Mittwoch, 30. Mai 2012

Atomschiff fährt nach Lubmin

Atommüll-Schubverband "Edo" und "Lastdrager 40" ( © Lubmin niX da!)
Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurde im Jahre 1990 beschlossen, das Atomkraftwerk "Lubmin" abzuschalten. Die politisch Verantwortlichen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern stimmten darin überein, dass am Standort "Lubmin" ein Atommülllager eingerichtet werden sollte, um die radioaktiven Abfälle aus dem Atomkraftwerk "Lubmin" bei Greifswald und aus dem Versuchskraftwerk "Rheinsberg" in Brandenburg für eine befristete Zeit vorübergehend lagern zu können.

In der deutschen Neusprech-Variante wird ein solches Atommülllager heutzutage als "Zwischen"-Lager bezeichnet. Bei der Übergabe des gerade fertiggestellten Atommülllagers an die "Energiewerke Nord GmbH" (EWN) im Jahre 1999 hatte Herr Trittin (Grüne, damals Bundesumweltminister der rot-grünen Bundesregierung) vor laufenden Kameras versichert, das Lager für hochaktive Brennelemente sei ausschließlich für abgebrannte Brennelemente aus Greifswald und aus dem Atomkraftwerk Rheinsberg vorgesehen, nicht jedoch für Brennelemente aus westdeutschen Atomkraftwerken oder Glaskokillen aus der Wiederaufarbeitung. Konkreter formuliert lässt sich das in einer Pressemitteilung 28.11.1999 auf der Internetseite des "Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit" (BMU) nachlesen. Darin weist Herr Trittin die Kritik der Grünen des Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern zurück (Zitat):

"Die Anlage ist mit Auflagen genehmigt, die sicherstellen, dass dort ausschließlich Müll aus dem Abriss der beiden stillgelegten Atomkraftwerke "Greifswald" und "Rheinsberg" eingelagert werden darf."

Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen)


Soviel zur Theorie. In der Praxis fand auf Veranlassung der wespenfarbenen Bundesregierung im Dezember 2010 ein Castor-Transport aus der Atommüll-Aufbereitungsanlage "Cadarache" (Frankreich) in das Atommülllager Nord statt. Der hochradioaktive Atommüll stammt ursprünglich aus dem "Atomforschungszentrum Karlsruhe" und dem ehemaligen Atomfrachter "Otto Hahn". Bereits einen Monat darauf, im Januar 2011 folgte der Transport hochradioaktiver "Atomsuppe" aus der westdeutschen ehemaligen Atommüll-Aufbereitungsanlage "Karlsruhe" (WAK). Aber das war wohl längst noch nicht alles ...


Über stille Wasser

Während diese beiden Transporte westdeutschen Atommülls nach Lubmin über Land im Rampenlicht der deutschen und internationalen Öffentlichkeit stattfanden, versucht die Bundesregierung es jetzt still und heimlich mit einem Atommülltransport über die Binnenwasserstraßen. Im Gegensatz zur Kennzeichnungspflicht für Schienen- und Straßenfahrzeuge muss die radioaktive Fracht von Binnenschiffen nämlich nicht deutlich sichtbar als solche gekennzeichnet sein. Binnenschiffe mit Gefahrgut an Bord führen statt dessen ein bis drei blaue Kegel als allgemeine Kennzeichnung - je nachdem, wie gefährlich die transportierten Güter eingeschätzt werden.

Dabei ist es völlig belanglos, um welche Art von Gefahrgut es sich überhaupt handelt und in welcher Weise sich die Folgen eines Kontakts mit der Ladung auf lebende Organismen auswirken können. Von außen ist nur anhand der Kegel nur ganz allgemein zu erkennen, ob das Schiff eine mehr oder weniger gefährliche Fracht transportiert, nicht aber, welche Gefahr davon ausgeht.

Trotzdem sind Atomkraftgegner auch auf diesen Transport aufmerksam geworden, und begleiten den aus dem Schubschiff "Edo" und dem Transporter "Lastdrager 40" bestehenden Schubverband mit Protesten und Blockaden. Der Atommüll-Transport brach am Donnerstag letzter Woche vom im Rückbau befindlichen Atomkraftwerk "Obrigheim" in Richtung Atommülllager Nord auf. Der Schubverband ist mit jeweils zwei blauen Kegeln an Heck und Bug gekennzeichnet. Nachts zeigt die "Edo" am Brückenaufbau zwei blaue Lichter. Die radioaktive Ladung besteht aus Dampferzeugern und Pumpen, die in Lubmin zerlegt werden sollen.

Nach Angaben des Betreibers des Atomkraftwerks "Obrigheim", der "Energie Baden-Würtemberg" (EnBW), soll der Atommüll anschließend wieder nach Obrigheim zurücktransportiert werden. Das "Anti-Atom Bündnis NordOst" hält diese Ankündigung jedoch nicht für glaubwürdiger, als das Versprechen des ehemaligen Bundesumweltministers, Herrn Trittin. Sie begründet ihr Misstrauen folgendermaßen (Zitat):

"Die Betreiber des Zwischenlagers, Energiewerke Nord GmbH (EWN), dürfen atomaren Fremdabfall nur fünf Jahre als Pufferlagerung in Lubmin zwischenlagern. Dagegen haben sie Klage gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern eingereicht, um eine unbefristete Lagerung zu erzielen. Außerdem möchte EWN das Lager ausbauen, um weiteren Platz für Atommüll zu schaffen. Der Schiffstransport zementiert damit ein Dauerlager für Atommüll, da es nirgendwo ein sicheres Endlager gibt. Es handelt sich also nicht um die letzten Transporte, wie einst von der Politik versprochen, sondern erst um den Anfang einer neuen Runde des Atommüll-Tourismus ..

Der angelieferte Atommüll aus Obrigheim soll im Zwischenlager Lubmin zerlegt und konditioniert werden. Dies ist ein lukratives Geschäft. Dank der hohen Grenzwerte für Strahlung können die Strukturteile nach einer Reinigung “freigemessen” werden und in den konventionellen Rohstoffkreislauf geführt werden. Die Teile strahlenden dann noch immer – nur unterhalb der geltenden Grenzwerte. In Mecklenburg-Vorpommern wird der „freigemessene“ Atommüll auf die Deponie Ihlenberg transportiert, von wo er dann wieder in Umlauf geraten kann (z.B. Straßen-, Hausbau uvw.) ..

Der Schiffstransport vom AKW Obrigheim ins Zwischenlager Nord geht als Binnenschiff über den Rhein und Mittellandkanal einmal quer durch Deutschland, bevor er über den Peenestrom zur Ostsee gelangt. Angrenzende Gemeinden sind über diesen Gefahrenguttransport i.d.R. nicht informiert und im Falle einer Havarie schlecht oder gar nicht vorbereitet ..

Der Lubminer Industriehafen hat allein 20 Mio. Euro staatliche Förderung erhalten, allerdings zu keiner substanzieller Hafenaktivität beitragen. Der Kai gilt spöttisch als "teuerster Anglerkai Deutschlands". AtomkraftgegnerInnen sahen von Anfang an die Gefahr, das Atommüll, auch aus dem Ausland, nun leicht und protestarm nach Lubmin geschafft werden kann."


Die Ankunft des Atommülltransports im Industriehafen Lubmin ist war eigentlich für den 04.06.2012 geplant. Allerdings wurde der Schubverband unterwegs von zwei Kletteraktivisten der Organisationen "SOFA Münster" und "Robin Wood" für mehrere Stunden aufgehalten. Diese hatten sich in Münster mit einem Transparent von einer Kanalbrücke abgeseilt. Darauf war die Forderung "Atommüll vermeiden statt verschieben" zu lesen. Erst nach mehr als 6 Stunden Brückenblockade war es den Sicherheitskräften gelungen, die beiden Atomkraftgegner auf ein Polizeiboot abzuseilen. Da war es für die Weiterfahrt jedoch schon zu spät: Die Schleuse in Münster ist Abends nur bis 22 Uhr in Betrieb, so dass der Atommülltransport seine Fahrt nach Mecklenburg-Vorpommern erst gestern Morgen um 07:30 Uhr fortsetzen konnte.


Bundesfilz

Betreiber des "Zwischenlagers Nord" (ZLN) in Lubmin sind zu 100 Prozent die Energiewerke Nord GmbH (EWN). Die EWN sind Rechtsnachfolger des früheren DDR-Kombinats "Kernkraftwerke Bruno Leuschner". Alleiniger Gesellschafter des Unternehmens ist seit dem Jahre 2000 das "Bundesministerium der Finanzen". Über sein "Bundesministerium der Finanzen" ist der Bund also auch Betreiber des - ich nenne es wieder beim Namen - Atommülllagers Nord.

Das gleiche gilt für die "Arbeitsgemeinschaft Versuchs-Reaktor GmbH" (AVR GmbH) in Jülich, die von den EWN im Jahre 2003 zu 100 Prozent übernommen wurde, und für die "Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe Rückbau und Entsorgungs-GmbH" (WAK), die seit 2006 - ebenfalls zu 100 Prozent - zu den EWN gehören.

Wenn der Bund - in Persona Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) oder früher Herr Röttgen (CDU, ehemaliger Bundesumweltminister), jetzt Herr Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) - nicht weiß, wohin mit dem Atommüll aus Jülich oder aus Karlsruhe, dann braucht er nur sich selbst zu fragen und sich dann selbst die Genehmigung für die Lagerung in Lubmin zu geben.

Das wäre dann in etwa so, wie wenn ich die Müllgebühren sparen wollte, dann aber nicht wüsste wohin mit meinem Müll und diesen deshalb, zur Freude meiner Nachbarn, in meinem Schrebergarten "zwischen"-lagern würde. Allerdings würden bei mir wohl bald der Gartenvereinsvorstand und alle möglichen Behörden mit irgendwelchen Strafandrohungen auf der Matte stehen. Über der Bundesregierung steht nur der "Volkssouverän" der den jeweils Regierenden mit Abwahl drohen kann. Woran es mangelt sind allerdings zur Wahl stehende Parteien, deren Ziel es ist, diesen Bundesfilz schnellstmöglich aufzulösen.


(Quellen: Der Westen vom 29.05.2012, TAZ vom 11.12.2010, Pressemitteilung Nr. 212/99 des BMU vom 28.11.1999, Anti-Atom Bündnis NordOst, Wikipedia)

Montag, 28. Mai 2012

Schiffe "mitten in der Stadt"

Blick entlang der Eupener Straße (Bremerhaven, Lehe, Ortsteil Goethestraße)
Scheinbar liegen die Schiffe in Bremerhaven mitten in der Stadt. So ganz abwegig ist dieser Eindruck auch gar nicht: Von diesem Standort sind es vielleicht 1000 Meter Luftlinie bis zu dem Hapag-Lloyd Frachter, dessen gelber Schornstein und Brücke die Walther-Kolb-Halle überragen.

Nachdem ich eine ausgiebige Runde mit Cleo durchs Viertel hinter mir hatte, habe ich diesen Anblick heute morgen einfach mal als Anlass für eine kleine Radtour durch den Hafen genommen.


Aussicht über die Dächer des Leher Gründerzeitviertels in Richtung Hafen
Beim Blick vom Turm der Pauluskirche könnte man meinen, die Brücke des Frachters im Dock der "Motorenwerke Bremerhaven" (MWB) sei auf Augenhöhe mit den Glocken im Turm der Herz-Jesu-Kirche. Das Foto habe ich Anfang des Monats aufgenommen. Zu der Zeit lag noch die "Bonn Express" im Dock.


"Heidelberg Express" im Schwimmdock der MWB

Inzwischen hat allerdings das Schwesterschiff "Heidelberg Express" ihren Platz eingenommen. Wenn so ein Schiff im Dock liegt, dann werden seine wahren Dimensionen sichtbar. Allein die Größe des Wulstbugs. der die Unterwasserströmung verbessert, ist schon beeindruckend. Normalerweise verschwindet er - zumindest im beladenen Zustand des Schiffes - vollständig unter Wasser.


Blick vom "Bominflot" Tanklager über den Kaiserhafen
Von der gegenüberliegenden Seite des Kaiserhafens ist recht gut erkennbar, dass der Rumpf dieser Schiffe ungefähr zur Hälfte unterhalb der Wasserline liegt. Wenn die "Heidelberg Express" nach Beendigung der Arbeiten wieder in ihrem Element sein wird, dann wird nur noch der obere, schwarze Teil des Rumpfes zu sehen sein.

Sonntag, 27. Mai 2012

Traurige Pfingsten

Das  phantastische Wetter gestern war genau richtig für die Sommerbepflanzung des Familiengrabs, und um unseren kleinen Hinterhofgarten "sommerfein" zu machen.

Gleich nach der ersten Runde mit unserer Hündin "Cleo" waren aber frühmorgens erst einmal noch ein paar Dinge für das Pfingstwochenende zu besorgen. Nachdem ich dann auf dem Wochenmarkt in Lehe die Blumen gekauft hatte, ging es weiter zum Friedhof. Ich habe vor, die Grabbepflanzung umzugestalten. Möglichst pflegeleicht soll es werden - man wird ja nicht jünger.

Im Kopf ist eigentlich schon alles fertig. Darüber, wie ich den Plan in die Realität umsetzen will, habe ich mir dann gestern Gedanken gemacht. Die Eisbegonien werden demnächst wohl noch einmal umziehen müssen ...

Im Garten haben wir ein Staudenbeet mit einem kleinen Bachlauf, bei dem es inzwischen nicht mehr viel zu tun gibt. Ein kleineres Beet bepflanze ich im Frühjahr immer mit einjährigen Sommerblumen. Das habe ich gestern schon vorbereitet, und heute kommen noch die Blumen in die Erde.

Bei der Explosion wurde das Haus völlig zerstört.

Auch heute morgen sieht es so aus, als würden wir richtiges Pfingstwetter bekommen. Während ich noch überlegte, was man angesichts des zu erwartenden schönen Pfingsttags unternehmen könnte, gab es ganz in der Nähe einen lauten Knall. Die offen stehenden Fenster bewegten sich hin und her und der Luftdruck einer Explosion war körperlich zu spüren: In der Geibelstraße, vielleicht zwei- bis dreihundert Meter von uns entfernt, ist ein Reihenhaus explodiert.


Auch die Nachbarhäuser wurden beschädigt.

Ungefähr fünf Minuten später fuhren mehrere Notarztwagen und Feuerwehrfahrzeuge durch unsere Straße zum Unglücksort. Ein wirklich unbeschwerter Pfingsttag wird es für mich wohl nicht mehr werden. Meine Gedanken kreisen um die Menschen, die in dem zerstörten Haus gewohnt haben, um diejenigen, die in den benachbarten Häusern leben und um die Verwandten der betroffenen Familie. Für all diese Menschen werden es in diesem Jahr traurige Pfingsten sein.


Glück im Unglück

Radio Bremen meldete vorhin in seinen Rundfunk-Nachrichten, dass bei der Explosion niemand ums Leben gekommen ist. Die Bewohner seien zur Zeit im Urlaub. Als ein Nachbar im Haus nach dem Rechten sehen wollte, habe sich das ausgeströmte Gas im Haus entzündet. Bei der Explosion sei er verschüttet worden. Die Feuerwehr habe ihn aus den Trümmern befreit. Der Nachbar habe schwere Brandverletzungen erlitten und sei ins Krankenhaus gebracht worden. Weiterhin seien zwei Kinder, die auf einem Nachbargrundstück gezeltet hätten, leicht verletzt und ebenfalls ins Krankenhaus gebracht worden.

Einen Bericht über das Unglück gibt es jetzt auch auf der Internetseite der Nordsee-Zeitung.


Update 27.05.2012, 13:50 Uhr: Glück im Unglück
Update 28.05.2012, 16:00 Uhr: Fotos

(Quelle: Radio Bremen 1 vom 27.05.2012, Nordsee-Zeitung vom 27.05.2012)

Freitag, 25. Mai 2012

Verzockt und abgerissen

März 2007: Verwahrlosung im fortgeschrittenen Stadium
Weil superschlaue Geschäftsleute meinten, sie hätten bei einem günstigen Schnäppchen zugeschlagen und bald würden die Euros aus den Mieteinnahmen in Strömen in ihre klingenden Kassen rauschen, ist ein weiteres altes Haus aus der Gründerzeit unwiederbringlich verloren .

Als wir vor gut 20 Jahren in unsere Wohnung im Leher Gründerzeitviertel gezogen waren, war das Eckhaus, dessen Fassade teilweise noch mit Jugendstil-Ornamenten geschmückt war, noch weitgehend intakt. Die Wohnungen waren vermietet und in den Ladenräumen des Ergeschosses gab es eine kleine Videothek, die den im Viertel ansässigen Menschen dabei half, gelegentliche Durststrecken im Fernsehprogramm mit auf VHC-Videokassetten konservierten Filmen zu überbrücken.


Von einem guten
Bekannten, der beruflich
damit zu tun hatte, weiß
ich, dass eine im Osten
und Süden Deutsch-
lands ansässige
Wohnungsgesellschaft
auf Anraten eines ihrer
Aufsichtsratsmitglieder
- einem "smarten, in
dunkles Tuch gekleide-
ten Herrn" - sieben von
acht Wohnungen des
Hauses an der Ecke
Potsdamer-/Eupener
Straße erworben hatte.
Erst als das Geschäft
unter Dach und Fach
gewesen sei, hätten die
Verantwortlichen der
Wohnungsgesellschaft
festgestellt, dass sie mit
rund 400000 Euro einen
viel zu überteuerten Preis für die sieben Wohnungen gezahlt hatten.

Bald darauf muss der neuen Wohnungseigentümerin wohl klar geworden sein, dass es ein schlechtes Geschäftsmodell wäre, wenn sie die Wohnungen im damaligen Zustand zur ortsüblichen Miete abgegeben und dabei laufend rote Zahlen geschrieben hätte. So standen die Wohnungen bald leer und das Haus begann zu verwahrlosen.


Herbst 2009: Die Erker werden zur Gefahr und müssen entfernt werden

Bei Gesprächen mit der Stadt über eine Modernisierung fehlte es der Gesellschaft an der nötigen Ernsthaftigkeit. Die Verhandlungen scheiterten und bald setzten in das Mauerwerk eindringende Nässe und Frost dem unbeheizten Mauerwerk zu. Immer mehr loser Putz, der auf die Straße zu stürzen drohte, musste von der Fassade entfernt werden. Als nach längerer Zeit auch noch die Erker zur Gefahr für vorübergehende Passanten wurden, weil Statiker festgestellt hatten, dass Gefahr im Verzug war, musste die Stadt sie entfernen lassen. Die Wunden in der Fassade wurden notdürftig mit Schalholzplatten verschlossen. Am Ende erstand die Stadt das Gebäude aus der Zwangsversteigerung zum Nullwert.


März 2011: Hausbesetzer sind in die Zwischendecken eingezogen
Die achte Wohnung im Haus hatten die neuen Eigentümer aus Süddeutschland sozusagen am Telefon gekauft. Als sie ihre neue Wohnung zum ersten Mal gesehen hatten, sollen sie in Tränen ausgebrochen sein.

Immer wenn ich die verfallenden Häuser mit ihren ehemals prunkvollen Schmuckfassaden sehe, die wegen der Habgier, der Gleichgültigkeit und der Dummheit mancher Zeitgenossen irgendwann abgerissen werden müssen, dann könnte auch ich jedes Mal in Tränen ausbrechen. Mitleid mit den geprellten Schnäppchenjägern empfinde ich dagegen keineswegs. Im Gegenteil: Die gehören meines Erachtens eigentlich "wegen nicht wiedergutzumachender Schädigung der Allgemeinheit" hinter Schloss und Riegel!


Mai 2012: Abrisslücke in ehemals intaktem Gründerzeit-Blockrand
Im Falle dieses Hauses war es im Wesentlichen nur eine Eigentümerin, die auf ein vermeintliches Schnäppchen hereingefallen war. Bei anderen Immobilien sind es oft mehrere aufeinanderfolgende Eigentümer, die nie ein wirkliches Interesse an unserem Viertel und an Bremerhavens historischen Häusern hatten. Die waren nur auf das schnelle Geld aus: Billig kaufen und teuer verkaufen. Der letzte in der Kette bleibt dann auf einer wertlosen Spekulationsruine sitzen: Verzockt!

Wie auch immer: Diese - in meinen Augen kriminellen Machenschaften - richten Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder Häuser zugrunde, die den Bombenhagel der Alliierten Bomberflotten, wie durch ein Wunder, mehr oder weniger unbeschadet überstanden haben - und das nicht nur in Bremerhaven. Beispiele dafür finden sich in der kleinen Auswahl folgender Artikel und Pressemitteilungen:


Donnerstag, 24. Mai 2012

Veto gegen Genozid und Kahlschlag im Regenwald?

Anfang Mai machte die Nachricht über die skandalöse "Reform" des brasilianischen Waldgesetzes die Runde. Mit der Gesetzesänderung lässt Brasiliens Kongress Holzfällern und Großgrundbesitzern freie Hand, riesige Gebiete des Amazonas-Regenwaldes großflächig abzuholzen.

Mehr als 1,9 Millionen Menschen haben sich der Petition des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ angeschlossen, mit der Frau Dilma Rousseff (Brasilen, Präsidentin) aufgefordert wird, ihr Veto gegen die General-Amnestie für kriminelle Machenschaften der Holz- und Agrarlobby Brasiliens in der Vergangenheit, die Legalisierung großflächiger Abholzungen des Amazonas-Regenwaldes, die an Umweltschützern begangenen Morde und den Genozid an den indigenen Völkern Amazoniens einzulegen.

Aktuell wären nur noch zusätzliche 57075 Mitzeichner der Petition notwendig, um die symbolträchtige "zweite Million" von Unterstützern des Aufrufs an Frau Dilma zu verwirklichen. Morgen - am Freitag, dem 25.05.2012 - läuft die Frist ab, bis zu der Frau Rousseff ihre Entscheidung darüber getroffen haben muss, ob sie die Umweltkriminalität und den Völkermord in ihrem Land legalisieren will, oder ob sie ihr Veto dagegen einlegt. Und heute wird AVAAZ die Petition direkt an Frau Rousseff übergeben. Die Petition hat folgenden Wortlaut:
An Präsidentin Dilma Rousseff:

Wir rufen Sie dazu auf, sofort zu handeln um Brasiliens wertvolle Wälder zu schützen, indem Sie gegen die Änderungen am Waldgesetz Ihr Veto einlegen. Desweiteren fordern wir Sie auf, weitere Morde an Umweltaktivisten und Arbeitern zu verhindern, indem Sie verschärft gegen illegale Holzfäller vorgehen und den Schutz für diejenigen erhöhen, die von Gewalt oder Tötung bedroht sind. Die Welt braucht Brasilien als internationalen Anführer im Kampf für die Umwelt. Ihr entschlossenes Handeln zu diesem Zeitpunkt wird unseren Planeten für künftige Generationen erhalten.

Wer sich der Aufforderung an Frau Dilma noch anschließen
möchte, kann die Petition auf der Internetseite von AVAAZ
online unterzeichnen



Wie die Neue Züricher Zeitung am 26.04.2012 berichtete, fordert - unabhängig von den Umwelt- und Klimaschützern - auch die internationale Menschenrechtsorganisation "Amnesty International", die Gewalt gegen indigene Ureinwohner in abgelegenen Waldregionen Brasiliens vor Angriffen und Todesdrohungen zu schützen und illegalen Holzfäller das Handwerk zu legen.

Eigentlich kann Frau Rousseff es sich nicht leisten, die weltweiten Forderungen - und die großer Teile der Bevölkerung Brasiliens(!) - zu ignorieren: Vom 20. bis zum 22.06.2012 wird sie Gastgeberin der Internationalen Konferenz "Rio plus 20" sein.

Das Treffen der Weltgemeinschaft findet am selben Ort statt, an dem vor zwanzig Jahren während des "Weltgipfels" Maßstäbe für eine globale Politik zum Schutz von Klima und Umwelt gesetzt wurden. Damals verständigte sich die internationale Staatengemeinschaft erstmals auf ein Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung. Darüberhinaus hatten die Delegierten der Weltgemeinschaft die "Rio-Erklärung" sowie die UN-Konventionen zum Schutz des Klimas, der biologischen Vielfalt und zur Wüstenbekämpfung beschlossen.

Unter dem Schlagwort "Green Economy" (Grüne Wirtschaft) wird es auf der Konferenz "Rio plus 20" um nichts weniger gehen, als um die Weichenstellung in Richtung einer nachhaltigen Weltwirtschaft und den Kampf gegen die drohende globale Klimakatastrophe. Wie stünde Frau Rousseff wohl da in den Augen der Weltgemeinschaft, wenn sie es zulassen würde, dass ihr eigenes Land, dessen Präsidentin sie ist, in gröbster Weise gegen die Ziele der Nachfolgekonferenz des Weltgipfels von 1992 verstoßen würde? - Nur, weil sie das - obwohl sie es gekonnt hätte - nicht verhindert hat?



Zum Weiterlesen:


(Quellen: Domradio vom 23.05.2012, NZZ vom 26.04.2012, AVAAZ, BMU)

Mittwoch, 23. Mai 2012

Bier mit ohne Alkohol und andere Dreistigkeiten

Der Goldene Windbeutel 2012 (Foodwatch)

Wenn man gelegentlich diese Werbesendungen auf einem der privaten Fernsehsender schaut, die leider immer wieder von lästigen Spielfilmen unterbrochen werden, dann sieht man ihn ab und zu an der Theke seiner Stammkneipe sitzen: Der junge Mann bestellt dann jedes Mal ein alkoholfreies Bier ...

Nachdem er den ersten Schluck davon getrunken hat, beschwert er sich regelmäßig bei der Wirtin darüber, dass sie ihm, anstelle des bestellten alkoholfreien-, ein ganz gewöhnliches Bier eingeschenkt hat. Weil er aber ein netter Mensch ist, beruhigt er die junge Frau hinter dem Tresen immer mit den Worten: "Kann ja mal vorkommen". Die selbsternannte Bierfachfrau ist sich aber nie einer Schuld bewusst und meint es sei wohl das erste Mal, dass der junge Mann ein alkoholfreies Bier probiert. Auch das könne ja mal vorkommen ...


Es gibt etwas zu gewinnen

Nee, nicht für uns: Aber wir können darüber entscheiden, wer den Hauptgewinn bekommen soll. Bald ist es nämlich wieder so weit: Zum vierten Mal soll der "Goldene Windbeutel" vergeben werden. Doch bevor der Preis für die dreisteste Werbelüge 2012 vergeben werden kann, dürfen wir, die Verbraucher, darüber abstimmen, welchem der fünf Kandidaten diese zweifelhafte Ehre zuteil werden soll.

In den vergangenen Jahren stand für mich eigentlich relativ schnell fest, wer den "Goldenen Windbeutel" verdient hat. Dieses Mal fällt mir die Entscheidung dafür um so schwerer. Sollte ich mich entscheiden für
  • das mit Wasser und mit Rote-Beete-Saft gefäbtem Weizen gestreckte Hackfleisch, das "30 Prozent weniger Fett im Vergleich zu gemischtem Hackfleisch" enthält, aber nach Angaben der Verbraucherorganisation "Foodwatch" in der Regel sogar fetthaltiger als echtes Hackfleisch vom der Schlachtertresen ist?
  • eine teure Margarine, deren Zusätze angeblich einem Herzinfarkt vorbeugen sollen, der aber keine Packungsbeilage beiliegt und zu deren Risiken und Nebenwirkungen weder Arzt noch Apotheker befragt werden sollen?
Oder sollte ich mich vielleicht für das Bier mit 0,45 Prozent Alkohol entscheiden?

Eigentlich lügen alle zur Wahl stehenden Kandidaten schon mehr als dreist. Bevor ich mich für einen von ihnen entscheide werde ich wohl noch etwas darüber nachdenken müssen, wer von ihnen am wenigsten von dem hält, was er auf seiner Verpackung verspricht.

Wer sich aber schon sicher ist, wem seiner Ansicht nach der "Goldene Windbeutel" gebührt, der kann auf der Internetseite von "Abgespeist.de" darüber abstimmen.


Die Ahnengalerie

Und hier sind die bisherigen Preisträger des erstmals 2009 vergebenen "Goldenen Windbeutels":
  • 2011
    - Eine süße, fette Schoko-Sahnetorte für zwischendurch
  • 2010
    - Ein überzuckertes, als gesunde Zwischenmahlzeit beworbenes, Kindergetränk
  • 2009
    - Ein Trinkjoghurt als vermeintliches Wundermittel gegen Erkältungen


(Quellen: Foodwatch/Abgespeist)

Dienstag, 22. Mai 2012

Der Krieg nach dem Krieg

FriedenstaubeWenn Militärs und mit militärischen Angelegenheiten befasste Politiker davon sprechen, die Truppen aus Afghanistan abzuziehen, dann heißt das noch lange nicht, dass sie damit die Beendigung ihres militärischen Engagements am Hindukusch meinen.

Das gilt selbst für Frankreich, dessen Truppenabzug - sehr zum Missfallen der anderen am Afghanistan-Krieg beteiligten Staaten - in diesem Jahr über die Bühne gehen soll. Auch wenn Frankreich seine Soldaten bereits in diesem Jahr abziehen will, wird es der ISAF-Truppe als "Ausbilder" erhalten bleiben.

Für Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) ist das scheinbar ein Kompromiss, mit dem sie - wohl eher schlecht als recht - leben kann. Ihr geht es mit ihrem starrsinnigen Festhalten an der Beteiligung deutscher Truppen am Afghanistankrieg bis Ende 2014 darum, den Schein zu wahren, der Rückzug aus Afghanistan sei keine Flucht vor einem Krieg, der mit militärischen Mitteln nie zu gewinnen war. Frau Merkel persönlich wird den Preis dafür allerdings auch nicht zahlen müssen: Wie viele deutsche Soldaten werden um des schönen Scheins willen noch in einem Sarg aus Afghanistan heimkehren müssen?

Auch der wohl doch etwas vorschnell mit dem Friedensnobelpreis bedachte Herr Obama (USA, Präsident) hat offenbar zu Hause ein Problem mit dem US-amerikanischen Kriegseinsatz in Afghanistan: In den USA tobt der Wahlkampf, den Herr Obama im November zu gewinnen gedenkt. Um bei kriegsmüden Amerikanern zu punkten, will er bis zum September dieses Jahres ein Drittel der 90000 amerikanischen Soldaten aus Afghanistan zurückgeholt haben.

Als willkommener Vorwand dafür könnte ihm die Einschätzung Herrn Allens (USA, General, Oberkommandierender in Afghanistan) gerade recht kommen. Dieser spricht einem Bericht der Tageschau vom 22.05.2012 zufolge von einer "im Moment positiven Situation" in Afghanistan. Die Zahl der Angriffe durch die Taliban und andere Widerstandskämpfer habe auch in Teilen des Landes nicht zugenommen, aus denen sich die Kampftruppen der ISAF schon zurückgezogen hätten. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass deren Angriffe dort auch nicht abgenommen haben. Ich finde, das ist wieder einmal ein schönes Beispiel dafür, wie Militärs versuchen, ihre Misserfolge im Krieg mit schönen Worten zu verschleiern. Und wenn Herr Obama andererseits davon spricht, dass die Taliban immer noch ein robuster Feind sind und die Lage noch instabil ist, dann ist das nur ein weiteres Indiz dafür - und ein schöner Vorwand dafür, die restlichen zwei Drittel der US-Truppen weiterhin in Afghanistan zu belassen.


Der Krieg nach dem Krieg

Bei ihrem jetzt zu Ende gegangenen Gipfeltreffen hat die NATO beschlossen, dass der Krieg in Afghaistan im Dezember 2014 beendet sein wird. So ganz sicher scheinen sich die Gpfelteilnehmer diesbezüglich aber doch nicht gewesen zu sein. Für den Fall, dass der Afghanistankrieg ihren Beschluss ignorieren sollte, haben sie vorsichtshalber schon einmal eine zweite Militär-Mission in Afghanistan beschlossen. Diese soll 2015, direkt im Anschluss an die bisherige ISAF-Mission beginnen.

Dass die sogenannte "Trainings- und Ausbildungsmission" ohne die Beteiligung deutscher Soldaten stattfinden könnte, kann sich die Bundesregierung natürlich nicht vorstellen. Kampftruppen werde es am Hindukusch aber nicht mehr geben. Soll uns das jetzt beruhigen? Wie es heißt, sollen die Soldaten nicht mehr gegen Taliban und Aufständische kämpfen, sondern nur noch unterstützende Aufgaben übernehmen. Wem wollen die das denn wohl noch verkaufen? Ich weiß noch ganz genau, wie auch schon die deutschen Soldaten der "ersten Afghanistan-Mission" unter einem Vorwand nach Afghanistan geschickt worden waren: "Aufbauhelfer in Uniform" nannte sich das damals.

Vorausschauenderweise hat deshalb wohl auch Herr de Maiziere (CDU, Bundesverteidigungsminister) schon einmal eingeräumt, dass die ab 2015 in Afghanistan stationierten "Trainer und Ausbilder" sich natürlich gegen Angreifer, denen vielleicht entgangen sein könnte, dass der Krieg im Dezember 2014 zu Ende war, schützen können müssten. Bei diesen Startvorgaben bedarf es dann nur noch der Taliban, die ihren Albtraum von einem mittelalterlichen "Gottesstaat" offensichtlich nie aufgegeben haben, und schon gibt es einen Grund, die "Trainer und Ausbilder" irgendwann mit gepanzerten Fahrzeugen und stärkeren Waffen auszurüsten. Im nächsten Schritt wäre dann folgerichtig die Entsendung von Kampftruppen zum Schutz des "Trainings- und Ausbildungspersonals" nach Afghanistan fällig.

Die Beteiligung Deutscher Soldaten an der beschlossenen "Trainings- und Ausbildungsmission" wird sich ohne ein Mandat des Bundestages nicht verwirklichen lassen. Aber darin, ihre Zustimmung für ein vermeintlich harmloses Militär-Abenteuer zu geben und das Mandat dafür dann nach und nach schrittweise zu erweitern, sind deutsche Bundestagsabgeordnete inzwischen ja gut trainiert. Mit Blick auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr werde ich werde deshalb sehr genau hinschauen, welche Parteien einen Krieg nach dem Ende des Krieges in Afghanistan befürworten.

Die Vorstellung von einem Rückfall in die Zeit der Taliban-Barbarei zwischen September 1996 und Oktober 2001 ist auch mir ein Gräuel. Diese Gefahr rechtfertigt aus meiner Sicht aber kein weiteres "militärisches Abenteuer" im Anschluss an das angekündigte Ende des deutschen Kriegseinsatzes in Afghanistan ab Januar 2015. Den Fehler, sich unter falschen Voraussetzungen in einen Krieg hineinziehen zu lassen, mit einem neuen Vorwand für einen weiteren Militäreinsatz zu wiederholen, kehrt eine erneute Fehlentscheidung jedenfalls nicht in ihr Gegenteil um.


(Quellen: Tagesschau vom 22.05.2012, TAZ vom 22.05.2012 und vom 21.05.2012, Handelsblatt vom 21.05.2012, Süddeutsche Zeitung vom 21.05.2012 und vom 15.04.2012, Deutsche Welle vom 20.05.2012, NZZ vom 20.05.2012, Wikipedia)

Montag, 21. Mai 2012

Serbien hat einen neuen Präsidenten

Nachdem es bei der Parlamentswahl in Serbien am 06.05.2012 zu keinen großen Veränderungen gekommen war, gab es bei der Stichwahl um die Präsidentschaft gestern eine Überraschung. Trotz rechter schwarz-weiß Maler mit vermeintlich einfachen Lösungen für die schwere Wirtschaftskrise hatten die Serben den bisherigen Regierungsparteien mit der Wahl am 6. Mai noch das Vertrauen ausgesprochen.

Herr Tadić (Serbien, Demokratska Stranka, Demokratische Partei) hatte sich daraufhin selbstbewusst gezeigt und war davon ausgegangen, dass er, wie schon als Serbiens bisheriger Präsident, das Land auch als neuer Präsident weiter in Richtung EU führen würde. Seit gestern ist klar, dass daraus nichts mehr werden wird. Die serbischen Wähler haben sich nämlich für Herrn Nikolić (Serbien, Srpska Napredna Stranka, Serbische Fortschrittspartei) entschieden, der gestern Abend nach Auszählung von 76 Prozent der Wahlzettel auf 49,8 Prozent der abgegebenen Stimmen kam. Zur gleichen Zeit lag Herr Tadić abgeschlagen bei 47,2 Prozent.

Herr Nikolić, der einmal als Ultranationalist bekannt geworden war, hatte sich jedoch gleich sofort, als sein Wahlsieg gestern absehbar wurde, zu Europa bekannt. Serbien werde auch unter seiner Präsidentschaft an seinem europäischen Kurs festhalten. Im Vorfeld der Wahlen sei es nicht darum gegangen, wer Serbien in die EU führt, sondern darum, wer die wirtschaftlichen Probleme lösen könne.

Ob Herr Nikolić sich tatsächlich vom Nationalisten zum Europäer gewandelt hat und ob die Befürchtungen führender Politiker einiger europäischer Staaten mit Blick auf seine Vergangenheit berechtigt sind, wird die Zukunft zeigen. Vielleicht hätte das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Serbien anders ausgesehen, wenn alle Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht hätten.

Mit 45 Prozent lag die Wahlbeteiligung erschreckend niedrig. Bei der Parlamentswahl Anfang des Monats hatten sich noch rund 60 Prozent der Wahlberechtigten an der Wahl beteiligt. Angaben der Tagesschau zufolge haben nach inoffiziellen Informationen außerdem bis zu 100000 Wähler ihre Stimmzettel ungültig gemacht. Wenn sie damit ausdrücken wollten, das sie keinen Unterschied zwischen "einem kleineren- und einem größeren Übel" erkennen konnten, dann haben sie damit zumindest bekundet, dass sie keinem der beiden Kandidaten zutrauen, einen Weg aus der Krise finden zu können. Und das wäre dann ja auch eine Art, von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen.


(Quellen: Tagesschau vom 21.05.2012, TAZ vom 21.05.2012, Neue Züricher Zeitung vom 21.05.2012, Deutsche Welle vom 20.05.2012, Handelsblatt vom 20.05.2012, Süddeutsche Zeitung vom 20.05.2012, Spiegel vom 20.05.2012, Der Standard vom 20.05.2012, FAZ vom 07.05.2012, Tagesschau vom 07.05.2012, Wikipedia)

Sonntag, 20. Mai 2012

Chen Guangcheng ist frei

Manchmal geschieht auch heutzutage noch so etwas wie ein kleines Wunder: Die chinesische Regierung hat Herrn Chen Guangcheng, der sich aus seinem Haus, in dem er unter Hausarrest gestanden hatte, in die Botschaft der USA geflüchtet hatte, tatsächlich zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern aus China in die USA ausreisen lassen.

Bei aller Freude über den glücklichen Ausgang dieses Skandals darf man aber nicht vergessen, dass weiterhin einige international bekannte Chinesen, sowie eine große Zahl unbekannter Menschen in China unter Hausarrest stehen, weil sie die ihnen aufgrund chinesischer Gesetze zustehenden Rechte eingefordert haben oder sich für die Rechte ihrer Mitmenschen eingesetzt haben.

Und auch Herr Chen Guangcheng wird weiterhin wohl nicht ruhig schlafen können: Nach seiner Flucht hatten mehr als zwanzig Beamte der lokalen Behörden das Haus seines Bruders gestürmt. Nachdem sein Neffe sich im Hause des Bruders in Notwehr mit einem Messer gegen die Beamten zur Wehr gesetzt hatte wurde er überwältgt und verhaftet. Ihm droht jetzt eine Anklage wegen versuchten Mordes - und im Falle einer Verurteilung die Todesstrafe.


Zum Weiterlesen


(Quellen: Tagesschau vom 20.05.2012, Spiegel vom 20.05.2012, TAZ vom 20.05.2012, Der Standard vom 20.05.2012, NZZ vom 19.05.2012)

Samstag, 19. Mai 2012

Eine Billion Dollar für die Klimakiller

An diesem Wochenende treffen sich wieder einmal Politiker der acht mächtigsten Industrienationen der Welt auf dem "G8-Gipfel". Nach Angaben des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ zahlen die Regierungen dieser Staaten jährlich fast eine Billion Dollar aus Steuergeldern an große, multinationale Konzerne, deren fossile Brennstoffe die maßgebliche Ursache für den Klimawandel und die globale Erwärmung sind.

Passend dazu fällt der Blick auf die Titelseite der Nordsee-Zeitung heute auf die Schlagzeile "Stromverbraucher sollen haften". Herr Rösler (FDP, Bundeswirtschaftsminister) plane eine Offshore-Umlage, für die Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee. Damit sollen die Netzbetreiber künftig Ausgleichszahlungen an die Betreiber der Windparks, die durch Leitungsprobleme bei der Landanbindung  fällig werden, über den Strompreis stärker wieder hereinholen können.

Damit würden die Geschäftsrisiken der Energiebranche - wie schon bei der Atomkraft oder bei den fossilen Energieträgern - wieder einmal sozialisiert werden, während die Gewinne wie gwohnt in den Kassen der Konzerne verbleiben. Anstatt, dass die Gesellschaft für das Risiko der Netzbetreiber haftet, sollten diese ihre Kosten gefälligst real kalkulieren und den Energiekonzernen entsprechend in Rechnung stellen. Diese werden ihre jeweiligen Kosten ja ohnehin an die Verbraucher weitergeben, die dann - je nachdem, ob sie Energie verschwenden oder sorgsam damit umgehen - mehr oder weniger an die Energieversorger zu zahlen hätten.

Dabei könnte ich gut damit leben, wenn die Beschleunigung des Netzausbaus und die Anbindung der Offshore-Windparks zugunsten der Energiewende für eine Übergangszeit subventioniert werden würden. Dafür müsste dann aber sowohl mit den versteckten, wie auch mit den offenen Subventionen für die Atonkraftwerksbetreiber und die Betreiber fossil befeuerter Kraftwerke endlich Schluss sein.


Greenwashing

Wenn man aber weiß, dass einer der Großen im Geschäft mit der Offshore-Windkraft der französiche Atomkonzern "Areva" ist, dann wird man sehr schnell feststellen, dass sich hier die sprichwörtliche Katze "in den eigenen Schwanz beißt". "Areva" ist im Jahre 2001 aus der Fusion der Konzerne "CEA-Industrie" (Frankreich, lt. Wikipedia eine staatliche Einrichtung mit gewerblichem und kommerziellem Charakter), "Cogema" (Frankreich, Ableger der CEA, u. a. Aufarbeitung abgebrannter Brennelemente in La Hague), "Framatome ANP" (Zusammenschluss der deutschen "Siemens Nuclear Power" SNP und der französischen "Framatome", einer Areva-Tochter) und "Framatome Connectors International" (FCI) hervorgegangen. Die deutsche SNP war der Nachfolger der "Kraftwerk Union AG" (KWU) die wiederum als gemeinsames Tochterunternehmen von Siemens und AEG für den Bau von Atomkraftwerken gegründet worden war.

Wirft man einen Blick auf die Startseite des Internetauftritts des Konzerns, der mit "Lösungen für Stromerzeugung mit weniger CO2" wirbt, dann ist dort von Windenergie erst einmal nichts zu sehen. Sattdessen findet man dort diese Auflistung des auch weiterhin bei weitem größten Geschäftsfelds des französischen Atomkonzerns:
  • Kernenergie
    • Auslegung und Bau von Reaktoren
    • Dienstleistungen für Kernkraftwerke
    • Brennstoff und Brennelemente
    • Wiederaufarbeitung und Rückbau
 
Auf Neudeutsch nennt man so etwas heutzutage "greenwashing" (grün waschen). Bei einer vorübergehenden Subventionierung der Offshore-Windenergie müsste daher aus meiner Sicht dahingehend differenziert werden, an welche Firmen die Anschub-Finanzierungen geleistet werden. Atommüllproduzenten und fossile Klimakiller müssten davon grundsätzlich ausgeschlossen werden - es sei denn, sie würden zuvor unumkehrbar auf ihre schmutzigen Geschäfte, mit denen sie die Zukunft aller nachfolgenden Generationen und das Leben auf unserem Planeten gefährden, verzichten.


Eine Absurdität unseres Wirtschaftssystems

In einer Pressemitteilung schrieb das "Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung" (PIK) im November des letzten Jahres, Herr Steiner (Umweltprogramm der Vereinten Nationen "UNEP", Exekutivdirektor) habe die Subventionen für die international operierenden Kohle- und Ölkonzerne während seiner "Climate Lecture 2011" an der Technischen Universität Berlin als "eine Absurdität unseres Wirtschaftssystems" bezeichnet. Diese Subventionen zu beenden, könne eine große Chance für den globalen Klimaschutz sein. In seiner Pressemittteilung zitiert das PIK Herrn Steiner mit den Worten: "Wir haben Unmengen Möglichkeiten – wenn es gelingt, die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik zu mobilisieren". Die Welt solle stärker auf die Wissenschaft hören, deren Erkenntnisse sich immer mehr verdichten. Klimaschutz sei daher trotz verbleibender Fragen und Unsicherheiten schlicht ein "vernünftiges Risiko-Management".

Einflussreiche Politiker, darunter auch Herr Obama (USA, Präsident, Gastgeber des G8-Gipfels), haben AVAAZ zufolge bereits zugesagt, diese Zahlungen an die Klimakiller mit ihren fossilen CO2-Schleudern zu beenden. Herr Obama versuche derzeit ein Gesetz durchzusetzen, mit dem die Zahlungen in den USA gestoppt werden würden.

Wie der Online-Ausgabe des Handelsblatts vom 17.03.2012 zu entnehmen ist, denkt Herr Obama dabei nicht einmal vorrangig an den Klimaschutz. Wenn er die Abschaffung von Subventionen für große US-Ölkonzerne fordert, dann verfolgt Herr Obama damit durchaus auch die ureigensten Interessen der USA. Ihm geht es darum, dass die Vereinigten Staaten weniger abhängig von Energieimporten werden.

Das letzte Wort über die Entscheidung bezüglich der Subventionen für die Öl-Multis haben allerdings die Abgeordneten des US-Kongresses. Dort haben jedoch die politischen Handlanger der Öl-Konzerne, die Republikaner, die Mehrheit und somit auch das Sagen. Und die werden alles denkbar mögliche unternehmen, um die ihnen nahestehenden Konzerne zu schützen und um Herrn Obama und den Demokraten zu schaden - schließlich ist Wahlkampfzeit in den USA.

Aus einer E-Mail von AVAAZ geht hervor, dass Neuseeland, Mexiko und die Schweiz bereits jetzt ein internationales Abkommen gegen die Subvention fossiler Energieträger fordern. Entscheidungsträger aus 20 Ländern, darunter neben den USA (genauer gesagt: Herrn Obama) auch Brasilien und China, hätten ihre Unterstützung zugesagt. Alle G8-Staatschefs haben laut AVAAZ öffentlich versprochen, diesen schmutzigen Subventionen ein Ende zu setzen. Würden die Politiker ihren Worten auch Taten folgen lassen und diesen gigantischen Dollar-Betrag in die Nutzung erneuerbarer Energien investieren, dann wäre das ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels.


Petition:
Keine Subvention der Klimakatastrophe

Aufgrund ihrer weiterhin zu hohen Emissionen klimarelevanter Gase nähert sich die Menschheit mit rasender Geschwindigkeit der "maximal plus 2 Grad" Marke. Ist dieser Punkt erst einmal überschritten, dann wird sich der Klimawandel selbst verstärken und mit technischen Mitteln nicht mehr aufzuhalten sein. Um den verantwortlichen Politikern zu zeigen, dass die Bürger ihrer Länder nicht länger bereit sind zuzusehen, wie die politischen Entscheidungsträger unsere Welt - und die aller nachfolgenden Generationen(!) - sehenden Auges auf den Abgrund der Klimakatastrophe zusteuern, hat AVAAZ eine Petition an die Politiker der G8- und der G20-Staaten verfasst. Damit werden diese aufgefordert, den Steuergeldzahlungen an die Klimakiller einen Riegel vorzuschieben und die somit eingesparten Gelder in die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu investieren. Die Petition lautet:

An die Entscheidungsträger der G8 und G20:

Als beunruhigte Bürger der Welt fordern wir Sie auf, Ihr Versprechen, Steuergeldzahlungen an die fossile Brennstoff-Industrie ein Ende zu setzen, zu halten und noch einen Schritt weiter zu gehen, indem Sie diese Gelder stattdessen in saubere Energie leiten. Wir benötigen einen Wendepunkt im Kampf um unseren Planeten. Wir rufen Sie dazu auf, beispielhaft voranzugehen und dann ein Beenden der Zahlungen an Verschmutzer zur wichtigsten Priorität des Umweltgipfels von Rio zu machen.

Die Petition kann jeder, der sich ihr anschließen möchte,
auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnen.



(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 19.05.2012, Frankfurter Rundschau vom 11.05.2012, Handelsblatt vom 17.03.2012, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) vom 14.11.2011, Pressemitteilung der TU-berlin vom 14.11.2011, TAZ vom 05.10.2011, KlimaLounge vom 10.07.2009, "Kipp-Punkte im Klimasystem" - UBA 2008, AVAAZ, Wikipedia)

Donnerstag, 17. Mai 2012

Leg dich nicht mit Mutti an!

Es war einmal ein winziges unscheinbares Rabenküken. Aber seine Mutti, die das Ei, in dem es herangewachsen war, mühselig ausgebrütet hatte, hegte und pflegte es trotzdem liebevoll. Rabenmütter sind nämlich eigentlich gar keine "Rabenmütter". Dieser Makel wird ihnen fieserweise von den Menschen angehängt. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Nachdem der kleine Rabe geschlüpft war, hatte sie ihn "Norbi" genannt. Norbi hatte es richtig gut in seinem Nest am Ufer des Flusses "Spree". Mutti war ständig unterwegs, und wenn sie zurückkam, dann hatte sie immer etwas leckeres zu Futtern dabei. So war der kleine unscheinbare Rabe also rundum zufrieden. Das änderte sich jedoch an dem Tage, als Mutti ihm ein neues, strahlendes Ei ins Nest legte. Norbi hielt das neue, strahlende Ei für gefährlich und versuchte seine Mutti davon zu überzeugen, das es besser wäre, wenn sie das Ei nicht ausbrüten würde.

Aber all sein Flehen war vergebens. Als das neue, prächtige Küken geschlüpft war und Norbi sah, wie stolz Mutti auf ihre kleine neue Rabentochter war, da beeilte er sich aller Welt zu versichern, dass seine kleine, heftig zappelnde Rabenschwester das beste war, was seine Mutti jemals zustande gebracht hatte. Die Rabenmutter war dermaßen geblendet von der alles überstrahlenden Schönheit ihres kleinen Energiebündels, dass sie ihrer kleinen Tochter den wahrlich rabenrevolutionär ungewöhnlichen Namen "Laufzeitverlängerung" gab. Da aber Norbi nun nicht mehr länger aufmuckte, hatte Mutti auch ihr kleinen, eher unscheinbaren Rabensohn weiterhin lieb.

Eines Tages geschah es jedoch, dass im fernen Japan, wo eine andere Vogelmama ein ebensolches strahlendes Ei ausgebrütet hatte, eine geheimnisvolle Epedemie ausbrach. Kein Vogel - abgesehen vielleicht von der dummen grünen Gans - hätte ein solches Unglück jemals für möglich gehalten: Ihr Küken hatte mit seiner Krankheit alle Tiere in der Umgebung seines Nestes, die Fische im Wasser seines gliebten Meeres, das es von seinem Nest aus immer gesehen hatte und auch die Menschen, die in den umliegenden Städten wohnten, angesteckt.

Als Norbis Mutti von der Epedemie im fernen Japan erfuhr, da war sie sehr erschrocken. Ihr kleines unscheinbares Küken hatte Recht gehabt, als es sie davor gewarnt hatte, das neue, strahlende Ei auszubrüten. Das Ei war nämlich ein Atom-Ei gewesen. Aus Angst davor, dass die Krankheit auch bei ihrer Laufzeitverlängerung ausbrechen könnte, und eine Epedemie alle Vögel, Wespen und was sonst so kreucht und fleucht hinwegraffen könnte, verstieß sie Norbis ungeliebte Schwester aus dem Nest.

Norbi hätte jetzt eigentlich richtig zufrieden sein können. Aber es nahte die Zeit, zu der er flügge werden würde und bald begann er damit, sich nach einem eigenen Revier umzuschauen. Eines Tages kam er auf die eher unkluge Idee bei den Westfahlen, im Lande Nordrhein, ein eigenes Nest zu bauen. Als aber endlich der Tag kam, an dem er das mütterliche Nest am Flusse "Spree" verließ, da kamen ihm erste Zweifel: Was würde aus ihm werden, wenn die anderen Raben ihn dort nicht haben wollten? Sollte er dann trotzdem dort ein eigenens Nest bauen? Oder wäre es vielleicht klüger, ins Nest seiner Mutti zurückzukehren?

Nun, was soll ich sagen? Es kam wie es wohl kommen musste: Die westfählischen Raben wollten tatsächlich nichts mit Norbi zu tun haben. Norbi versuchte noch, sie mit einer List zu überzeugen: Er redete ihnen ein, Mutti sei an allem Schuld. Aber die anderen Raben fielen nicht darauf herein. Norbis Tricks halfen ihm nicht weiter und so flog er zurück ins Nest seiner Mutti.

Die war aber stinkesauer auf Norbi, weil der ja im Lande Nordrhein-Westfahlen versucht hatte, ihr die ganze Schuld für seinen abzusehenden Misserfolg in die Schuhe zu schieben - wobei er außerdem auch noch völlig übersehen hatte, dass Rabenmütter gar keine Schuhe tragen. Damit ist wohl auch klar, dass seine Strategie von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen war.

Der Rest ist schnell erzählt. Um die anderen Raben davon abzulenken, das Norbis Behauptungen vielleicht doch nicht so weit hergeholt waren, warf Mutti ihren missratenen Rabensohn kurzerhand aus dem Nest und bändelte in ihren Frust mit dem nächstbesten alten Maier an ...

Ob es in der Geschichte wenigstens für die Rabenmutter ein "Happy End" gegeben hat? Keine Ahnung - schließlich handelt es sich hier ja nicht um ein Märchen, in dem am Ende - sofern sie nicht inzwischen gestorben sind - immernoch alle glücklich und zufrieden miteinander leben, sondern um eine wahre Geschichte, die sich Anno 2009 bis 2012 mitten im Lande der Deutschen zugetragen hat.

  • Sicher ist nur, dass Herr Röttgen (CDU, Bundesumweltminister) gestern von Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) seines Amtes enthoben wurde, und dass Frau Merkel, nachdem sie das bekannt gegeben hatte, Herrn Altmaier (CDU, bisher Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag) als neuen Bundesumweltminister vorgestellt hat. Welche seiner fachlichen Kompetenzen Frau Merkel dazu bewogen haben könnten, ausgerechnet Herrn Altmaier zum Nachfolger Herrn Röttgens zu machen ist bisher allerdings äußerst rätselhaft. In den Medien ist jedoch bereits darüber spekuliert wurden, ob die Tatsache, dass Herr Altmaier ein enger Vertrauter Frau Merkels ist, den Ausschlag für ihre Wahl gegeben haben könnte.


(Quellen: TAZ vom 17.06.2012, Tagesschau vom 16.05.2012, Spiegel vom 16.05.2012, Süddeutsche Zeitung vom 16.05.2012)

Mittwoch, 16. Mai 2012

Randale auf der "Wolga" - Nachtrag

(NZ vom 14.05.2012)

Warum mache ich mir eigentlich
überhaupt Gedanken darum, dass
sich die Jugendlichen, die am
vergangenen Freitag an der
Geeste auf der "Wolga" randaliert
und Boote des Wassersportver-
eins mit Steinwürfen beschädigt
haben, selbst dabei in Gefahr
gebracht haben?

Wie die Nordsee-Zeitung am
14.05.2012 berichtete, sind die
13- bis 15-jährigen Jugendlichen
- dem Alter nach fast noch
Kinder(!)
- noch am selben Abend
von der Polizei festgenommen
worden. Wahrscheinlich ist mit
der Festnahme ein weiterer
Schicksalsschlag zu der vermut-
lich wieder einmal "schweren
Kindheit" der Täter hinzuge-
kommen.


Es ist mir ja schon unverständlich, was Menschen antreibt, die sich aus reiner Zerstörungswut am Eigentum fremder Menschen vergehen. Wenn ich anschließend aber in der Zeitung lese, dass die Randalierer zuvor in der nahegelegenen Fußgängerzone einem Mann, der nichtsahnend auf einer Bank gesessen hatte, in den Rücken gesprungen sind, um ihn dann ins Gesicht und auf den Rücken zu schlagen, dann fehlen mir dafür, was in den Köpfen der Täter vorgehen muss, schlicht die Worte ...


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 14.05.2012)

Dienstag, 15. Mai 2012

Einwände gegen AKW-Neubau "Temelin" bis 5. Juni

Atomkraft? Nein Danke!Ebenso wie schon gegen die Pläne Polens zum Einstieg in die Nutzung der Atomenergie, ist auch bei der Erweiterung der tschechischen Atomkraftanlage "Temelín" eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgeschrieben. Die Regierung Tschechiens will die bisher aus zwei Atomreaktoren bestehende Anlage mit zwei weiteren Reaktoren aufrüsten.

Bereits im Jahre 2010 waren zahlreiche Stellungnahmen gegen die Neubaupläne eingegangenen. Jetzt gibt es ein "Gutachten zu den Unterlagen über die Umweltverträglichkeitsprüfung ..". Es bewertet die UVP sowie alle dazu eingereichten Stellungnahmen. Im Rahmen der grenzüberschreitenden UVP haben zur Zeit alle Bundesbürger die Möglichkeit, gegen dieses Gutachten Stellung zu beziehen. Die Frist dafür endet am 5. Juni.

Tschechien produziert jetzt schon mehr Strom, als es selbst benötigt. Das Land ist ein Stromexporteur. Es gibt keine plausible Erklärung, die Tschechien für eine zusätzliche Stromerzeugung mit Atomkraftwerken vorweisen könnte. Hinzu kommt noch, dass unser südöstliches Nachbarland den Atomkraftwerksneubau offenbar aus eigener Kraft gar nicht leisten könnte: Es ist eines der vier Länder, die in Brüssel gefordert haben, dass der Neubau von Atomkraftwerken aus EU-Steuermitteln subventioniert werden soll. Irgendwie kann ich es nicht verhindern, dass sich mir da so "gewisse Gedanken" aufdrängen.

Wie schon im Falle Polens hat das Umweltinstitut München auch gegen die Neubaupläne in der tschechischen Atomkraftanlage "Temelín" wieder eine E-Mail Vorlage vorbereitet. Diese hat folgenden Wortlaut:

Ministerstvo Životního Prostredí
100 10 Praha 10 - Vršovice
Vršovická 65

Tschechische Republik

E-mail: temelin@mzp.cz

Kopie an:
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
Abteilung 9
Rosenkavalierplatz 2
81925 München

E-mail: gke@stmug.bayern.de
Mit Bitte um Bearbeitung und Weiterleitung

Einwendung / Stellungnahme zum Gutachten zu den Unterlagen über die UVP gem. Ges. Nr. 100/2001 GBl. i.d.g.F. 'Neue Kernkraftanlage am Standort Temelín einschl. Ableitung der Generatorleistung in das Umspannwerk mit Schaltanlage Kocín'

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum oben genannten Gutachten zur UVP - Neubau der Blöcke 3 und 4 am AKW-Standort Temelín - nehme ich im Rahmen der grenzüberschreitenden Öffentlichkeitsbeteiligung wie folgt Stellung:

Durch die geplante Erweiterung der Atomanlage Temelín um zwei Blöcke sehe ich meine Gesundheit sowie die meiner Kinder und Enkel und die Sicherstellung unbelasteter Nahrung gefährdet. Tschernobyl und Fukushima haben eindrücklich bewiesen, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist und Radioaktivität keine Grenzen kennt.

Ich weise darauf hin, dass die Frist von 30 Tagen für eine Stellungnahme viel zu knapp ist - eine umfassende Prüfung von mehr als 2000 Seiten ist in der kurzen Zeit nicht möglich. Deshalb behalte ich mir Ergänzungen vor.

Das vorliegende UVP-Verfahren weist Mängel hinsichtlich der gesetzlich geforderten Inhalte auf. Außerdem ist die tschechische Regierung 2010 vom Europäischen Gerichtshof verpflichtet worden, das tschechische UVP-Verfahren mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen, vor allem in Bezug auf die in der europäischen UVP vorgesehene Bürgerbeteiligung. Dies wurde bislang nicht umgesetzt.

Aus folgenden Gründen lehne ich den Ausbau der Atomanlage Temelín ab:
  • Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es in der Atomkraftnutzung nicht, auch nicht mit Reaktoren der 3. oder 4. Generation.
  • Schwere Unfälle mit radioaktiver Freisetzung sind nicht auszuschließen und werden von keiner Versicherung der Welt versichert.
  • Die Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt - vom Uranabbau über Anreicherung, Betrieb und Rückbau von Atomkraftwerken sowie der Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurden nicht umfassend untersucht, Risiken wurden entweder nicht dargestellt oder verharmlost.
  • Auch im Normalbetrieb setzen Atomkraftwerke Radioaktivität frei. Die Deutsche KiKK-Studie (Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken) hat eindeutig erwiesen, dass Kleinkinder in der näheren Umgebung von Atomkraftwerken ein signifikant höheres Risiko haben, an Leukämie oder anderen Krebsarten zu erkranken. Entsprechende Studien in anderen Ländern kommen zum gleichen Ergebnis.
  • Bis heute gibt es weltweit kein einziges betriebsbereites Endlager für hochradioaktive Abfälle, die über eine Million Jahre sicher von der Biosphäre abgeschirmt werden müssen. Ein Entsorgungskonzept dafür gibt es auch in Tschechien nicht.
  • Alternativen zur Erweiterung der Atomanlage in Temelín wurden nicht ausreichend untersucht und schon gar nicht hinreichend gewürdigt. Auch die Nullvariante, die zwingend vorgesehen ist, wurde nur unzureichend betrachtet. 
  • Statt das Risiko der Atomkraft auszubauen, sollte besser in die Entwicklung nachhaltiger erneuerbarer Energien investiert werden. Sie können einen wesentlich höheren und risikoärmeren Beitrag zum Klimaschutz leisten als die ohnehin zeitlich begrenzte Atomenergienutzung.

Tschechien ist eines der vier Länder, die erst kürzlich EU-Subventionen für den Ausbau der Atomkraft gefordert haben. Keinesfalls bin ich damit einverstanden, dass unsere Steuergelder für eine Förderung dieser Risikotechnologie verwendet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Die Stellungnahme kann auf der Internetseite des Umweltinstituts München online unterzeichnet und abgeschickt werden. Der Text kann dort auch individuell ergänzt oder geändert werden.

Weiterführende Informationen, sowie das vorgenannte, 250 Seiten umfassende Gutachten (in deutscher Sprache) stellt das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit auf seiner Internetseite zur Verfügung.


(Quellen: Umweltinstitut München, Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Umweltbundesamt Östereich)

Bremerhavens Kampf gegen Immobilienspekulanten

Auf Verwahrlosung und Verfall folgt Abriss (Potsdamer Str. 10 im November 2009)
Um das Problem der Immobilienspekulation und deren Folgen in den Griff zu bekommen, kämpft die Stadt Bremerhaven für ein neues Bundesgesetz. Alle rechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten werden hier bereits konsequent angewendet. Anhand eines Vorkaufsortsgesetzes für bestimmte verwahrloste Immobilien hat sich die Stadt darüberhinaus den Zugriff gesichert, um die Objekte aus dem Teufelskreis der Spekulation zu entfernen.

Damit wird den Spekulanten das Leben zwar bereits jetzt schon so schwer wie möglich gemacht, aber mit Sicht auf die Erhaltung des Stadtbilds und den Schutz gewachsener Strukturen setzen diese Maßnahmen aus meiner Sicht viel zu spät an. In letzter Konsequenz bedeutet der Erwerb verwahrloster Immobilien durch die Stadt bisher in der Regel, dass der Abrissbagger den verfallenden Gebäuden den Rest gibt.

Verheerend wirkt sich diese Folge der Machenschaften der Immobilienspekulanten aus, wenn es sich, wie im Falle des Leher Ortsteils Goethestraße, um das einzige Quartier der Stadt handelt, das die Bombenangriffe im Kriegsjahr 1944 großflächig mehr oder weniger unbeschädigt überstanden hat. Hier gibt es den größten Bestand erhalten gebliebener zusammenhängender Blockrandbebauungen aus der Gründerzeit mit ihren charakteristischen Schmuckfassaden.

Darüberhinaus steht eine Große Anzahl dieser Häuser im Leher Gründerzeitquartier unter Denkmalschutz. Wenn der Verfall verwahrloster Gebäude weiterhin so weit fortschreiten kann, bis sie nicht mehr zu retten sind, dann werden immer mehr Abrisslücken in den Blockrändern zurückbeiben. Das heutige historische Stadtbild des Gründerzeitviertels wird es dann irgendwann möglicherweise nicht mehr geben.

Die Nordsee-Zeitung eröffnete in ihrer Ausgabe vom 10.05.2012 einen Bericht über die Bemühungen der Stadt um ein neues Bundesgesetz mit einem Fragenkatalog (Zitat):
  • Wann ist ein Haus abbruchreif?
  • Erst dann, wenn es buchstäblich in sich zusammenbricht oder schon vorher?
  • Und wer sollte den Abriss bezahlen?
  • Der Eigentümer, der es verkommen ließ, oder der Steuerzahler?

Wenn die Frage, wann ein Haus abbruchreif ist, in einem neuen Bundesgesetz dazu führen würde, dass den Kommunen und ihren Behörden damit die Mittel in die Hand gegeben würden, um so rechtzeitig und wirkungsvoll eingreifen zu können, dass ein von der Verwahrlosung bedrohtes Gebäude zumindest vor dem Verfall und dem dann unweigerlichen Abriss bewahrt werden kann, dann wäre das ein wirklicher Fortschritt. Wenn es aber, wie sich aus dem Fragenkatalog der Nordsee-Zeitung schließen lässt, lediglich darum geht, bereits abgängige Gebäude früher abreißen zu können als bisher, dann wäre aus meiner Sicht - abgesehen davon, dass die Spekulantenketten kürzer werden und das ein Anderer der Dumme ist, der den Schaden hat - so gut wie nichts gewonnen.

Auch im Folgenden geht es im Bericht der Nordsee-Zeitung im Wesentlichen darum, dass der letzte Eigentümer, der auf einem vermeintlichen Schnäppchen sitzengeblieben ist, für die Abrisskosten zur Kasse gebeten wird. Der Deutsche Städtetag, der Städte- und Gemeindebund und der Verband der Deutschen Bauindustrie unterstütze den Vorschlag der Stadt Bremerhaven, Unbelehrbaren eine Kostenbeteiligung aufzuerlegen. Der Inhalt des gesamten Artikel ist auf der Internetseite der Nordsee-Zeitung nachzulesen.

Nach den Häusern in der Heinrichstraße 40, der Bremerhavener Straße 3 und den Häusern in der Stormstraße 44 und 49 entsteht mit dem gerade begonnenden Abriss des Eckhauses Potsdamer Straße 10 nun die nächste Abrisslücke in einer gründerzeitlich geprägten Blockrandbebauung. Bereits bevor im Jahre 2006 mit dem Abriss der Deichschule auf dem Gelände des heutigen Stadtteilplatzes "Pausenhof Lehe" begonnen wurde, war das Gebäude mit der Jugendstilfassade auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Lutherstraße unbewohnt. Hätte es damals ein Gesetz gegeben, mit dem der Eigentümer zu wirksamen Instandhaltungsmaßnahmen hätte verpflichtet können, oder falls er dazu nicht fähig oder bereit gewesen wäre, das Haus zum Verkehrswert an jemanden zu verkaufen, der es instand gesetzt und vermietet hätte, dann hätte es heute wohl nicht abgerissen werden müssen.

  • Eigentum verpflichtet:
    Im Schlussteil des Berichts in der Nordsee-Zeitung heißt es, Herr Ramsauer (CSU, Bundesbauminister) könnte möglicherweise den Schutz des Eigentums höher bewerten, als die aus der angestrebten Gesetzesänderung resultierenden Vorteile für die Kommunen. Bei einem in der Offentlichkeit stehenden Gebäude - zumal, wenn es sich um einen Bestandteil des Stadtbilds eines historisch gewachsenen Viertels handelt - betrifft neben den Eigentumsrechten des Eigentümers aber immer auch die Interessen der Öffentlichkeit. Von meinen Großeltern und Eltern habe ich vor langer Zeit gelernt, dass Eigentum verpflichtet: Wer nicht mehr in der Lage oder Willens ist, seine Immobilie instand zu halten, der sollte sich von seinem Eigentum trennen und es an jemandem übergeben, der es Wert zu schätzen weiß - und zwar bevor es zu spät ist.

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 10.05.2012, Stadtplanungsamt Bremerhaven)

Montag, 14. Mai 2012

Der sich mit fremden Federn schmückt

Die CDU und die FDP haben in Nordrhein-Westfahlen die Quittung für ihren Versuch erhalten, die Rot-Grüne Minderheitsregierung mit der von ihnen provozierten Neuwahl abzulösen. - Und dann trat Herr Rösler (FDP, Bundesvorsitzender) vor die Kameras, um Herrn Lindners Wahlsieg sofort begeistert quasi für sich und die Politik der FDP im Bundestag zu reklamieren - gemeinhin bezeichnet man so etwas wohl (vornehm ausgedrückt) als "realitätsfern".

Überhaupt kann man sich über die FDP - deren Vorsitzender sich und seine Bundespolitik nun schon am zweiten Wochenende in Folge mit fremden Federn schmückt - eigentlich nur wundern. Herr Rösler hob zwar die Verdienste Herrn Lindners (FDP, Nordrhein-Westfahlen, Landesvorsitzender) um den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag hervor, aber dessen Wahlsieg in Nordrhein-Westfahlen wird der Partei bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr auch nicht weiterhelfen - es sei denn Herr Lindner und Herr Kubicki (FDP, Schleswig-Holstein, Fraktionsvorsitzender) würden sich aus der Landespolituk verabschieden und die Herren Rösler und Brüderle (FDP, Fraktionsvorsitzender im Bundestag) in Berlin beerben.

Bisher ist jedoch absolut noch nichts von einem Kurswechsel der FDP auf Bundesebene zu bemerken. Das Gegenteil ist der Fall. In den Wahlsendungen von ARD und ZDF, wie auch später am Abend in der Talk-Runde bei Günther Jauch, beschwor Herr Rösler gestern wiederholt seine inzwischen bestens bekannten Durchhalteparolen.

Dass die FDP wieder in den Düsseldorfer Landtag einziehen kann, verdankt sie ausschließlich der Person Herrn Lindners und dessen Distanz zur Bundespolitik der FDP. Dessen ist sich sehr wohl auch Herr Lindner selbst bewusst. Einer Antwort auf Nachfragen im ARD-Wahlstudio, wie sich "seine FDP" (Wahlslogan: "Meine FDP") von derjenigen Herrn Röslers unterscheidet, wich er allerdings vehement aus.


Tabelle: Vorläufiges amtliches Ergebnis

Wahlbeteiligung: 59,6 Prozent
(Quelle: ARD)

Aufgrund der künftigen Sitzverteilung im Düsseldorfer Landtag und der Vorgeschichte zur Wahl ist es wohl so gut wie sicher, dass Nordrhein-Westfahlen künftig von einer stabilen rot-grünen Koalition regiert werden wird. Rein rechnerisch wären allerdings auch andere Koalitionen möglich:
  • Rot-Grün (SPD, Grüne)
    128 Sitze, Mehrheit: 18 Stimmen
  • Rot-Gelb (SPD, FDP)
    121 Sitze, Mehrheit: 11 Stimmen
  • Rot-Piraten (SPD, Piraten)
    121 Sitze, Mehrheit: 9 Stimmen

Der deutliche Zugewinn der SPD gegenüber der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfahlen im Jahre 2010 sichert einer zukünftigen rot-grünen Landesregierung eine klare Mehrheit. Daran ändert auch der leichte Verlust der Grünen in Höhe von 0,8 Prozent nichts.

Gewinner der Landtagswahl war auch in Nordrhein-Westfahlen wieder die Piratenpartei, die sich mit dem höchsten Zugewinn in Höhe von 6,2 Prozent von 1,6 auf 7,8 Prozent der abgegebenen Stimmen verbessern konnte und mit 20 Sitzen in den Landtag einzieht. Dafür scheiterte die Linke aber, wie schon am Wochenende zuvor in Schleswig-Holstein, auch in Nordrhein-Westfahlen an der "5-Prozent-Hürde".

Der Absturz der CDU veranlasste Herrn Röttgen (CDU, Landesvorsitzender und Sitzenkandidat, Bundesumweltminister) gleich zu Beginn seines ersten Auftritts nach der Bekanntgabe der Hochrechnung vor den Fernsehkammeras seinen Rücktritt vom Landesvorsitz zu erklären. Neben der allgemeinen mehrheitlichen Ablehnung der Politik der CDU in Nordrhein-Westfahlen, war es denn wohl auch der Schlingerkurs des Herrn Röttgen, der sich öffentlich nicht erklären wollte, ob er - auch im Falle einer Wahlniederlage - seinen Heimathafen in Düsseldorf ansteuert oder den Ausweichhafen in Berlin. Wer braucht schon einen Kapitän, der als erster das in Seenot geratene Schiff verlässt, ohne überhaupt einen Rettungsversuch unternehmen zu wollen?

Dass sich die Frage, wer Herrn Röttgen im Amt des Bundesumweltministers folgen wird, erst einmal nicht stellen wird, war eigentlichlich anhand der Umfrageergebnisse vor der Wahl schon zu erwarten. Wieviel Rückhalt Herr Röttgen nach dem von ihm verantworteten Desaster der CDU in Nordrhein-Westfahlen allerdings in Berlin noch haben wird, bleibt abzuwarten.


(Quellen: Tagesschau vom 13.05.2012, Wahlsendungen von ARD und ZDF vom 13.05.2012)