblatt vom 03.01.2014, Tagesschau vom 12.08.2013, Nachdenkseiten vom 08.08.2013, Frankfurter Rundschau vom 07.08.2013, Frankfurter Allgemeine Zeitung 07.08.2013, Heise News vom 07.08.2013, taz vom 07.08.2013, Die Zeit 05.08.2013, Frankfurter Allgemeine Zeitung 04.08.2013, Spiegel vom 03.08.2013, CNN vom 31.07.2013 [engl.], Die Zeit vom 17.07.2013, Frankfurter Allgemeine vom 13.07.2013)