Donnerstag, 31. Januar 2013

Atomausstieg: Das geht auch schneller! - Teil 2

Atomkraft? Nein Danke!In einem Kommentar zu meinem Artikel "Atomausstieg: Das geht auch schneller!" vom 29.01.2013 wird die Ansicht vertreten, der Atomausstieg sei schon kurz nach dem Vorfall in Fukushima angekündigt und beschleunigt worden. Das brauche einfach seine Zeit. Der Schreiber befürchtet, dass wir im Falle eines beschleunigten Atomausstiegs teuren Atomstrom aus Frankreich beziehen müssten. Er meint weiter, der Bau von Windrädern in der Nordsee sei im vollen Gange. Das Risiko eines Atomunglücks in Deutschland, so wie in Fukushima, schätzt er bei weitem nicht so hoch ein, wie es mein Artikel vermittelt.

Ein Atomausstieg und die Umsetzung der Energiewende ist selbst nach der “unverdächtigen” - weil “sozusagen höchstoffiziellen” - Studie des Umweltbundesamtes bis 2017 möglich. Die Studien des BUND und von Greenpeace zeigen Wege auf, wie das Ziel auch auch bis 2015 erreichbar wäre. - Leider müsste es genaugenommen heißen: “.. eigentlich erreichbar gewesen wäre, wenn gleich zu Beginn des Jahres 2011 die notwendigen Schritte dafür eingeleitet worden wären.” Seitdem sind zwei Jahre sinnlos vertrödelt worden. Selbst wenn man eher etwas vorsichtiger an den Atomausstieg herangehen möchte und den möglichen Zeitrahmen "bis 2017" ansetzt, dann wäre das immer noch um fünf Jahre schneller, als der sogenannte “Atomausstieg” à la Schwarz/Gelb.


Atomausstieg ist schon beschleunigt worden?

Davon einmal abgesehen kann ich beim besten Willen nicht erkennen, inwiefern das voraussichtliche Ende der Atomkraftwerke in Deutschland “beschleunigt worden” sein soll. Gegenüber dem rot/grünen “Atomkonsens” aus dem Jahre 2000 sind nur die beiden Atomkraftwerke "Phillipsburg-I" und "Krümmel" eher vom Netz gegangen (ein bzw. fünf Jahre früher) - und das auch nur aufgrund des “Atommoratoriums”, das es ohne den öffentlichen Druck hunderttausender Atomkraftgegener auf die Bundesregierung und ohne die Eindrücke, die der Super-GAU in der japanischen Atomanlage “Fukushima-I” am 11.03.2011 hinterlassen hat, nie gegeben hätte. Wäre es bei der schwarz-gelben "Laufzeitverlängerung" geblieben, dann wären wir den von diesen beiden Atomkraftwerken ausgehenden Gefahren voraussichtlich noch bis 2033 (Atomkraftwerk "Unterweser") und 2032 (Atomkraftwerk "Phillipsburg-I") ausgesetzt gewesen.

Die ebenfalls vom “Atommoratorium” betroffenen Atomkraftwerke "Biblis B" und "Brunsbüttel" waren bis zu dessen Umsetzung schon jeweils zwei Jahre, "Neckarwestheim-I" drei Jahre und "Biblis A" vier Jahre länger in Betrieb gewesen. Die Atomkraftwerke “Isar-I” und “Unterweser” wären dem Atomkonsens entsprechend ohnehin im Jahre 2011 vom Netz gegangen. Unterm Strich sind also allein die “dem Atommoratorium zum Opfer gefallenen” Atomkraftwerke insgesamt schon 5 Jahre länger in Betrieb gewesen, als es im “Atomkonsens” einmal verabredet worden war.

Die restlichen neun in Deutschland noch betriebenen Atomkraftwerke werden nach dem Willen der derzeitigen Bundesregierung bis zum Jahre 2022 insgesamt 30 Jahre länger in Betrieb gewesen sein, als es der Fall gewesen wäre, wenn sie nicht am “Atomkonsens” gerüttelt hätte. Also wirklich: Als einen “schon kurz nach dem Vorfall in Fukushima angekündigten und beschleunigten Atomausstieg” würde ich eine Laufzeitverlängerung gegenüber dem “Atomkonsens” um insgesamt 35 Jahre nun nicht gerade bezeichnen.

Eine übersichtlichere Darstellung der "Laufzeiten" in Form einer tabellarischen Gegenüberstellung der Daten des "Atomkonsens", der "Laufzeitverlängerung", des "Atommoratoriums" sowie der Ausstiegsszenarios des "UBA", des "BUND" und von "Greenpeace", gibt es in meinem Artikel "Getarnte Laufzeitverlängerung" vom 09.06.2011.


Atomstrom-Import aus Frankreich?

Das von der Atomlobby immer wieder gerne viorgeführte Schreckgespenst “Teurer Atomstrom-Import aus Frankreich” ist im Winter 2011/2012 wohl endgültig ad absurdum geführt worden: Weil die Leistungsfähigkeit der Atommeiler der “Grande Nation Nucléaire” aufgrund der anhaltenden Frostperiode am oberen Limit schrammten, musste Frankreich Ökostrom aus Deutschland importieren.

Trotz der Abschaltung von acht Atomkraftwerken infolge des "Atommoratoriums" hat sich nichts daran geändert, dass Deutschland mehr Strom exportiert als importiert. Das war insbesondere während der Wintermonate der Fall. In Anbetracht der Drohkulisse, die von den Atomkonzernen in Reaktion auf das “Atommoratorium” aufgebaut worden war, hätten während dieser Monate hierzulande eigentlich die Lichter ausgehen müssen. Das Gegenteil war jedoch der Fall: Deutschland war in der Lage, die Rolle der Ausfallreserve für benachbarte Länder in Europa - insbesondere aber für unseren atomsüchtigen Nachbarn Frankreich - zu übernehmen.

Der im vergangenen Jahr erzeugte Strom-Überschuss wird den ewig gestrigen Atomstrom Import-Ängsten endgültig den Wind aus den Segeln zu nehmen: Die 23 Milliarden Kilowattstunden, die über den eigenen Verbrauch hinaus erzeugt und exportiert wurden, sind der bisherige Rekord. Der vorherige Spitzenexport war im Jahre 2008 mit 22,4 Milliarden Kilowattstunden erreicht worden. Nachlesen kann man das in der Online-Ausgabe der Badischen Zeitung vom 08.01.2013.


Windradbau in der Nordsee in vollen Gange?

Wenn “der Bau von Windrädern in der Nordsee” tatsächlich “im vollen Gange” wäre, dann wäre das zur Abwechslung einmal eine wirklich gute Nachricht. Viele der bei uns in Bremerhaven ansässigen Hersteller von Offshore-Windenergieanlagen sehen die Zukunft ihrer Branche angesichts der “Energiewende Wende-Politik” à la Schwarz/Gelb in eher in düsteren Farben. Sollte sich daran nicht ganz schnell etwas ändern, dann wird das über kurz oder lang auch die Hoffungen auf einen wirtschaftlichen Aufschwung unserer Stadt endgültig zerschlagen.

Erst gestern hatte die Nordsee-Zeitung auf ihrer Titelseite einen entsprechenden Bericht mit dem Titel “Offshore Industrie fürchtet um Aufträge” veröffentlicht. Ein Artikel in der Online-Ausgabe der Zeitung vom 30.01.2013 bekräftigt diese Befürchtungen noch einmal. In Anbetracht der neuesten Hiobsbotschaften aus Berlin spricht die Windagentur WAB darin von einem verheerenden Signal an die Investoren.

Auch die Statements von Verantwortlichen der in Bremerhaven ansässigen Hersteller “Weserwind” und “Repower” lassen nichts Gutes ahnen: In der Rotorblattfertigung von “Repower” würden bis Mitte des Jahres aufgrund fehlender Aufträge alle 400 Leiharbeiter entlassen werden müssen. Bei “Weserwind” sei die Beschäftigung infolge eines Zusatzauftrags über 20 Tripoden für den Windpark “Global Tech 1” noch bis in den Herbst sichergestellt.

Angesichts solcher Zukunftsaussichten werden bei so manchem Bremerhavener unterschwellig sicher wieder böse Erinnerungen an den Beginn der Niedergangs der Werften in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wach: Wenn die Offshore-Windkraftanlagen Hersteller in Deutschland keine Aufträge mehr bekommen, dann werden sie Konkurs anmelden oder sich rechtzeitig nach Produktionsstandorten und Absatzgebieten in anderen Teilen der Welt müssen.

Nebenbei bemerkt, lege ich meine Hoffnungen bezüglich einer erfolgreichen Energiewende in Deutschland allerdings ohnehin eher auf viele kleine und dezentrale regenerative Energiequellen in kommunaler- und in Bürgerhand, als auf ein weiteres Energie-Oligopol einiger weniger Großkonzerne, deren Macht wir dann wieder schutzlos ausgeliefert wären. Die Offshore Windparks der Energiekonzerne sähe ich da schon lieber in der Rolle eines zusätzlichen Standbeins im zukünftigen Energie-Mix.


Risiko nicht so hoch wie in Fukushima?

Was “das Risiko eines Atomunglücks in Deutschland” angeht, würde ich die möglichen Risiken und Ursachen für einen zukünftigen Super-GAU mal lieber nicht auf ein Erdbeben, “so wie in Fukushima”, beschränken. Zum einen behaupteten bis zum März 2011 auch die Verantwortlichen in Japan immer, ihre Atomkraftwerke seien absolut sicher (genaugenommen sogar “absolut erdbebensicher”!) und zum anderen setzt die Auslösung eines atomaren GAUs oder Super-GAUs nicht zwingenderweise ein Erdbeben voraus. Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerne noch einmal an die Vorfälle in Windscale (Großbritanien 1957, menschliches Versagen, Graphitbrand im Reaktorkern infolge einer Überhitzung), Harrisburg (USA 1977, Ausfall der Kühlung infolge einer Ventil-Fehlfunktion, partielle Kernschmelze eines Drittels des Reaktorkerns), Tschernobyl (UDSSR/Ukraine 1986, menschliches Versagen, Explosion des Reaktors und Zerstörung des Reaktorgebäudes) und an den Atomunfall mit dem Versuchsreaktor Lucens (Schweiz, 1969, Überhitzung von Brennelementen und Bersten eines Druckrohrs beim Wiederanfahren des in einer unterirdischen Kaverne installierten Reaktors nach einer Revision, geschmolzenes radioaktives Material wurde durch die Reaktorkaverne geschleudert). Meine Phantasie reicht aus, um mir darüberhinaus auch noch andere mögliche Unfallursachen und -hergänge vorstellen zu können.


Schlussbemerkungen

Scheinbar glauben manche Menschen wirklich noch an das schöne Märchen, demzufolge die “sichersten Atomkraftwerke der Welt” in Deutschland stehen. Es mag ja sein, dass Menschen, welche die Gefahren, die von der sogenannten “friedlichen Nutzung der Atomkraft” ausgehen nicht sehen wollen, nachts besser schlafen können als diejenigen, die den Realitäten ins Auge sehen. Ich bleibe jedenfalls lieber wachsam und halte es für sinnvoller, “denen da oben” bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu demonstrieren, dass ich keinesfalls damit einverstanden bin, dass wir diesen Gefahren noch weitere zehn Jahre lang ausgesetzt sein sollen. Übrigens: Dass an der Nutzung der Atomkraft absolut nicht friedliches zu finden ist, wird eindrucksvoll durch die vielen Menschen belegt, die ihr schon zum Opfer gefallen sind. Selbstverständlich schließe ich diesbezüglich auch die Menschen in der gesamten Uran-Verarbeitungskette (Abbau, Verarbeitung zu “Yellow Cake”, Brennelementeherstellung, Aufbereitung “abgebrannter” Brennelemente etc.) und die Opfer der Atombombenversuche sowie der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki mit ein.


Anti-Atom-Demos am 9.03.2013



(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 30.01.2013, Badische Zeitung vom 08.01.2013, Wikipedia)

Mittwoch, 30. Januar 2013

Das stille Sterben der Bienen geht weiter

Neonikotinoide, eine Gruppe vom Insektiziden, stehen im begründeten Verdacht, zum inzwischen besorgniserregenden Massensterben von Bienenvölkern beizutragen. Bereits vor zwei Jahren wurde in den USA und in der EU über ein Verbot dieser Gifte debattiert.

Mit Debatten lässt sich das fortgesetzte weltweite stille Sterben der Bienen natürlich nicht aufhalten. Es geht also darum dass dem Gerede endlich auch Taten folgen. In Frankreich, Italien, Slowenien und Deutschland ist man diesbezüglich schon weiter: Dort ist eines dieser Neonikotinoide bereits verboten. Einer Information des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ zufolge ist seitdem bei einigen Bienenvölker schon eine Besserung eingetreten.

Honigbienen und ihre wildlebenden Verwandten bestäuben AVAAZ zufolge weltweit neunzig Prozent der Blütenpflanzen, zu denen auch ein Großteil unserer Nahrungspflanzen gehört. Gäbe es keine Bienen mehr, dann wäre das auch das Ende von Äpfeln, Kartoffeln, Kirschen, Gurken, Kohlrabi und all den anderen Obst- und Gemüsesorten und somit eine gefährliche Bedrohung unserer eigenen Existenzgrundlage: Diese Nahrungsmittel haben in vielen Ländern einen Anteil von mehr als einem Drittel an der Lebensmittelversorgung.

Manche Leute verstehen eine existenzielle Bedrohung ja erst dann, wenn es ums Geld geht. AVAAZ schreibt in einer E-Mail an den Verteiler des Netzwerks, die von den Bienen bestäubten Nahrungspflanzen hätten einen geschätzten Wert von jährlich vierzig Milliarden US-Dollar. - Wobei allerdings zu bedenken wäre, dass man Geld nicht essen kann ...

Aufgrund der Ergebnisse einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Untersuchung hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kürzlich vor drei Insektiziden gewarnt, die tödlich für die Bienen sind. Dabei handelt es um die Neonikotinoide "Clothianidin", "Imidacloprid" und "Thiamethoxam" der Hersteller Bayer und Syngenta. Beides sind multinationale Konzerne, deren Lobbys auf politischer Ebene alles dafür unternehmen werden, einem Verbot ihrer "Pflanzenschutz"-Gifte entgegenzuwirken. - Fragt sich nur, welche Pflanzen sie denn noch schützen wollen, wenn es eines Tages keine Bienen mehr gäbe und Obst, Gemüse und alle anderen Blütenpflanzen von unserem Planeten verschwunden wären ...

AVAAZ schreibt in seiner E-Mail an das Netzwerk (Zitat): "Mitglieder des Europaparlaments erhöhen den Druck auf die Europäische Kommission und auf wichtige Regierungen, um ein neues gesetzliches Verbot dieser tödlichen Pestizide voranzutreiben.", und hat eine internationale Petition initiiert, um ihnen die öffentliche Rückendeckung zu geben, die sie benötigen, um der mächtigen Chemie-Lobby die Stirn zu bieten. Deutlich mehr als 2,3 Millionen Mitzeichner der Petition innerhalb von nur drei Tagen würde ich schon mal als eine beeindruckende Rückendeckung bezeichnen.

Die Petition hat folgenden Wortlaut:
An Entscheidungsträger in der EU und der USA:

Wir rufen sie dazu auf, die Verwendung von Pestiziden der Gruppe der Neonicotinoide zu verbieten, solange deren Sicherheit nicht durch unabhängige, wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen ist. Das katastrophale Bienensterben könnte unsere gesamte Nahrungskette in Gefahr bringen. Wenn sie nun umgehend die nötigen Vorkehrungen treffen, können die Bienen vor dem Aussterben bewahrt werden.




Zum Weiterlesen:



(Quellen: Spiegel vom 16.01.2013, Deutschlandradio vom 24.04.2012, Imker-Demo.de, Bulletin of Insectology von 2010 [engl.])

Dienstag, 29. Januar 2013

Atomausstieg: Das geht auch schneller!

Atomkraft? Nein Danke!In sechs Wochen jährt sich zum zweiten Mal die Atomkatastrophe in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I". Gleich in mehreren Atomreaktoren kam es dort infolge eines Erdbebens zu Kern-
schmelzen. Die Katastrophe dauert bis heute an ...


Auch hierzulande gibt es Belege dafür, dass es um die Sicherheit der neun in Deutschland noch betriebenen Atomreaktoren nicht gut bestellt ist.
  • So gibt es zum Beispiel eine aktuelle Studie zu Sicherheits-
    mängeln des Atomkraftwerks "Grohnde" (Oda Becker: "Die Schwachstellen des AKW Grohnde - Aktueller Handlungs-
    bedarf für die Aufsichtsbehörde"
    ). Trotzdem sollen nach dem Willen der wespenfarbenen Bundesregierung die meisten von ihnen noch weitere zehn Jahre in Betrieb bleiben.

  • Die Urananreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen produzieren weiterhin den gefährlichen "Brennstoff" für Atomkraftwerke in der ganzen Welt. Diese Anlagen werden vom sogenannten "Atomausstieg" à la Wespenkoalition überhaupt nicht erfasst. Wer die ganze Welt mit dem Material für den nächsten Super-GAU beliefert, der hat die Bedeutung des Begriffes "Atomausstieg" nicht wirklich verstanden.

  • Für die sichere Langzeitlagerung des hochradioaktiven Atommülls gibt es keine Lösung ... - und für eine "End"-Lagerung schon gar nicht! Wer sich auch nach mehr als dreißig Jahren - und angesichts des GAUs der Atommülllagerung im ehemals als "Versuchsendlager für schwach- umd mittelradioaktiven Atommüll" deklarierten Salzbergwerk "Asse-II" - noch beharrlich weigert, die für die Eignung des Salzstocks bei Gorleben zur Langzeitlagerung hochradioaktiven Atommülls vernichtenden geologischen Fakten anzuerkennen, der signalisiert damit unmissverständlich, dass er den notwendigen breiten gesellschaftlichen Konsens in der Frage, wie mit den über jahrmillionen strahlenden Hinterlassenschaften des Atomzeitalters verfahren werden soll, verweigert.

  • Gleichzeitig lassen die vier Atomkonzerne und ihre politischen Handlanger nichts unversucht, um die Energiewende zu blockieren, künstlich zu verteuern und möglichst scheitern zu lassen.

    Sollte ihnen das gelingen, dann wäre es durchaus möglich, dass sie eines Tages den Versuch unternehmen werden, Verlängerungen der Betriebsgenehmigungen für ihre Atomkraftwerke zu erpressen, die noch weit über das Jahr 2022 hinaus reichen könnten.

    Und mit jedem Jahr steigt das Risiko eines Super-GAUs:

Das sind mit Sicherheit mehr als genug Gründe, um die Forderung nach einem beschleunigten Ende der Nutzung der Atomkraft gegenüber der Bundesregierung aufrechtzuerhalten. Was diesbezüglich von der aktuellen Bundesregierung zu erwarten ist, dass war schon lange vor der letzten Bundestagswahl im September 2009 klar zu erkennen gewesen: GAR NICHTS! Deshalb brauchen wir nach der Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres einen Regierungswechsel. Sollte es dazu kommen, dann werden wir die SPD auffordern, den Atomausstieg und die Energiewende zu beschleunigen und die Grünen - und gegebenenfalls auch die Linken - an ihre diesbezüglichen Versprechen erinnern. Wie das gehen kann, zeigen Studien der Umweltschutzorganisationen "Greenpeace" und "BUND", sowie des Umweltbundesamtes (alle aus dem Jahre 2011).


Vorher werden aber am Wochenende vor dem zweiten Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima wieder tausende von Atomkraftgegenern bundesweit ihren Protest auf die Straße tragen ...

- Und sie werden dabei der Katastrophen und der Opfer des Atomzeitalters gedenken:


Anti-Atom-Demos am 9.03.2013

(Quellen: Tagesschau vom 11.01.2013, Spiegel vom 02.04.2010, Grohnde-Kampagne, Bundestagsfraktion der Grünen, Nachhaltig Links, IPPNW, Wikipedia)

Montag, 28. Januar 2013

Winterspaziergang und traditionelles Grünkohlessen

Winterspaziergang entlang des Leher Altstadtrundwegs
Am Samstag trafen sich rund dreißig interessierte Bremerhavener zu einem geführten Spaziergang durch den Stadtpark Lehe und entlang des "Altstadtrundwegs" im Leher Goethe-Viertel. Mitte der Woche hatte einer der Organisatoren in einem Rundschreiben per E-Mail noch verkündet, er sei inzwischen "bereit für das Samstagswetter verantwortlich zu zeichnen – (sonnig und) kalt".

Nun ja - am Tag zuvor hätte er mit seiner Sonnenprognose noch ins Schwarze getroffen. Während des Spaziergangs gab es dann stattdessen aber eine richtig große Portion Neuschnee. Es gibt eben immer noch einige Dinge, die sich nicht einfach so per Knopfdruck beeinflussen lassen.

Das tat der allgemeinen Stimmung aber keinen Abbruch. Herr Wenzel von der "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe e.V." (ESG-Lehe), der die Aufgabe des Rundweg-Führers übernommen hatte, verstand es hervorragend, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer immer wieder auf Besonderheiten am Wegesrand oder an den Gründerzeithäusern aufmerksam zu machen. Zudem wusste er sehr viel Interessantes über viele kleine, oft übersehene Details aus der mehr als einhundertjährigen Geschichte zu erzählen, die selbst vielen langjährigen Bewohnern des Viertels unbekannt sein dürften.

Demjenigen, der einfach nur mit flüchtigem Blick durch den südlichen Zipfel Lehes streift, entgehen natürlich ebensowenig die sichtbaren Folgen des Strukturwandels in Bremerhaven und wie auch die Spuren, die Immobilienspekulanten mit ihren Machenschaften an einigen der alten Gründerzeithäuser hinterlassen haben. Wer aber mit offenen Augen im Viertel unterwegs ist, der wird wohl kaum die schönen Gründerzeitfassaden mit ihren vielen schmückenden Details übersehen können. Einen kleinen Einblick in die schönen Seiten des Leher Südens vermitteln die Impressionen in meinem Video "Ein Winterspaziergang in Lehe", die ich Anfang 2010 eingefangen habe. Was dem Auge des aufmerksamen Betrachters allerdings verborgen bleibt, das ist die Tatsache, dass eine sehr große Zahl der Häuser - teilweise sogar komplette Straßenzüge - unter Denkmalschutz stehen.

Alles in allem betrachtet wird gerade im Goethe-Viertel der ständige Wandel sichtbar, dem Lehe seit der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunders, als es noch ein selbstständiges Gemeinwesen im Königreich Hannover war, bis in die heutige Zeit unterworfen ist. Das Konzept der Informationstafeln mit den "Leher GEHschichten" entlang des Altstandrundwegs unterscheidet sich deshalb auch von den sonst üblichen "Geschichtstafeln", wie man sie anderenorts gelegentlich vorfindet.

Ziel des Spaziergangs war die Turnhalle der ehemaligen Theodor-Storm-Schule, der heutigen "Theo". Im Zuge des Umbaus in  "die Theo", einem Zentrum für Arbeit, Familie und Kultur, wurde aus der ehemaligen Turnhalle das Restaurant "Geschmackslabor". Der jetzige Pächter führt das Lokal unter dem Namen "Lebenslust". Er veranstaltet dort Konzerte, Comedy-Shows, Partys oder "kulinarische Abende mit musikalischer Begleitung" und bietet die Räumlichkeiten für Firmenevents, Mitarbeiterschulungen, sowie für private Feiern, wie beispielsweise Hochzeiten, Geburtstage oder Weihnachtsfeiern an.

Den ebenso durchgefrorenen, wie schneebedeckten Altstadtrundweg-Spaziergängern wurde in der "Lebenslust" der bei uns im Norden für diese Jahreszeit traditionelle Grünkohl mit Pinkel serviert. Nach der gehaltvollen und reichhaltigen Mahlzeit war allen schnell wieder warm geworden. Wenn es nach mir ginge, könnte man den winterlichen Spaziergang mit anschließendem Grünkohl-Essen in der ehemaligen Turnhalle im nächsten Jahr gerne wiederholen. Vielleicht würde dann ja sogar die Sonne auf die schneebedeckten Straßen und Häuser scheinen.

Wer mit "Grünkohl" nichts anzufangen weiß, oder wer jetzt vielleicht etwas pikiert überlegen sollte, was wohl "Pinkel" auf dem Teller zu suchen haben könnte, der findet die entsprechenden Informationen in meinem Artikel "Huldigung der Norddeutschen Speisepalme", den ich im Februar 2009 geschrieben habe.

Freitag, 25. Januar 2013

"Rückenwind für Leher Kinder" darf Köchin einstellen

Nach den gegen die Bremerhavener Ausländerbehörde während der Stadtteilkonferenz Lehe vom 15.01.2013 erhobenen Vorwürfe darf der Verein "Rückenwind für Leher Kinder e.V." die kurdische Köchin jetzt doch einstellen. Der Aufruf zu einer Protestkundgebung am 21.01.2013 war daraufhin seitens des Vereins nicht mehr aufrechterhalten worden.

Das berichtete die Nordsee-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 21.01.2013. Leider habe ich zu spät davon erfahren, dass "Rückenwind" die Mitteilung der Ausländerbehörde bereits am 18.01.2013 erhalten hatte. Anderenfalls hätte ich meinen Artikel vom 20.01.2012 wohl anders aufgesetzt.

Wie die Nordsee-Zeitung weiter berichtete, hat Herr Keipke (Bürger- und Ordnungsamt, Leiter) die in der Stadtteilkonferenz Lehe erhobenen Vorwürfe, dass Antragsteller in der Ausländerbehörde schlecht behandelt werden würden, zurückgewiesen. Die Ausländerbehörde sei weder daran interessiert, Antragstellern Steine in den Weg zu legen noch sie persönlich zu schikanieren. Sie habe den Antrag von "Rückenwind für Leher Kinder" auf Einstellung einer Köchin zunächst abgelehnt, weil die Zustimmung der Arbeitsagentur nicht vorgelegen habe. Die Angaben der Agentur zum Wechsel in ein Arbeitnehmerverhältnis seien inzwischen korrigiert worden. Aufgrund der neuen Sachlage sei dem Antrag von "Rückenwind" stattgegeben worden.

Hätte die Ausländerbehörde zusammen mit der Ablehnung des Antrags mitgeteilt, dass sie diesem aufgrund der fehlenden Dokumente der Arbeitsagentur nicht stattgeben konnte, dann hätte die ganze Aufregung wohl von vornherein vermieden werden können. Da diese von jedem nachvollziehbare Information aber offenbar fehlte, wundert es mich eigentlich kaum, wenn der Eindruck einer "selbstherrlichen Entscheidung" entstehen konnte. Im Übrigen hätte sich die Ausländerbehörde, bevor sie den Antrag von "Rückenwind" ablehnte, auch bei der Arbeitsagentur erkundigen können, warum deren "inzwischen korrigierte" Zustimmung "nicht vorlag". Möglicherweise hätte der Sachverhalt dann bereits im Vorfeld geklärt werden können, so dass es gar nicht erst zur Ablehnung des Antrags gekommen wäre.

Darüber, ob die Angaben der Arbeitsagentur zum Wechsel in ein Arbeitnehmerverhältnis ebenso zügig "korrigiert" worden wären, wenn der Vorgang auf der Stadteilkonferenz Lehe nicht öffentlich zur Sprache gekommen wäre, kann man im Nachhinein nur spekulieren. Dass anschließend aber alles so schnell ging, legt die Vermutung nahe, dass der öffentliche Druck letztlich doch zum glücklichen Abschluss des Vorgangs beigetragen haben könnte.

Unabhängig davon schließe ich mich jedoch der im Bericht der Nordsee-Zeitung vom 21.01.2013 geäußerten Kritik Herrn Keipkes und Herrn Eilers' (Gewerkschaft der Polizei, Kreisgruppenvorstand) bezüglich der öffentlich-namentlichen Angriffe gegen die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde an. Auch wenn aus der (subjektiven) Sicht der betroffenen Migranten - in Anbetracht der Häufigkeit der Fälle möglicherweise auch berechtigterweise - der Eindruck entstanden ist, als lege sie ihnen ständig unnötigerweise Steine in den Weg, geht es gar nicht, dass im Zusammenhang mit der öffentlichen Kritik an ihrem Verhalten auch ihre Identität offengelegt wird. Sollten sich diese verbalen namentlichen Angriffe später einmal als haltlos erweisen, dann wären diese mit Sicherheit als "Rufmord" einzustufen.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 21.01.2013, Rückenwind für Leher Kinder auf Facebook vom 21.01.2013)

Donnerstag, 24. Januar 2013

Winterliche Stimmung am Weserdeich

Der fast fertige Weserdeich im Licht der winterlichen Mittagssonne
Wenn nach vielen grauen Tagen endlich wieder einmal die Sonne zu sehen ist, sieht die Welt doch gleich viel freundlicher aus. Auf dem Weg zurück von der Mittagspause habe ich es mir deshalb nicht nehmen lassen, "mal eben über'n Deich zu gucken."

Zur Zeit ruht der Weserdeich vor Bremerhaven unter einer dünnen Schneedecke. Da die Abschlussarbeiten nach der Deicherhöhung noch nicht ganz beendet sind, verwehren Bauzäune den Zugang zum Wasser. Die Arbeiten an einer Treppe von der Deichkrone vor dem "Sail City"-Turm hinunter zur neuen Promenade am Deichfuß befinden sich im Endstadium, aber auch dort ruhen die Arbeiten aufgrund der Winterpause. Lange - ein ganzes Jahr! - haben wir Bremerhavener auf "unsere gute Stube" verzichten müssen.


Die Spitzen des neuen Rasens durchbrechen die dünne Schneedecke
Aber im Sommer werden wir dort hoffentlich wieder bei strahlendem Sommerwetter im Gras sitzen und den Blick in die Ferne genießen können. Wohl in weiser Voraussicht - angesichts des aufgrund des Klimawandels ansteigenden Meeresspiegels - liegt die neue Promenade am Deichfuß ein ganzes Stück höher als die alte. Man wird dem Wasser also nicht mehr ganz so nahe sein, wie vor der Deicherhöhung. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass der Meeresspiegel gefälligst schneller steigen soll, damit der alte Zustand bald wieder hergestellt ist. So wichtig ist mir die Nähe zum Wasser denn nun auch nicht.

Mittwoch, 23. Januar 2013

Unser Wasser in den Händen profitgieriger Konzerne?

(Grafik: ©AVAAZ)
Gerade habe ich eine E-Mail über den Verteiler des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ erhalten, die ich erst noch einmal lesen musste, bevor ich fassen konnte, was da auf EU-Ebene wieder einmal hinter unserem Rücken geschehen soll.

Die E-Mail von AVAAZ beginnt mit den Worten:
"Das Wasser in unseren Wasserhähnen könnte schon bald in die Hände von einigen riesigen Unternehmen gelangen, die aus jedem Tropfen Profit schlagen wollen ... "

Meine Meinung

Wasser ist ein kappes und wertvolles Allgemeingut. Es ist die Grundlage unseres Lebens! Es hat nichts in den Händen privater Konzerne zu suchen, die damit ganze Gesellschaften erpressen könnten. Wasser muss ein frei verfügbares Allgemeingut bleiben!


Detailierter kann man auf der Internetseite von AVAAZ nachlesen, was auf dem Spiel steht (Zitat):
Das Wasser in unseren Wasserhähnen könnte schon bald in die Hände von einigen riesigen Unternehmen gelangen, die aus jedem Tropfen Profit schlagen wollen. Gemeinsam können wir bei einer entscheidenden Abstimmung im Europaparlament morgen das Blatt wenden und dafür sorgen, dass unser Wasser, als wichtige Lebensgrundlage, für uns alle sicher bleibt.

Die EU versucht derzeit, eine Maßnahme einzuführen, die es Unternehmen ermöglichen würde, saftige Verträge an sich zu reißen, die Preise in die Höhe zu treiben und der Umwelt zu schaden. Doch ein Viertel der Europaabgeordneten in dem Ausschuss, der morgen eine entscheidende Abstimmung hält, hat sich nun für starke Änderungsanträge ausgesprochen, die den Gesetzesentwurf aushöhlen könnten -- und wenn es uns gelingt, noch 10 weitere Abgeordnete an Bord zu holen, dann können wir gewinnen!

Die übrigen Europaabgeordneten entscheiden derzeit ihre Position und mit einem gewaltigen öffentlichen Aufruf können wir sie davon überzeugen, dass unser Wasser unverkäuflich ist! Verwenden Sie das Formular auf der rechten Seite und senden Sie eine Nachricht an die ausschlaggebenden Europaabgeordneten, um ihre Positionen vor der Sitzung in Brüssel zu beeinflussen.

Verstärken wir unsere Wirkung! Sie können die ausschlaggebenden deutschen und österreichischen Europaabgeordneten anrufen:

Jorgo CHATZIMARKAKIS (Deutschland): +32 2 28 45149
Evelyne GEBHARDT (Deutschland)+32 2 28 45466
Thomas HÄNDEL (Deutschland): +32 2 28 45658
Franz OBERMAYR (Österreich): +32 2 28 45680
Andreas SCHWAB (Deutschland): +32 2 28 45938
Barbara WEILER (Deutschland): +32 2 28 45439

Auf der Seite gibt es ein Internetformular, mit dem man eine kurze Nachricht an die oben genannten Abgeordneten schicken kann, um sie aufzufordern, in der Abstimmung dafür zu sorgen, dass Wasser weiterhin ein frei verfügbares Allgemeingut bleibt.



(Quelle: AVAAZ)

Dienstag, 22. Januar 2013

Klagen gegen Umschlagsverbot von Atomtransporten

Atomkraft? Nein Danke!Mit Beginn des letzten Jahres untersagte der 
Bremer Senat den Umschlag von Atomtransporten
in den Bremischen Häfen. Dagegen hatte die CDU-
Bürgerschaftsfraktion Klage vor den Bremer
Staatsgerichtshof erhoben. Die Begründung: Das 
Verbot verstoße gegen übergeordnetes Bundesrecht. Außerdem 
verletze es die Freiheit des Warenverkehrs. Im April dieses Jahres 
soll dazu eine mündliche Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof 
anberaumt werden.

Die Bremerhavener Nordsee-Zeitung schrieb dazu am 17.01.2012, dass der Staatsgerichtshof möglicherweise aber nicht zuständig sei. Sollte er sich für nicht zuständig erklären, dann 'sei es das gewesen'. Dass die Zeitung Atomtransporten durch Bremerhaven eher etwas positives abgewinnen kann, ist allerdings auch nichts neues. So ist im weiteren Verlauf des Berichts zu lesen (Zitat): "Vor dem Hintergrund dieser vagen Erfolgsaussichten wären die Klagen der direkt vom Verbot betroffenen Unternehmen vor dem Verfassungsgericht eine echte Alternative." Bisher zumindest sind die "Klagen" zweier Atomfirmen noch Anträge auf Ausnahmegenehmigungen für den Umschlag von Atomtransporten über die Bremischen Häfen in Bremerhaven, die mittels einer Berliner Rechtsanwaltskanzlei gestellt wurden.


Euratom, ...

Zusätzlich zur Klage der Bremer Bürgerschaftsfraktion der CDU läuft auf EU-Ebene ein Pilotverfahren, mit dessen Hilfe geprüft werden soll, ob das Bremische Gesetz im Widerspruch zum EU-Recht steht. Nach Auffassung der EU-Kommission könnte das Umschlagsverbot gegen Vorschriften des "Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft" (Euratom) verstoßen. Der Artikel 93 des Euratom-Vertrags verlangt von den Vertragsstaaten, die Aufhebung aller mengenmäßigen Ein- und Ausfuhr-Beschränkungen.

Der Vertrag geht auf die Anfänge des "Atomzeitalters" und die 1957 gegründete "Europäische Atomgemeinschaft" (EAG) zurück, die bis heute fast unverändert besteht. Sein Zweck war von Beginn an die Förderung der Entwicklung der Atomtechnologie und die Beseitigung aller Hürden zwischen den damaligen EAG-Staaten Frankreich, den Beneluxstaaten, Italien und der Bundesrepublik Deutschland, die einem schnellen Aufbau der Atomindustrie im Wege stehen könnten. Im Artikel 1 des Euratom-Vertrags heißt es: "Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen."

Da Deutschland sich mit der jetzigen Bundesregierung nun schon zum zweiten Mal - wenn dieses Mal auch unfreiwillig - den Atomausstieg auf seine Fahnen geschrieben hat, wäre es aus meiner Sicht an der Zeit, den Ausstieg Deutschlands aus dem Euratom-Vertrag in die Wege zu leiten. Dann könnte uns auch niemand mehr mit dessen antiquierten Bestimmungen an den Karren fahren.


... das Bremer Atomtransport-Umschlagsverbot

Die in das Bremer Hafenbetriebsgesetz aufgenommene Teilentwidmung der Bremischen Häfen für Atomtransporte, hat allerdings auch so ihre Tücken. Zum einen berücksichtigt das Verbot pauschal nur solche Atomtransporte, die einer Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bedürfen und zum anderen lässt es auf Antrag auch Ausnahmen zu. Zu den nicht durch das BfS genehmigungspflichtigen Transporten gehören unter anderem auch die Rohstoffe für die Herstellung von Brennelementen womit dem Fortbestehen der atomaren Brennstoffkette weiterhin keine wirklichen Grenzen gesetzt werden. - Und am Bremer Ausfuhrhindernis für die fertigen Brennelemente versucht beispielsweise die in Deutschland ansässige, zum französischen Atomkonzern Areva gehörende Brennelementfabrik "Advanced Nuclear Fuels GmbH" (ANF) in Lingen zu sägen. Entscheidungen über Anträge auf Ausnahmen vom Umschlagsverbot für Atomtransporte, die selbst für Abgeordnete nicht einsehbar sind, fällt der Bremer Senat in aller Heimlichkeit.

Dass die Anträge der Hanauer Transportfirma "Nuclear Cargo + Service GmbH" (NCS) und der ANF auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen und die Entscheidung des Senats jetzt trotzdem öffentlich wurden, ist der Bremer "Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz e.V." (MAUS) zu verdanken. Es ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, dass der Senat die Anträge auf Ausnahmegenehmigungen der Atomfirmen abgelehnt hat, aber in Anbetracht der "sonstigen Begleitumstände" kann man mit der Gesetzesänderung, und der damit verbundenen Geheimniskrämerei nicht wirklich zufrieden sein.

Der NCS und der ANF geht es bei ihren Anträgen letztlich offenbar auch nicht nur um eine einzelne Ausnahmegenehmigung, sondern um die generelle Aushöhlung des Umschlagsverbots von Atom-"Brennstoffen" sowie des bei deren Einsatz anfallenden Atommülls in den Bremischen Häfen. Das legt der Umfang der beantragten Ausnahmegenehmigungen zugrunde. Die folgenden Zitate aus den von der "MAUS" veröffentlichten NCS- und ANF-Anträgen stammen aus einem Artikel auf der Internetseite "umweltFAIRändern":
  • ".. eine allgemeine Ausnahme für den Umschlag von Kernbrennstoffen zugunsten der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) in den Bremischen Häfen zuzulassen. Die Rechtswirkungen gelten auch für die durch ANF in den jeweiligen Transportvorgang eingebundenen Dritten. .." (ANF)
  • ".. eine allgemeine Ausnahme für den Umschlag von unbestrahlten Brennelementen für Druck- und Siedewasserreaktoren mit angereichertem Uran in Form von Urandioxid mit einem maximalen Anreicherungsgrad an Uran 235 von 5% in den Bremischen Häfen zuzulassen. Diese Ausnahme gilt auch für alle durch die Antragstellerin in den Transportvorgang eingebundenen Dritten. .." (ANF)
  • ".. Die Antragstellerin ist als Dienstleister im Rahmen der Rückführung dieser Kernbrennstoffe tätig. Eine Versagung der Ausnahme stünde daher im Widerspruch zu diesen völkervertraglich eingegangen Verpflichtungen. .." (NCS)

Dazu bemerkt umweltFAIRändern treffenderweise (Zitat): "Mit dieser Begründung versucht die NCS über die Rücknahmeverpflichtung von Atommüll, eine allgemeine Ausnahmegenehmigung für Kernbrennstoffe zu bekommen, so daß im Rahmen dieser auch weiterhin Brennelemente verschifft werden können oder Dritte, wie z.B. ANF, dieses tun können." (Das Originaldokument mit der Öffentlichen Mitteilung der MAUS im Wortlaut ist hier zu finden.)

Einem Bericht der TAZ vom 19.01.2013 zufolge liegen dem Bremer Senat inzwischen drei weitere Anträge auf Ausnahmegenehmigungen vor, die mittels der gleichen Berliner Anwaltskanzlei gestellt worden seien. Die TAZ beruft sich dabei auf Informationen des Bremer Atomforums. Von welchen Firmen die neuen Anträge kommen sei nicht bekannt. Sollten die Vorstöße von NCS, ANF oder anderer Firmen der Atomindustrie irgendwann erfolgreich sein, dann wäre das Bremer Atom-Umschlagsverbot ad absurdum geführt. - Nur würde das möglicherweise niemand merken, denn die Geheimniskrämer, die im Dunkeln werkeln, sieht man ja bekanntlich nicht.


... und ein fragwürdiger Atomausstieg

Und noch etwas wurde bei diesem Vorgang wieder einmal mehr als deutlich: In der (vorgeblichen) "Atomausstiegsnation Deutschland" wird der "Treibstoff" für den Betrieb von Atomkraftwerken in aller Welt produziert. Solange sich daran nichts ändert, wird es hierzulande auch zukünftig noch Atomtransporte geben - unter Umständen auch noch weit über das Jahr 2022 hinaus. Auch ein weiterer Super-GAU - vielleicht in Spanien oder in Frankreich - mit Brennelementen aus Lingener Produktion wäre dann auch nach 2022 nicht auszuschließen. Ein wirklicher Atomausstieg sähe anders aus. Dazu gehören nämlich konsequenterweise die Stilllegung aller Atomanlagen in Deutschland und das Ende der Unterstützung der Atomtechnologie weltweit!


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 17.01.2013, Radio Bremen vom 17.01.2013, Heise Telepolis vom 17.01.2013, umweltFAIRändern vom 15.01.2013, Weser-Kurier vom 12.01.2013, contrAtom vom 10.09.2012, taz vom 25.01.2012 und vom 19.01.2013, Meßstelle für Arbeits- und Umweltschutz e.V., AntiAtomBremen, Wikipedia)

Montag, 21. Januar 2013

Die FDP am Tropf der CDU-Wähler

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Landtagswahl in Niedersachsen läge eine rot/grüne Landesregierung mit 46,3% nur äußerst knapp über dem Ergebnis von CDU und FDP (45,9%). Mit Blick auf die Sitzverteilung im Landtag (insgesamt 137 Sitze) hätte sie mit 69 Sitzen allerdings die absolute Mehrheit. Die bisherige Landesregierung aus CDU und FDP käme nur auf 68 Sitze.

Herr Weil (SPD, Spitzenkandidat) hatte im Vorfeld der Wahl erklärt, er werde auch mit einer knappen Mehrheit bereit, einen Politikwechsel in Niedersachsen herbeizuführen. Damit sieht es wohl so aus, als würde Niedersachsen künftig von einer rot/grünen Koalition regiert werden.

Tabelle:
Ergebnis der Landtagswahl Niedersachsen 2013

Parteien Wahl 2013 Gew./Verl. Sitze
CDU 36,0% -6,5% 54
SPD 32,6% +2,3% 49
FDP 9,9% +1,7% 14
Grüne 13,7% +5,7% 20
Linke 3,1% -4,0% ---
Sonstige 4,7% +0,8% ---
(vorläufiges amtliches Endergebnis)


Völlig überrascht hat mich das Abschneiden der FDP, die mit 9,9% deutlich oberhalb der "5-Prozent-Hürde" und völlig neben dem Bundestrend liegt. Einer Wahlanalyse, die gestern Abend im ARD-Wahlstudio gezeigt wurde, ist das allerdings nicht auf die Stimmen der FDP Wähler zurückzuführen, sondern auf die große Zahl von Zweitstimmen der CDU-Wähler. Das deckt sich auch mit einer Analyse des ZDF-Wahlstudios. Demnach haben 80% der FDP Wähler erklärt, dass ihnen die CDU besser gefällt als die FDP, die bei ihnen nur auf eine Zustimmung von 9% kommt.

Es sind also nicht die FDP-Wähler, die für das bisher beste Wahlergebnis der FDP in Niedersachsen gesorgt haben, sondern wohl eher die große Zahl der CDU-Wähler, die weiterhin auf eine Regierungskoalition ihrer Partei mit der FDP in Niedersachsen gehofft hatten.

Dafür ist die Linke nach einem erdrutschartigen Verlust von 4 Prozent der Stimmen gegenüber dem Wahlergebnis im Jahre 2008 deutlich an der "5-Prozent-Hürde" gescheitert und wird in der kommenden Legislaturperiode nicht mehr im Landesparlament Niedersachsens vertreten sein. Einen größeren Verlust gegenüber dem Wahlergebnis in Niedersachsen von 2008 als die Linke hat mit einem Minus von 6,5% nur die CDU einstecken müssen. Alle anderen Parteien haben bei der gestrigen Wahl besser abgeschnitten, als im Jahre 2008.

Erfreulich finde ich, dass die Wahlbeteiligung in Niedersachsen in diesem Jahr mit 59,4% etwas über derjenigen im Jahre 2008 liegt, die mit 57,1% den bisherigen Tiefpunkt in diesem Bundesland markierte.

Das Ergebnis der Landtagswahl in Niedersachsen wirkt sich auch auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat aus. Mit einer rot/grünen Landesregierung in Niedersachsen verfügt die Opposition dort künftig über 36 der 69 Stimmen. Mit ihrer künftigen Mehrheit im Bundesrat hat sie jetzt auch die Möglichkeit, gegebenenfalls den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Bezüglich der erforderlichen Maßnahmen zur Beschleunigung der aus Klimaschutzgründen dringend notwendigen Energiewende oder in Sachen Atommülllagerung (Asse-II, Salzstock Gorleben, Schacht Konrad etc.!) traue ich einer rot/grünen Landesregierung eher zu, dass sie objektive Entscheidungen treffen wird, als die bisherige, von den Lobbys der Atomkonzerne und der Betreiber fossil befeuerter Großkraftwerke beeinflusste CDU/FDP-Regierung. Darauf hoffen jetzt beispielsweise auch die Atomkraftgegner im Wendland. Niedersachsen dürfe nicht länger ein blasses Ja-Sager-Land sein, wenn es um die Frage gehe, wohin mit dem Atommüll. Herr Weil (SPD) und Herr Wenzel (Grüne) stünden jetzt im Wort, das geplante Endlagersuchgesetz zu stoppen, das letztlich wieder auf Gorleben als Endlagerstandort hinauslaufe.

Wie viel eine rot/grüne Landesregierung allerdings gegen den Willen der schwarz/gelben Bundesregierung auszurichten vermag, bleibt abzuwarten. Aber vielleicht ändert sich diese Situation ja nach der Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres ebenfalls ...


(Quellen: Tagesschau vom 21.01.2013, Süddeutsche Zeitung vom 21.01.2013, FAZ vom 21.01.2012, ZDF-Wahlanalyse vom 21.01.2012, BI Lüchow-Dannenberg vom 21.01.2012, taz vom 20.01.2012, Landeswahlleiterin Niedersachsen: Wahlkreise und Gesamt)

Sonntag, 20. Januar 2013

Integration von Migranten - Wunsch und Wirklichkeit

Der Verein "Rückenwind für Leher Kinder e.V." möchte eine dringend benötigte Köchin einstellen. Diese ist den Aktiven des Vereins, der im Laufe der Jahre für eine große Zahl von Kindern aus dem Leher Ortsteil "Goethestraße" zu einem wichtigen Betandteil ihres Lebens geworden ist, gut bekannt.

Herrn Wehrmann (Förderkreis Rückenwind e.V.) und Frau Görke (Rückenwind für Leher Kinder e.V.) zufolge ist sie für die Rückenwind-Kinder aus dem Quartier, insbesondere aber für die türkischen und die neuen Kinder aus Bulgarien, zur Vertrauensperson geworden.

Alles könnte also zur Zufriedenheit aller geregelt werden ... - wenn die Ausländerbehörde dem nicht im Wege stünde: Die Köchin ist eine im Libanon geborene Kurdin mit türkischen Pass, lebt seit 1990 mit ihrer Familie in Bremerhaven und spricht Arabisch, Türkisch und Deutsch.

Anfang der Woche hatte Herr Granz (SPD, Oberbürgermeister) im Rahmen der Stadtteilkonferenz Lehe noch erklärt, Bremerhaven wünsche die Zuwanderung von Ausländern in unsere Stadt. Unsere Stadt brauche sie, sie seien willkommen und sollen sich bei uns integrieren.

Wohl nicht nur bei "Rückenwind" ist allerdings der Eindruck entstanden, dass sich der Wunsch des Oberbürgermeisters bisher leider noch nicht bis zu "seiner" Ausländerbehörde herumgesprochen hat. Migranten, die seit vielen Jahren in Bremerhaven leben, werfen besonders einer Mitarbeiterin des Ausländeramtes anmaßendes Verhalten vor. Die Rede ist in diesem Zusammenhang von Beleidigung, Diskriminierung, Ausgrenzung und die Zerstörung beruflicher Existenzen. Diese Dame steht nun auch der gewünschten Einstellung der kurdischen Köchin bei "Rückenwind für Leher Kinder" im Wege: Sie verweigert ihr die für die Einstellung benötigte Arbeitserlaubnis.

Nach Aussage von Herrn Wehrmann und Frau Görke sei das kein Einzelfall. Andere Migranten hätten in der Vergangenheit schon beklagt, dass an dieser Mitarbeiterin der Ausländerbehörde beispielsweise unterschriftsreife Ausbildungsverträge gescheitert seien, dass sie mehrfach Eheleute als "Scheineheleute" verunglimpft oder selbstherrliche Bescheide zum Aufenthaltsstatus zugestellt habe.

In Bremerhavenen lebende Miranten und ihre Unterstützer wollen sich dagegen jetzt öffentlich zur Wehr setzen. Für Morgen - Montag, 21.01.2013 - um 15 Uhr rufen sie zu einer Protestaktion vor dem Stadthaus 5, Hinrich-Schmalfeldt-Straße 30 auf.


(Quelle: Aktive des Vereins "Rückenwind für Leher Kinder e.V.")

Mittwoch, 9. Januar 2013

Irischer Papierfrieden


Nordirland: Immer noch protestantischer Hass auf die Katholiken (Weltspiegel, 14.10.2012)

In Nordirland herrschte bis zum Friedensabkommen im Jahre 1998 ein Bürgerkrieg, bei dem in 30 Jahren mehr als 3600 Menschen umkamen. Während der Jahre des Bürgerkriegs hieß es immer, es ginge dabei um den Konflikt zwischen London-treuen Protestanten und nach einem vereinten Irland strebenden Katholiken.

Ein Religionskrieg sind die Auseinandersetzungen um Nordirland zwischen Iren und Briten jedoch nie gewesen. Ich verwende deshalb die Begriffe Unionisten bzw. Republikaner und Royalisten bzw. Nationalisten. Die Wurzeln für die Gewalt in Nordirland reichen weitaus tiefer in die Vergangenheit zurück, als nur bis zur Gründung der Irisch Republikanischen Armee (Irish Republican Army, IRA). Sie beruhen unter anderem auf den Ereignissen im 15. Jahrhundert, als Wilhelm III von Oranien im Juli 1690 im "Battle of the Boyne" den Sieg über das irisch-französische Heer des katholischen englischen Königs James II errang. Im Gedenken an die Schlacht am Boyne veranstalten auch heute noch Anhänger des pro-britischen Oranier-Ordens in den nordirischen Städten Märsche, die auch durch irisch-republikanische Wohngebiete führen.

Die Teilung Irlands in die Republik Irland und Nordirland war die Folge des Anglo-Irischen Krieges von 1919 bis 1921. Fünfzig Jahre später, während der Jahre 1969 bis 1998 hatte der radikal militante Flügel der IRA versucht, die britischen Nationalisten mit Terroranschlägen gegen britische Einrichtungen aus Nordirland zu vertreiben. Im Laufe der letzten 14 Jahre nach dem Abschluss des Friedensabkommens begann die Erinnerung an den Konflikt um Nordirland in Europa langsam zu verblassen.


Der Friede auf dem Papier

Spuren des Konflikts auf den Mauern Belfasts (Foto: ©Sitomon, CC: BY-SA)
In den Städten Nordirlands sind die Spuren des Konflikts jedoch auch heute noch allgegenwärtig. Hohe Mauern trennen die Wohngebiete pro-britischer Nationalisten von denen der pro-irischen Unionisten. Großflächige Wandgemälde an Hauswänden verherrlichen immernoch die Gewalt in Nordirland gegen Ende des letzten Jahrunderts. Immer wieder kam es auch nach dem Friedensabkommen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Immer noch gibt es gewaltbereite Nationalisten, die sich nicht damit abfinden können, dass sie ihren Machtanspruch gegenüber den Unionisten aufgeben mussten, die eine Wiedervereinigung Nordirlands mit der Republik Irland anstreben.

Mit dem Friedensabkommen von 1998, das die Teilung der Macht im Lande zwischen Nationalisten und Unionisten vorsieht, wurde zwar der Verfassungsanspruch Irlands auf Nordirland aufgehoben, aber für den Fall, dass sich eine Mehrheit der Nordiren dafür ausspräche, beinhaltet das Friedensabkommen auch die Möglichkeit einer Wiedervereinigung mit der Republik Irland.

Seit 2011 stellen die Unionisten erstmals die Mehrheit im Stadtrat von Belfast. Seit dieser Anfang Dezember 2012 mit 29 gegen 21 Stimmen den Beschluss fasste, die britische Flagge zukünftig nur noch zu besonderen Anlässen und an 17 Feiertagen zu hissen, und nicht mehr täglich, wie es bisher üblich war, ist es um den Frieden auf den Straßen von Belfast schlecht bestellt.

Gewalttätige Nationalisten nutzten anfangs friedliche, pro-britische Demonstrationen für ihre Zwecke. Die Folgen sind seit inzwischen mehreren Nächten in Folge brennende Autos und Barrikaden, sowie der Einsatz von Steinen, Flaschen, Feuerwerkskörpern, Rauchgranaten oder Brand Brandsätzen gegen die Sicherheitskräfte. Auch Schüsse sollen schon auf Polizisten abgegeben worden sein. Zahlreiche Polizisten sind inzwischen schon verletzt worden. In der Folge setzte die Polizei Wasserwerfer und Gummigeschosse gegen Demonstranten ein und nahm eine große Zahl von ihnen fest.


Gewalt erzeugt neue Gewalt

Ich habe den Groll der Iren gegen die Machtansprüche Englands in Irland immer nachvollziehen können. Aber ich habe trotzdem nie verstehen können, warum die IRA ihren Terror damals solange aufrechterhalten hat. Bereits in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrunderts war abzusehen, dass die Gewalt zu nichts führen würde. Ebensowenig kann ich heute die pro-britischen Nationalisten verstehen, die es sich nie nehmen lassen haben, die Republikaner immer und immer wieder aufs neue grundlos zu provozieren. Es reicht eben nicht, wenn irische und britische Politiker ein Stück Papier unterzeichnen, wenn es den Briten nicht gelingt, ihre Anhänger in Nordirland davon zu überzeugen, dass Nordirland auf Dauer nur britisch bleiben wird, wenn die dauernden Provokationen und die Gewalt endlich ein Ende haben werden. Wenn in Nordirland nicht bald wirklicher Frieden einkehrt, dann würde es mich nicht wundern, wenn auch eine neue IRA eines Tages wieder für Schlagzeilen sorgen würde.


(Quellen: Tagesschau vom 09.01.2013, taz vom 08.01.2012, Süddeutsche Zeitung vom 07.01.2013, Weltspiegel vom 14.10.2012, ARD Mediathek)

Donnerstag, 3. Januar 2013

Vom Bürgerprotest zum Bürgerkrieg

FriedenstaubeDie Gegner Herrn Assads (Syrien, Präsident) waren bislang davon ausgegangen, dass dem Bürgerkrieg in Syrien seit März 2011 bis zu 45000 Tote zum Opfer gefallen sind. Zur Erinnerung: Angefangen hatte der Konflikt, nachdem das Regime auf die Teilnehmer anfangs friedlicher Demonstrationen schießen ließ. Aus der anfänglichen Polizeigewalt wurde innerhalb kurzer Zeit ein Militäreinsatz gegen Dörfer und Städte, der keinen Unterschied mehr zwischen Gegnern des Assad-Regiemes und unbeteiligeten Zivilisten machte und gegen den sich die Opposition in Syrien ihrerseits mit Waffengewalt zu verteidigen versuchte.

Jetzt hat die UN einen Bericht veröffentlicht, demzufolge die Zahl der Toten im syrischen Bürgerkrieg weitaus höher liegt, als bisher angenommen wurde. In der Statistik aus dem Zeitraum zwischen dem 15. März 2011 und dem 30. November 2012 tauchen nur die Todesopfer auf, deren Vornamen, Familiennamen und Todesdatum sicher bestimmt werden konnten. Demnach starben bis Ende November 2012 59648 Menschen bei Armeeangriffen auf Dörfer und Städte, sowie bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Armee und Gegnern des Assad-Regimes. Wie die Tagesschau gestern berichtete, waren ungefähr drei Viertel der Toten Männer. Dieser Angabe zufolge hat Herr Assad bisher 15000 tote Frauen und Kinder auf dem Gewissen! Während im Sommer 2011 monatlich etwa 1000 Menschen ums Leben kamen sind es seit Juli 2012 etwa 5000 Tote. Sollte sich daran nichts ändern, dann wären infolge des Bürgerkriegs bis Ende dieses Jahres rund 120000 Todesopfer zu beklagen.


Statistiken, Tragödien und Verantwortung

Derartige Statistiken mit ihren nackten Zahlen sind allerdings niemals in der Lage, die Schicksale und Tragödien darzustellen, die sich hinter jedem einzelnen der bisher rund 60000 Toten verbergen. Das gleiche gilt für diejenigen Menschen, die bei Armeeangriffen auf Dörfer und Städte verletzt wurden. Da die Gewalt anfangs nicht von den Demonstranten ausging, sondern von Polizeikräften und Militär, sehe ich ursächlich Herrn Assad und sein Regime in der Verantwortung für die Entwicklung in Syrien. Heute ist es unabhängigen Beobachtern jedoch kaum noch möglich festzustellen, von welcher Seite die Gewalt bei den einzelnen bewaffneten Auseinandersetzungen jeweils ausgegangen ist.

In der Verantwortung sehe ich aber auch die Regierungen der Länder, auf deren Unterstützung Herr Assad sich bisher sicher verlassen konnte - allen voran diejenigen Russlands und Chinas, die bisher jede Resolution für wirksame Sanktionen gegen das syrische Regimes mit ihrem Veto verhindert haben. Dass der Diktator in Damaskus sich vom großen "Rest" der Staatengemeinschaft nicht beeindrucken lässt, der mehrmals versucht hat, auf diplomatischem Wege eine politische Lösung des Konflikts herbeizuführen, führt die gebetsmühlenartig vorgetragenen Forderungen aus Moskau, der Bürgerkrieg solle politisch gelöst werden, ad absurdum. Ohne den notwendigen Druck, bis hin zur völligen Isolierung und Sanktionen, die ihm keinerlei Spielraum für die Versorgung "seiner" Armee lassen, wird Herr Assad nicht zögern, ganz Syrien in Schutt und Asche zu legen und auch noch den Rest "seiner" Bürger umbringen lassen.


Vom Bürgerkrieg zum Weltkrieg?

Da die Angriffe der syrischen Armee inzwischen vereinzelt auch über die Grenzen des Landes hinausgegangen sind, fordert das NATO-Mitglied Türkei die militärische Unterstützung der Bündnispartner ein. Sollte aus dem Rasseln der Türkei mit dem Säbel "NATO" in dieser Angelegenheit ein weiterer Konflikt entstehen, dann könnte sich auch Deutschland unversehens in der Rolle einer Kriegspartei wiederfinden. Die Grundlage dafür hatte der Bundestag Mitte Dezember gelegt. Am kommenden Dienstag sollen in Travemünde zwei "Patriot"-Raketenabwehrstaffeln der Bundeswehr für den Einsatz an der türkisch/syrischen Grenze für den Seetransport verladen werden.

Das Regime in Syrien wird wohl kaum die Absicht haben, die Türkei anzugreifen. Unter den Gegnern Herrn Assads gibt es aber auch solche, die - sollten sie die Gelegenheit dazu erhalten - aus Syrien einen islamistischen "Gottesstaat" machen würden. Die Verlockung für die türkischen Militärs könnte daher groß sein, eine solche Entwicklung mit militärischen Mitteln unterbinden zu wollen. Das könnte eine von vielen möglichen unvorhersehbaren Ursachen sein, die von einem Grenzkonflikt der Türkei mit Syrien unter Umständen zu einem Krieg führen könnten, in den am Ende ein großer Teil der Welt verwickelt wäre. Dazu hätte dann auch Deutschland seinen Teil beigetragen.

Die Verlegung deutscher Raketen an die türkisch-syrische Grenze ist nicht nur überflüssig: Sie könnte sich eines Tages auch als fataler Fehler erweisen.


(Quellen: Tagesschau vom 02.01.2013, Stern vom 22.12.2012, dradio vom 17.12.2012, Focus vom 17.11.2012)